Kommunalwahl in Erding:Es wartet viel Arbeit

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Der Stadtrat steht vor einem Umbruch. Das neue Gremium steuert auf eine aufregende Zeit voller spannender Entwicklungen zu. OB Max Gotz (CSU) hat drei Gegenkandidaten, von denen sich aber nur eine im politischen Geschäft bereits gut auskennt

Von Antonia Steiger, Erding

Hoffentlich hat sich jeder genau überlegt, was er da tut. Könnte ja sein, dass er tatsächlich gewählt wird. Auf die 40 Frauen und Männer, die es am Ende trifft und die dann für sechs Jahre im Erdinger Stadtrat sitzen, rollt ein Haufen Arbeit zu. Könnte ja sein, dass die Planung zum Hochwasserschutz endlich fertig wird, dass die Nordumfahrung und vielleicht sogar der S-Bahn-Ringschluss gebaut wird und dass die Bundeswehr Erding verlässt. Diese vier Themen hatte auch der jetzige Stadtrat schon auf dem Tisch, zumindest rein planerisch. Jetzt geht es möglicherweise zur Sache. Dann wird ein neuer Bahnhof umzusetzen sein, ein Bahnhofsquartier muss entstehen, 350 Hektar können zivil statt militärisch genutzt werden. Und einige Baugebiete könnten entstehen. Die Stadträte werden ihrer Stadt beim Wachsen zusehen. Und sie müssen sich über flankierende Maßnahmen Gedanken machen. Mit einem dürfen sie ganz sicher rechnen: mit viel Arbeit. Sollte Erdings OB Max Gotz (CSU) im Amt bleiben, was keine allzu gewagte Prognose ist, wird er auch in seiner dritten Amtsperiode Dampf machen.

Im Allgemeinen pflegen die Erdinger Stadträte über Fraktionsgrenzen hinweg einen friedlichen Austausch. Vieles hat sich eingeschliffen, man kennt sich gut, jetzt steht dem Gremium aber ein Umbruch bevor. Drei der wichtigsten Protagonisten ziehen sich zurück: der CSU-Sprecher Jakob Mittermeier, der SPD-Sprecher Horst Schmidt und der Grünen-Sprecher Günther Kuhn. An ihre Stelle treten neue Personen. Welches Klima im Stadtrat herrschen wird, hängt unter anderem von einer Frage ab: Wie stark schneidet die CSU ab? Bleibt ihr auch dieses Mal die absolute Mehrheit verwehrt, ist Gotz, falls er wieder gewählt wird, weiter auf die Zusammenarbeit mit anderen angewiesen. Das hat in der alten Konstellation gut geklappt, die allermeisten Entscheidungen fielen mit breiter Mehrheit. Im Wahlkampf hat Gotz seinen Anhang jedoch ausdrücklich dazu angestachelt, um jede Stimme zu ringen - als wenn auch er einmal über eine absolute Mehrheit verfügen wollen würde. Oder als wenn er fürchten würde, dass der CSU ein Teil ihrer Sitze entgleitet. Derzeit hat sie 17 von 40 Sitzen. Drei mehr sind nicht gerade wahrscheinlich, aber auch nicht ganz ausgeschlossen. Ähnlich geht es aber auch anderen Parteien und Gruppierungen.

Unter dem Dach des Erdinger Rathauses tagt einmal im Monat der gesamte Stadtrat - von Mai an in neuer Besetzung. Dass es einen Wechsel auf dem Sessel des Oberbürgermeisters gibt, ist unwahrscheinlich. (Foto: Stephan Görlich)

Zum Beispiel der SPD: Das Personal wurde fast komplett ausgetauscht, die SPD hat tatsächlich einen Schwung junger Leute gefunden, die nicht nur Lust auf Kommunalpolitik haben, sondern die zum Teil auch auf vielfältige Weise im Stadtleben verankert sind. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass man gewählt wird. Carina Bischke (Fair Trade) oder Stefan Grabrucker (Lehrer), Thomas Brix (Narrhalla) oder Andrea Jarmurskewitz (Kreisjugendring): Das sind neue Gesichter, die mit der Stadtpolitik bislang so gut wie nichts zu tun hatten. In besonderem Ausmaß trifft das auch auf den OB-Kandidaten Alexander Gutwill zu, der nicht allzu viel ausrichten können wird. Dazu ist nicht nur Gotz zu stark, auch die beiden weiteren Mitbewerber haben Gutwill viel voraus: Erfahrung oder wenigstens einen sehr viel höheren Bekanntheitsgrad. Letzteres trifft auf Thomas Schmidbauer von Erding Jetzt zu.

