Konflikte in Wald und Feld:Mit der Enduro durchs Unterholz

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Von Hunden oder Freizeitsportlern aufgescheuchte Rehe laufen oftmals panisch über Straßen und werden dort Opfer eines Wildunfalls. (Foto: Christian Endt)

Erdinger Jäger monieren Probleme mit Freizeitsportlern und Hundehaltern, die sich in den Wäldern abseits der Wege aufhalten und das Wild durch ihr Verhalten gefährden.

Von Thomas Daller, Erding

Stehen Wildtier und Mensch noch im Einklang? Mit dieser Frage hat sich der Kreisverband der Erdinger Jäger bei der Jahreshauptversammlung beschäftigt. Und da gibt es schon ein paar Probleme: Der Landkreis steuert durch den Zuzug allmählich auf 150 000 Einwohner zu, die Versiegelung nimmt zu, die Zerschneidung der Lebensräume durch Verkehrswege hat Auswirkungen und auch die Wetterextreme durch den Klimawandel beeinträchtigen die Natur.

"Unser größtes Problem ist jedoch der Freizeitdruck", sagte der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes, Thomas Schreder. Das Wild werde im Wald von Mountainbikern, Joggern oder Hundehaltern aufgeschreckt, die nicht auf den Wegen bleiben. Schreder rief die Jäger auf, in solchen Fällen mit den Leuten zu reden: Viele seien einsichtig, wenn man ihnen die Problematik erkläre.

"Wir wollen den Wildlebensraum im Landkreis Erding erhalten", sagte Schreder. 80 000 Hektar jagdbare Fläche gebe es im Landkreis, darunter 11 000 Hektar Wald und knapp 60 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.

Aus eigener Erfahrung nehme er wahr, wie der Freizeitdruck zugenommen habe. "Ich bin gerne früh draußen und dann sehe ich Jogger, die mit der Stirnlampe abseits der Wege durchs Revier laufen oder Leute mit Hunden, die querfeldein rennen." Hinzu kämen Mountainbiker und gelegentlich auch solche, "die mit der Enduro durchs Unterholz" fahren.

Solche Fluchten könnten für die Tiere tödlich enden, wenn sie über die Straße rennen oder in den Mittleren Isarkanal fallen, wo sie ertrinken. "Wir haben jedes Jahr mehr als 900 registrierte Stück Rehwild, die überfahren werden", sagte Schreder. Und die Dunkelziffer nicht gemeldeter Wildunfälle sei hoch. Die Jäger versuchten, die Rehe mit Reflektoren und Duftzäunen von den Straßen fernzuhalten, "aber wir haben den Durchbruch nicht geschafft".

Das Verhalten der Freizeitsuchenden basiere auf Unwissenheit, nicht auf Böswilligkeit, meint Schreder

Schreder sagte, er habe Verständnis dafür, dass weite Teile der Bevölkerung ihre Freizeit in der Natur gestalten wollen. Aber es handele sich um Flächen, die Landwirten oder Waldbesitzern gehören und auch darauf müsse man Rücksicht nehmen. "Ich wünsche mir Verständnis von Freizeitsuchenden und sie können gerne auf Feldwegen oder befestigten Wegen bleiben", sagte Schreder. "Solange man auf dem Weg bleibt, ist man für das Reh kein Problem. Respektiert als Freizeitsuchende eure Grenzen und respektiert das Wild."

Schreder betonte, dieses Verhalten beruhe seines Erachtens nicht auf Böswilligkeit, sondern auf Unwissenheit. "Wenn man sie anspricht, wissen die meisten gar nicht, was sie für Schäden anrichten. Das muss man kommunizieren, wir müssen ins Gespräch kommen." Das sei aber meist nur mit Joggern oder Leuten, die ihre Hunde laufen lassen, möglich: "Wer mit dem Mountainbike oder der Enduro durchs Unterholz fährt, dem können wir nicht hinterherlaufen."

"Wir sind nicht nur draußen, um Wild zu erlegen, sondern auch den Wildtierlebensraum zu erhalten", betonte der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes. Man wolle gemeinsam mit der Landwirtschaft Lebensraum für Niederwild schaffen, beispielsweise Hecken anpflanzen, Flächen pachten oder kaufen.

Bei Wildschweinen gibt es derzeit keine Anzeichen der Afrikanischen Schweinepest

Franziska Müller-Waldeck vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forstern (AELF) Ebersberg-Erding bot dem Kreisjagdverband in ihrem Gastreferat dabei Unterstützung an: Sie sei seit 2020 Wildlebensraumberaterin für die beiden Landkreise und dafür zuständig, Wildlebensräume zu entwickeln, zu verbessern und zu vernetzen. Es gebe bereits viele positive Beispiele, wie solche Konzepte umgesetzt werden könnten. "Ich habe eine Vision, dass sich jede Gemeinde ihrer Stärken bewusst wird, ob das nun ein guter Bestand an Hasen oder Rebhühnern oder eine reiche Heckenlandschaft ist. Das sind Schätze, die sie hüten, und da biete ich die Zusammenarbeit an." Müller-Waldeck wies auch auf Versäumnisse hin: "Erding hat keinen Landschaftspflegeverband. Da geht Geld verloren. Niemand stellt Anträge auf Förderfelder."

Abschließend ging Schreder auch auf die Situation des Schwarzwilds im Landkreis ein und hatte dabei gute Nachrichten: "Bei den Wildschweinen sind derzeit keine Anzeichen der Afrikanischen Schweinepest erkennbar." Darüber hinaus bleibe die "Streckenzahl" des Schwarzwilds unverändert. Lediglich in Isen gebe es in ein paar Revieren Schwerpunkte, aber flächendeckend beobachte man keine Ausbreitung im Landkreis.

Weitere Fortschritte gebe es bei der Kitzrettung: Es hätten sich bereits sehr viele Jäger und Landwirte Drohnen angeschafft, mit deren Wärmebildkameras man die Kitze in den Wiesen vor der Mahd aufspüren und retten könne. Im Frühjahr seien sowohl eine Drohnenvorführung als auch ein Drohnenfrühschoppen geplant, bei denen man sich mit der Technik vertraut machen könne.

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