Moosburg:Klare Kante

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Wer in die neue Moosburger Obdachlosenunterkunft einzieht, muss sich intensiv um eine Wohnung bemühen. Das gilt auch für die alte an der Schlesierstraße, die ein Ehepaar auf Betreiben der Stadt Ende des Monats verlassen soll

Von Alexander Kappen, Moosburg

Beim geplanten Bau der neuen Obdachlosenunterkunft an der Landshuter Straße mit bis zu 28 Plätzen geht es langsam voran. Der Stadtrat hat am Montag die ersten Aufträge für Baumeister- und Elektroinstallationsarbeiten zum Preis von gut 267 000 und rund 79 500 Euro an den jeweils wirtschaftlichsten Anbieter einstimmig vergeben. Wenn das neue Wohnheim fertig ist, müsse jedoch jedem klar sein, dass es sich um kein dauerhaftes Quartier, sondern um eine Notunterkunft für einige Monate handele, sagt Josef Mühlberger, der Geschäftsführer der Stadt. Die Verwaltung fährt bereits jetzt eine klare Linie. Das zeigt auch der Fall eines Paares, das die alte Unterkunft an der Schlesierstraße auf Betreiben der Kommune Ende des Monats verlassen muss. Der Fall war am Montag auch im Stadtrat Thema.

Das arbeitslose Paar, dessen zehnjähriges Kind offiziell bei der Oma gemeldet ist, zog Ende April in die Obdachlosenunterkunft ein. In ihrer bisherigen Wohnung mit Nachtspeicheröfen hatten die beiden die Stromrechnung nicht mehr bezahlen können und - nachdem der Strom abgestellt worden war, selbst neue Sicherungen eingebaut. Daraufhin flogen sie aus der Wohnung. Ende August hätten die beiden auf Geheiß der Stadt eigentlich aus der Obdachlosenunterkunft ausziehen müssen. Da sie keine andere Bleibe hatten, wandten sie sich an Grünen-Stadtrat Johannes Becher, der bei der Stadt eine letzte Fristverlängerung bis Ende September erreichte.

Bewohner der Obdachlosenunterkunft müssten sich "intensiv bemühen, innerhalb einer angemessenen Zeitspanne eine andere Wohnung zu finden", sagte Mühlberger am Dienstag der SZ. Bei besagtem Paar war das nach Ansicht der Verwaltung offenbar nicht der Fall. Eine gesetzliche Frist, bis wann man die Unterkunft wieder verlassen haben muss, gebe es zwar nicht, so der Geschäftsführer, "aber man geht da von einer Zeit von drei bis vier Monaten aus". Dass die Stadt dann auf einen Auszug dränge, sei gängige Praxis - nicht nur in dem vorliegenden Fall. Die Verwaltung stelle auch Kontakte zur Caritas oder zur Männerfürsorge her, "und in der Regel finden die Leute dann auch was und stehen nicht auf der Straße", sagte Mühlberger dazu am Montag im Stadtrat. Vizebürgermeister Josef Dollinger (FW) verwies diesbezüglich darauf, dass im vorliegenden Fall die Mutter der Frau "ganz alleine in einer Doppelhaushälfte wohnt".

Dazu wollte sich Johannes Becher am Dienstag nicht äußern. Ebenso über die konkreten familiären Hintergründe. Es gehe darum, dass immer Menschen und persönliche Schicksale dahintersteckten: "Die Leute sind - egal ob verschuldet oder unverschuldet - in einer Notsituation, und jetzt muss man eben nach einer Lösung suchen." Die Stadt habe "schon Recht, dass die Leute sich aktiv bemühen und versuchen müssen, sich selbst zu helfen; aber das ist nicht immer so einfach, manche brauchen eben Hilfe zur Selbsthilfe". Er stehe in regelmäßigem Kontakt zu dem Paar, das nun nicht nur eine Wohnung suchen, sondern auch beruflich wieder auf die Beine kommen müsse. Ziel sei es, dass die beiden für sich und ihr Kind Ende September eine neue Bleibe hätten und es nicht zur Zwangsräumung komme, obwohl in der Obdachlosenunterkunft derzeit keine Raumnot bestehe.

Das bestätigt Mühlberger. In der Unterkunft mit insgesamt etwa zehn Zimmern wohne derzeit nur das genannte Paar. "Aber die Räume waren auch schon mal gerammelt voll - und es kommen sicher auch wieder andere Zeiten, zum Beispiel, wenn anerkannte Asylbewerber dazu kommen, die keine Wohnung finden." Für den Fall, dass sich die Situation verschärft, will die Stadt Reserven vorhalten. "Eine Verweildauer von einem Jahr oder so ist einfach nicht möglich, deshalb fahren wir seit eineinhalb Jahren auch eine ganz klare Linie", sagt Mühlberger. Aber man setze die Leute nicht einfach vor die Tür, sondern versuche, "bei der Wohnungssuche zu vermitteln und vorhandene Hilfsprogramme anzubieten", sagt er: "Wir sind also ganz bestimmt nicht herzlos."

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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