Neufahrn:"Schreckwort" Boardinghaus

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Neufahrn will mit einem Bebauungsplan Einfluss auf die Errichtung eines Appartementhauses nahe dem Bahnhof nehmen. Sollte es dann nicht gebaut werden dürfen, könnten Entschädigungsansprüche entstehen

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Das "Schreckwort", wie SPD-Gemeinderätin Ulla Schablitzki es ausdrückte, hatten wohl alle gleich vor Augen: Boardinghaus - da denken viele sofort an Arbeiterwohnheime mit überfüllten und überteuerten Zimmern, mit ständig wechselnden Bewohnern und mit zugeparkten Straßen. Beispiele gibt es im Ort schließlich bereits. Misstrauisch reagierte der Flughafen-, Planungs- und Bauausschuss deshalb auch auf Pläne für ein Appartementhaus nahe dem Bahnhof.

Auch so etwas gilt als Boardinghaus. Zwar sollen die zwölf Wohnungen laut Bauamtsleiter Michael Schöfer ein höheres Niveau haben und auch "in sich geschlossen sein" - also ohne Gemeinschaftseinrichtungen etwa zum Kochen oder bei den Sanitäranlagen. Das könnte sich aber auch ändern, fürchtete nicht nur Alfred Oberlader (Freie Wähler): "Die Probleme sind vorhersehbar." Würden Studenten einziehen, die mit der S-Bahn nach Freising fahren, wäre es "kein Problem", sagte Christian Meidinger (Grüne). Alles andere wäre dagegen nicht "glücklich". Andererseits: "Es gibt keinen formalen Grund für eine Ablehnung des Antrags", sagte Bürgermeister Franz Heilmeier.

Um auf die Planungen für das 1900 Quadratmeter große Grundstück an der Vogelweide trotzdem noch Einfluss nehmen zu können, will soll nun ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Eine entsprechende Empfehlung an den Gemeinderat wurde auf Anregung von Oberlader und auf Antrag von Burghard Rübenthal (CSU) einstimmig beschlossen. Der Weg könnte allerdings schwierig werden, sagte Bauamtsleiter Schöfer. Denn das Landratsamt habe das Bauvorhaben, zu dem auch noch zwei normale Wohnhäuser gehören, praktisch schon "abgenickt". Sollte das Appartementhaus dann nicht möglich sein, käme es bei dem Projekt zu einer Wertminderung. "Da könnten Entschädigungsansprüche entstehen", warnte der Bauamtsleiter.

Das Landratsamt hatte sich laut Schöfer auf Paragraf 34 des Baugesetzbuches gestützt. Dort steht, dass ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich "in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt". In direkter Nachbarschaft des Appartementhauses wäre zum Beispiel das Hotel Maisberger. Aus der Nachbarschaft war im Vorfeld der Sitzung auch bereits Kritik an dem Gesamtprojekt gekommen. Anwohner fürchten zum Beispiel eine weitere Verschärfung der jetzt schon bestehenden Parkprobleme in der Gegend.

Ähnlich sahen das auch viele Bauausschussmitglieder - auch wenn eine Tiefgarage gebaut und die Vorgaben der Stellplatzsatzung durchaus erfüllt würden, wie Schöfer sagte. Wenn es dann aber doch "auf ein Boardinghaus raus läuft", gebe es aber sicher "verkehrsmäßig Probleme", sagte Markus Funke (FDP). Auch das möchte man mit dem Bebauungsplan verhindern.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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