Drogenprozess am Landgericht Landshut:Haftstrafen und Entziehung

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Mit einem Messer soll der Angeklagte drei Männer in Neufahrn attackiert haben, derzeit läuft der Prozess in Landshut. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Jugendkammer spricht Gefängnisstrafen gegen einen 17- und einen 23-Jährigen aus dem Kreis Erding aus, die mit größeren Mengen Rauschgift gehandelt haben. Wegen ihrer eigenen Sucht werden sie in Therapieeinrichtungen untergebracht.

Von Alexander Kappen, Landshut/Erding

Es war wohl nicht zuletzt die eigene Sucht, die zwei junge Männer aus dem Landkreis Erding dazu trieb, nicht nur Drogen zu konsumieren, sondern auch damit zu handeln. Und in einem Fall ging das Ganze im November vergangenen Jahres auch noch mächtig schief. Bei einem geplanten Deal in einem verlassenen Haus in Dorfen wollten ihre "Handelspartner" die zwei Angeklagten, 17 und 23 Jahre alt, wohl "abziehen", wie einer der Verteidiger am Donnerstag vor der Jugendkammer des Landshuter Landgerichts sagte. Die beiden Angeklagten wurden verprügelt und verletzt, ein als Fahrer agierender Freund gar mit einem Messer niedergestochen.

Dennoch wurden die beiden nach ihren Geständnissen für diesen sowie für jeweils einen weiteren Fall des Handels mit Drogen in nicht geringer Menge von der Jugendkammer unter Vorsitz von Richterin Michaela Wawerla verurteilt. Der 17-Jährige zu einer Jugendfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten, der 23-Jährige zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren. Beide Angeklagte handelten, so die Vorsitzende, unter Suchtdruck. Wegen der Drogenabhängigkeit der Angeklagten ordnete die Kammer auch deren Unterbringung in einer Entziehungseinrichtung an. Stehen sie diese jeweils erfolgreich durch, kommen sie danach wieder auf freien Fuß. Das Urteil basiert auf einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwalt und Verteidigern.

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Dem jüngeren der beiden Angeklagten war vorgeworfen worden, im Oktober vergangenen Jahres mindestens 350 Gramm Marihuana aufbewahrt zu haben, um es mit Gewinn weiterzuverkaufen. In der Nähe der Drogen bewahrte er eine Softair-Waffe, ein Butterflymesser und einen Baseballschläger auf. Die Softair-Waffe war juristisch nicht von Belang. Das Butterflymesser und der Baseballschläger dagegen schon, deshalb war dieser Fall als "bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln" zu werten. Allerdings handele es sich um einen minder schweren Fall, so die Richterin, "weil die Waffen nicht eingesetzt wurden und weil auch nicht klar ist, ob sie eingesetzt werden sollten".

Der 23-Jährige soll 285 Gramm Marihuana von einem bislang Unbekannten zum Preis von 1550 Euro gekauft haben. Ebenfalls, um Handel damit zu betreiben. Beide Angeklagten räumten diese Vorwürfe ein, allerdings sei jeweils ein Teil der Drogen für den Eigenbedarf gewesen. Den letztlich gescheiterten Handel in dem Abbruchhaus gaben sie ebenfalls zu. Dabei hatten sie geplant, 50 Gramm Haschisch, 15 Gramm Kokain und 600 Gramm Marihuana an einen anderweitig beschuldigten Mann zu veräußern. Zum Vollzug des Geschäfts kam es aufgrund der körperlichen Auseinandersetzung dann nicht. Vielmehr erlitten die Angeklagten, so die Richterin, "erhebliche Verletzungen". Den 23-Jährigen erwischte es mit einem Nasenbeinbruch etwas schlimmer.

Davon, dass in dem verlassenen Haus ein Hammer herumlag, habe sein Mandant keine Kenntnis gehabt, betonte der Verteidiger des 17-Jährigen. Die Softair-Pistole, die auch hier im Spiel war, sei nicht als Waffe im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes zu werten. Die Kammer ging hier letztlich auch nur von einem unbewaffneten Handel aus. Während der Verteidiger des 17-Jährigen einräumte, sein Mandant sei hier die Triebfeder oder der Motor des geplanten Geschäfts gewesen und somit "der Hauptverantwortliche", betonte der Anwalt des 23-Jährigen die "untergeordnete Rolle" seines Mandanten.

Der 17-Jährige sei auf einem bedenklichen Weg gewesen, sagt die Richterin

"Er wusste von den Vertragsmodalitäten gar nichts, hat sich dafür aufs Maul hauen lassen, ist in seinem eigenen Blut zu Boden gesunken und hat auch noch einen schwerverletzten Freund, der Fahrdienste geleistet und einen Messerstich in die Lunge abbekommen hat, am Ende gerettet", so der Verteidiger. "Ganz so untergeordnet", meinte dagegen die Vorsitzende, "war seine Rolle nicht". Laut Chatprotokollen "wäre es seine Aufgabe gewesen, das Kokain, immerhin eine harte Droge, zu besorgen - deshalb war es auch nicht nur Beihilfe".

Der Staatsanwalt forderte drei Jahre und vier Monate Jugendstrafe für den 17-Jährigen und dreieinhalb Jahre Haft für den 23-Jährigen. Die Verteidiger dagegen beantragten jeweils zwei Jahre und zehn Monate Haft - in einem Fall nach Jugend-, im anderen nach Erwachsenenstrafrecht. Gerade der 17-Jährige, so betonte die Richterin, sei auf einem bedenklichen Weg gewesen: "Er hat nicht nur nebenbei so ein bisschen gedealt, sondern schwunghaften Handel mit Drogen, auch mit harten, betrieben und war vorbestraft." Durch die Therapie soll er eine neue Chance bekommen.

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