Moosburg:Kleinunternehmer in Sachen Asyl

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Unter der Bezeichnung "Integratives Leben in Moosburg" bietet das Ehepaar Kastorff ehrenamtlich nicht nur Flüchtlings-, sondern auch Migrationsberatung an. Darüber wird regelmäßig die Öffentlichkeit informiert

Von Alexander Kappen, Moosburg

Angefangen hat er als Flüchtlingsbetreuer in Isareck. Als dort im Dezember 2011 nach längerer Pause wieder die ersten Asylbewerber im Landkreis Freising ankamen, waren Reinhard Kastorff und seine Frau Marianne sofort zur Stelle und halfen den Neuankömmlingen, den Alltag zu meistern. Inzwischen, so könnte man sagen, ist der Familienbetrieb Kastorff zu einem sozialen, ausschließlich ehrenamtlich agierenden Kleinunternehmen mit erweitertem Portfolio expandiert. Unter der Bezeichnung Integratives Leben in Moosburg (ILMO) bietet das Ehepaar nicht nur Flüchtlings-, sondern auch Migrationsberatung an, kümmert sich also auch um bereits anerkannte, ehemalige Asylbewerber. Derzeit stehen 35 Menschen unter der Obhut von ILMO, wie Reinhard Kastorff jetzt bei einem Pressegespräch berichtete.

In Isareck stiegen die Kastorffs 2014 aus, als die professionelle Asylsozialarbeit dort das Ruder übernahm. Nun engagieren sie sich mit ILMO im Moosburger Helferkreis und sind Vormund und "Eltern" für einen unbegleiteten, minderjährigen Afghanen. Zudem ist Reinhard Kastorff gerichtlich bestellter Betreuer für einen erwachsenen, traumatisierten Flüchtling aus Afghanistan. Des weiteren beschreibt er seine Tätigkeit so: "Kümmerer für Arbeitgeber, Wohnungsgeber, Bürger, Geschäftsleute und alle mit Zuwanderern in Verbindung tretenden Initiativen, Behörden und Einrichtungen." Während Kastorff und seine Frau sich zu Beginn ihres Engagements noch in der "Nachttischphase" befanden und versuchten, Flüchtlinge mit den notwendigsten Dingen für den Alltag zu versorgen, "machen wir mittlerweile schon Steuererklärungen", sagt er. Die Kastorffs helfen, wo sie können - fordern von ihren Schützlingen im Gegenzug aber auch, dass sie sich engagieren und integrieren. Wer etwa seinen Deutschkurs nicht besucht, "fällt bei mir knallhart durch den Rost", sagt Reinhard Kastorff.

Über all das, die guten wie die weniger guten Aspekte ihrer Arbeit, informiert ILMO regelmäßig die Öffentlichkeit: Ein professionell anmutender Internetauftritt, Vierteljahresberichte, wöchentliche Newsletter und Lobbyarbeit in diversen Medien, Vorträge, Info-Veranstaltungen und eigene Pressekonferenzen - Reinhard Kastorff nutzt alle Kanäle. Als Selbstdarsteller möchte er jedoch nicht gelten. "Ich mache ja zum Beispiel meine Homepage nicht, um nicht, zu projizieren, sondern das ist ja auch ein Service für die Leute", sagt er und verweist auf den Downloadbereich, in dem sich etwa Studien, Dossiers und Presseberichte finden. Kastorffs umfangreiche PR-Aktivitäten sind darüber hinaus auch seinen Sponsoren geschuldet, "denen ich ja auch zeigen muss, was ich mit ihrem Geld zusammengebracht habe und was vielleicht nicht".

Und nicht zuletzt müsse er die Öffentlichkeit informieren, "um das Feld nicht den ganzen Schönrednern aus der Politik zu überlassen". Allerdings gebe es auch Ausnahmen. Während "die anderen Parteien immer noch alles selber wissen", sei der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer "einer, der zuhört und sich dafür interessiert, was in der Praxis passiert". Der Abgeordnete "trifft sich mit uns und fordert auch von sich aus Informationen ein". Aber auch generell habe sich die Situation seit einem halben Jahr ein wenig gebessert, "jetzt interessieren sich Politiker glatt für uns", sagt Kastorff: "Früher gab es keine Augenhöhe, aber mittlerweile brauchen sie uns ehrenamtlichen Helfer."

Und die Ehrenamtlichen brauchen neue Mitstreiter. Wenn die neue Asylunterkunft für 150 Menschen demnächst belegt wird, dürfte es für den Helferkreis eng werden. Von den 140 gelisteten Helfern "arbeiten nur 20", sagt Kastorff: "Ich hoffe, dass der Anteil der echt Aktiven wieder steigt."

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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