Moosburg:Hitzige Debatte um keine kleine Geste

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Der Vorschlag von Verena Kuch, Kindern unter zwölf Jahren im Moosburger Freibad heuer kostenlosen Eintritt zu gewähren, wird im Stadtrat heftig diskutiert, mit 11:7 Stimmen dann aber doch angenommen

Von Alexander Kappen, Moosburg

Im Prinzip ging es in dem Antrag von Sportreferentin Verena Kuch (Grüne) um eine kleine Geste. Eine Geste an die Kinder, die im Lockdown oft zurückstecken mussten. Doch dann geriet die Diskussion über Kuchs Vorschlag, Kindern unter zwölf Jahren im Moosburger Freibad heuer kostenlosen Eintritt zu gewähren, im Stadtrat zu einer recht hitzigen Debatte. Einer, die sich an der Grenze zwischen Emotionalität und Sachlichkeit bewegte und mal zur einen, mal zur anderen Seite wogte. Dabei ging es darum, welchen Einfluss Einbußen von rund 5000 Euro auf die angespannte Gesamtsituation des städtischen Verwaltungshaushalts haben und wem mehr daran gelegen ist, dass möglichst viele Kinder schwimmen lernen und nicht ertrinken. Letztlich votierte das Gremium mit einer Mehrheit von 11:7 Stimmen für Kuchs Antrag.

Nach der geltenden Gebührenordnung zahlen im Moosburger Freibad Kinder unter sechs Jahren keinen Eintritt, für Sechs- bis 16-Jährige kostet die Tageskarte 1,50 Euro. Der Betrag, welcher der Stadt entgeht, wenn sie heuer bis zum zwölften Lebensjahr freien Eintritt gewährt, wurde in der Sitzung mit 5000 Euro beziffert.

Kuch hatte sich mit ihrem Antrag am Vorbild Münchens orientiert und darauf verwiesen, dass es coronabedingt heuer in Moosburg keine kostengünstigen Familien- und Saisonkarten gebe. Freier Eintritt für Unter-Zwölf-Jährige sei da eine willkommene finanzielle Erleichterung für Familien. Zudem argumentierte sie, dass schon vor Corona "immer mehr Kinder nicht schwimmen konnten. Corona hat dies drastisch verschärft". Ertrinken sei auch heute immer noch die Todesursache Nummer eins bei Kleinkindern. "Kinder brauchen ein sicheres Umfeld wie in unserem Freibad, um sich ans Wasser zu gewöhnen und Schwimmen zu lernen". Ein Verlust von 5000 Euro sei da für die Stadt durchaus zu verkraften.

Bürgermeister Josef Dollinger (FW) sah das ganz anders. In München seien die Stadtwerke für die Bäder zuständig, die Einbußen beim Eintritt über Einnahmen als Stromanbieter ausgleichen könnten. "In Moosburg geht es auf Stadtkosten", sagte der Bürgermeister, der befürchtet, dass der Verwaltungshaushalt aus dem Ruder läuft. Das Defizit des Freibads habe sich von 156 800 Euro im Jahr 2018 auf gut 349 000 Euro im Jahr 2020 erhöht. Für 2021 erwarte man ein Minus von 408 700 Euro. Ein Verzicht auf Eintrittsgeld sei nicht zu befürworten, zumal Moosburg eh weniger verlange als die meisten Bäder der Umgebung mit Preisen zwischen zwei und drei Euro. Andere Kommunen außer München gewährten übrigens auf keine Kostenfreiheit für Kinder bis zwölf.

Um zu betonen, dass auch für ihn "Schwimmen lernen sehr wichtig ist", schlug Dollinger als Kompromiss vor, an Kinder, die einen Schwimmkurs belegen, sowie ihre Begleitpersonen kostenlose Zwölferkarten auszugeben. Die Wasserwacht sei bereit, einen Kurs für 40 Kinder anzubieten. "Wir müssen das Schwimmen lernen fördern, nicht das Planschen." Das sei "das Hauptproblem", meinte auch Martin Pschorr (SPD), der den Vorschlag des Bürgermeisters unterstützte.

Fraktionskollege Gerd Beubl dagegen sagte: "Wie bauen ein neues Hallenbad und zusammen mit dem Freibad wird das Defizit dann noch viel höher sein als bisher. 5000 Euro sind also wirklich nicht die Welt." Zumal es nur einmalig für 2021 sei. CSU-Sprecher Rudolf Heinz versteht zwar "die finanziellen Bedenken der Verwaltung", war aber dennoch für den Antrag von Kuch: "Die Kinder müssen jetzt raus und das nachholen, was sie durch Corona versäumt haben." Kinder und Jugendliche seien "von der Pandemie am härtesten betroffen gewesen, sie tun mir auch leid", räumte Ludwig Kieninger (FW) ein. "Aber 1,50 Euro kann sich jeder leisten - und wenn nicht, dann soll er zu mir kommen, dann kriegt er das."1,50 Euro seien für manche durchaus viel Geld, entgegnete Thomas Wittmann (Fresh). Und dass andere Kommunen keinen freien Eintritt gewähren, sei "auch kein Argument. Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen. Die 5000 Euro sind es mir wert".

Ihren emotionalen Höhepunkt fand die Debatte, als der Bürgermeister die Entscheidung zwischen seinem und Kuchs Vorschlag im Eifer des rhetorischen Gefechts als Wahl zwischen "Schwimmen oder Ersaufen" titulierte. Johannes Becher (Grüne) ermahnte zu mehr Sachlichkeit.

© SZ vom 11.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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