Mehrere Verletzte in Lengdorf:Facebook-Party läuft aus dem Ruder

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20 Gäste wurden erwartet, doch am Ende standen 200 vor der Tür. Ein Jugendlicher lädt in Lengdorf zu einer Facebook-Feier ein. Am Ende ist das Haus verwüstet - und ein Partygast macht eine unschöne Begegnung mit dem Lagerfeuer.

Antonia Steiger

Wegen eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt die Kriminalpolizei Erding seit Samstag gegen einen 18-jährigen Schüler, der bei einer eskalierten Facebook-Party in Lengdorf mit einem Messer einen 19-Jährigen angegriffen und verletzt hatte.

Der 18-Jährige hat seinem Opfer zwei Messerstiche an Arm und Schulter zugefügt - "mehrere Zentimeter tief", wie die Polizei sagte. Im Laufe des späten Samstagabends hat die Polizei demnach in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Landshut entschieden, den Angreifer weder auf freien Fuß zu setzen. Die Tötungsabsicht sei "nicht ganz eindeutig", es bestehe auch keine Fluchtgefahr. Auch der 19-Jährige ist wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden: Seine Verletzungen seien nicht lebensgefährlich gewesen.

Es ist nicht das erste Beispiel einer eskalierenden Facebook-Party in der Region: Wie Hans Peter Kammerer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern, sagte, gab es zuletzt Einsätze in Landshut, in Kranzberg im Landkreis Freising und im Landkreis Ebersberg. Bei allen sei klar gewesen, "dass sie ohne die Polizei keine friedlichen Verlauf genommen hätten".

Die Party in Lengdorf sei indes "extremer" gewesen. Die Messerattacke war nicht der einzige Vorfall, weswegen Notrufe abgesetzt worden seien: So war ein Mann in einem Lagerfeuer gelandet und hatte sich Verbrennungen an Händen und Armen zugezogen. Bei der Rettungsleitstelle war zudem die Nachricht eingegangen, dass ein Mann aufgrund des Alkoholkonsums nicht mehr ansprechbar sei.

Als die Polizei gegen 2.30 Uhr in dem ehemaligen Jagdhaus eintraf, in dem ein 16-Jähriger ursprünglich mit zwanzig Gästen feiern wollte, habe sich den Beamten eine Art "Schlachtfeld" dargeboten, sagte Kammerer. "Das Haus wurde völlig verwüstet, überall Berge von Müll", ebenso der Garten samt Schaukel und Geräten. Türen und Fenster seien eingeschlagen und eine Stereoanlage gestohlen worden.

Ihren Anfang hatte die Party mit der Einladung des 16-Jährigen an zwanzig Freunde in ein ehemaliges Jagdhaus in ländlicher Umgebung über Facebook genommen. Zugesagt hatten dann aber nicht zwanzig Personen, sondern 140.

Als sich vom Erdinger Volksfest aus weitere Gäste auf den Weg machten, befanden sich gegen Mitternacht etwa 200 feierlaunige, zumeist alkoholisierte Partybesucher am Jagdhaus, wie die Polizei mitteilt. Der Gastgeber hatte aber nur 20 eingeladen. Der Getränkekonsum war mit 15 Euro Eintritt pauschal bezahlt. Mit zunehmender Alkoholisierung der überwiegend jungen Leute sei es zu Auseinandersetzungen gekommen.

Dem Streit zwischen dem 18-jährigen und dem 19-jährigen Schüler war der Versuch des Älteren vorangegangen, einen anderen Streit schlichten wollte, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern mit. Die Situation eskalierte. Der 18-jährige stach vermutlich mit einem Butterflymesser zweimal zu, laut Kammerer ist die Tatwaffe noch nicht gefunden worden.

Der Angreifer konnte zunächst flüchten, wurde dann aber von Zivilbeamten in einem angrenzenden Feld festgenommen. Wie Kammerer sagte, war auch der 18-Jährige alkoholisiert, "aber nicht übermäßig". Die Kriminalpolizei steht seine Worten zufolge nun vor etliche Vernehmen. "Es gibt etwa zwei Dutzend Zeugen." Daher wollte Kammerer auch noch nichts über ein mögliches Motiv sagen.

Auf die Kripo wartet eine weitere schwierige Aufgabe: Sie muss die Eltern des Gastgebers finden, die derzeit im Urlaub sind. Bis Sonntagnachmittag wusste Kammerer nicht, ob sie bereits darüber unterrichtet sind, was in ihrem Haus passiert ist. Eine verbindliche Vernehmung des 16-jährigen Sohns sei ebenfalls erst möglich, wenn die Eltern dabei seien.

Weitere Ermittlungen könnten sich anschließen, denn der Gastgeber hatte 15 Euro pro Gast verlangt, dafür habe jeder trinken dürfen, was er wollte. Damit hat er möglicherweise gegen das Jugendschutzgesetz und andere Verordnungen verstoßen.

Unter Führung des Leiters der Polizeiinspektion Dorfen waren 20 Polizeibeamte der Polizeiinspektionen Erding, Dorfen und Flughafen eingesetzt. Beim Eintreffen der Polizei gegen 2.30 Uhr waren noch etwa dreißig Partygäste vor Ort. Die Party war dann aber schlagartig vorbei, wie Kammerer sagte. Die Polizei nahm die Personalien aller Anwesenden fest und suchte den 18-Jährigen, der zugestochen hatte. Er war zunächst geflüchtet. Weitere Körperverletzungen seien der Polizei jedoch nicht mitgeteilt worden.

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