Moosburg:Tödliche Häppchen

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Nach einem Mäusebussard ist jetzt ein Rotmilan vergiftet worden

Von Alexandra Vettori, Moosburg

Nach einem Mäusebussard bei Haag steht jetzt fest: Es ist ein zweiter Greifvogel im Landkreis Freising vergiftet worden. Ebenfalls im Ampertal, zwischen Moosburg und Kirchamper, ist ein Rotmilan gefunden worden. Wie Untersuchungen ergaben, starb er an Carbofuran - dem Gift, das auch den Tod des Vogels beim Haager Weiher verursachte.

Sechs Kilometer Luftlinie liegen zwischen den beiden Fundorten, dazu das gleiche Gift, das früher in der Landwirtschaft verwendet wurde, seit dem Jahr 2009 aber verboten und nicht mehr im Handel ist. Gut möglich, dass es sich um den gleichen Täter handelt. Willi Holzer, Naturschutzwächter im Auftrag des Landkreises Freising, jedenfalls ist alarmiert: "Jetzt laufen wieder die so genannten Frühjahrsvergiftungen." Solange die Vegetation niedrig ist, sind die mit Gift präparierten Köder noch sichtbar, deshalb komme es regelmäßig im März und April zu Vergiftungswellen. Wer die Köder auslegt, darüber gibt es nur Spekulationen. Immer wieder richtet sich der Verdacht gegen die Jäger, die Raubzeug, wie Rabenkrähen oder Elstern in der Jägersprache heißen, oder Raubwild wie Fuchs und Marder dezimieren wollen, um den Nachwuchs von Niederwild, Hase, Fasan und Rebhuhn, zu schützen. Beweise gibt es allerdings keine. "Es ist nur auffällig, dass nie Jäger tote Tiere melden, das kommt immer von Spaziergängern", sagt Holzer. Das Gift steckt nicht immer in Fleischresten und Hühnerköpfen, oft werden auch präparierte Eier ausgelegt. Sie sind mit giftigen Substanzen versehen, die durch eine kleine Öffnung eingebracht werden, bevor die Löcher mit Wachs oder Silikon verschlossen werden. "Auch im Landkreis wurden schon solche Gifteier gefunden", so Holzer.

Sensibilisiert von der Pressemitteilung des Landratsamtes Mitte März über den Fund eines vergifteten Mäusebussards, meldete eine Spaziergängerin vor einigen Wochen einen weiteren toten Vogel, den sie auf einem Weg bei Kirchamper gefunden hat. Willi Holzer ging dem Hinweis nach und fand den toten Rotmilan. Weil er keine Anzeichen für Frakturen oder Beschuss, sondern Reste eines Hühnerkopfes im Kropf des Milans fand, ließ er diesen toxikologisch untersuchen. "Hühnerköpfe werden manchmal zum Anlocken von Marder und Füchsen verwendet", weiß er. Tatsächlich fanden die Tierärzte bei der Analyse wieder Carbofuran. "Nach der Lage des Milans unter einem Baum ist davon auszugehen, dass er den Giftköder nicht am Fundort, sondern an einer anderen Stelle aufgenommen hat und noch bis zu diesem Baum fliegen konnte", sagt Naturschutzwächter Holzer.

Die Frühjahrsvergiftungen sind nicht nur ein Problem für Raubwild. Holzer hat von ersten Vergiftungen in diesem Frühjahr bei Hunden, bei Dorfen im Landkreis Erding etwa, wo ein Hund einen Giftköder gefressen hat und verendete. Auch Josef Popp, Vorsitzender des Tierschutzvereins, spricht von einem auch im Landkreis immer wiederkehrenden Problem für Katzen- und Hundebesitzer. Das einzig sichere Mittel sei, die Tiere an der Leine zu halten. "Wenn Hunde frei laufen, selbst wenn er folgt, ist es schwierig, ihn so zu trainieren, dass er nichts frisst", weiß Popp. Was ihn und Naturschutzwächter Holzer gleichsam ärgert, ist, dass die Täter, die Giftköder auslegen, in der Regel unbehelligt bleiben. Die Polizei hat kein Personal, um ihnen in Wald und Feld aufzulauern, und das Landratsamt ebenso wenig. "Dabei handelt es sich bei dem Auslegen von Giftködern um einen typischen Fall von Tierquälerei nach dem Tierschutzgesetz", betont Popp.

Allerdings weiß er auch, dass es im Landratsamt gerade mal eine Veterinärin gebe, die für Tierschutz zuständig sei. "Wie soll sie auch noch Spuren eines vergifteten Wildvogels nachgehen?", fragt Popp. Er wiederholt deshalb die alte Forderung nach einer Art Tierschutzpolizei. Eine Forderung, der Willi Holzer zustimmt, es brauche Personal, das Fachwissen und Einblick in die Zusammenhänge habe. Das Auslegen von Giftköder jedenfalls stellt eine Straftat dar.

Die Ermittlungen wegen des vergifteten Bussards von Haag übrigens hat die Staatsanwaltschaft gerade eingestellt - weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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