Auch Erding Jetzt tritt mit neuen Leuten an, die Gruppierung hat sich verjüngt, auch wenn zwei der vier Stadträte - Hans Egger und Harry Seeholzer - wieder weit vorne platziert sind. Seine Möglichkeiten, sich als Alternative zu Gotz zu präsentieren, mit dem er zusammen das Gymnasium besucht hat, hält Schmidbauer selbst für begrenzt. Er möchte aber gerne, wie er sagte, die relative Stärke der CSU verringern. Dabei verengt die Gruppierung ihren Blick stärker als jede andere Partei oder Gruppierung auf ihre Heimatstadt Erding, am liebsten sogar auf die Innenstadt. Aber es gibt ein paar klangvolle Namen auf den vorderen Plätzen: der Freisinger Klinikchefarzt Roland Brückl, der Gastronom David Ritter und die Unternehmerin Sabine Zeiler-Babisch und weiter hinten auch noch der Sinnflut-Macher Sparkowski.

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(Foto: Stephan Görlich)

Verlässlichkeit verspricht OB Max Gotz (CSU) den Erdinger Bürgern. Seit zwölf Jahren ist er im Amt.

Petra Bauernfeind führt die Freien Wähler und unternimmt den zweiten Anlauf auf den OB-Sessel.

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(Foto: Renate Schmidt)

Als Gegengewicht zur CSU sieht sich Erding Jetzt mit dem Spitzenkandidaten Thomas Schmidbauer.

Man wird ihn besser kennen lernen: Alexander Gutwill führt als Spitzenkandidat die SPD-Liste an.

Deutlich heben sich die Freien Wähler ab: Sie haben in ihrer Spitzenkandidatin Petra Bauernfeind eine Führungsfigur, die sich im Stadtrat mühelos behauptet und die den Auftritten der Freien Wähler neues Format verliehen hat. Schon einmal ist sie gegen Gotz angetreten, 2014 bekam sie knapp über 21 Prozent. Doch gegen einen fest im Sattel sitzenden Amtsinhaber anzutreten, ist ein schwierige Unterfangen, das weiß auch Gotz: Zwei Mal war er gegen Petra Bauernfeinds Ehemann Karl-Heinz Bauernfeind angetreten, zweimal hatte er keine Chance. 18,4 Prozent waren es 1996 und 23,8 Prozent 2002. Erst als Bauernfeind 2008 nicht mehr antrat, zog Gotz ins Rathaus ein. Petra Bauernfeind unternimmt nun den zweiten Anlauf, der dritte könnte noch folgen.

Mit Cornelia Ermeier an der Spitze, aber ohne OB-Kandidaten treten die Grünen an. Hinter Ermeier tummeln sich drei gute Bekannte: Helga Stieglmeier, Herbert Maier und Stefan Lorenz, alle drei schon im Stadtrat, wobei Lorenz bislang für die Piraten dort sitzt - schweigend. Die Grünen sind diejenigen im Stadtrat, die sich am klarsten gegen die Politik von Max Gotz und der CSU positionieren. Es geht ihnen zu langsam mit der Energiewende und mit der Verkehrswende. Sie wollen den privaten Verkehr zurückdrängen, mehr Platz für Fahrrad und Bus und Fußgänger. Und sie haben als einzige ausdrücklich den Tunnel abgelehnt, der das Rathaus mit dem Erweiterungsbau auf der anderen Seite der Landshuter Straße verbindet und der die Rathausmitarbeiter davor schützt, zu Fuß und an der frischen Luft knapp 30 Meter bewältigen zu müssen. Das Projekt hat die Bürger irritiert. Dank RTL weiß ein großes Publikum darüber Bescheid.

(Foto: oh)

Im Wahlkampf der CSU hat der Tunnel keine Berücksichtigung gefunden. Stattdessen wollte Gotz sich den Wählern präsentieren als derjenige, auf dessen Kompetenz man sich verlassen kann - und das nicht zu unrecht. Die Stadt verfügt über Rücklagen von mehr als 60 Millionen Euro, sie hat die Grundstücksbevorratung intensiviert, für den S-Bahn-Tunnel unter der Haager Straße hat Gotz mit dem Innenministerium einen guten Deal ausverhandelt. Unterschiedlich betrachten die Parteien im Stadtrat jedoch die Frage des Wohnungsbaus, hier wünscht sich die SPD ein sehr viel größeres Engagement der Stadt. Auch die grünen Themen bewertet die CSU anders, wenngleich Gotz schon sagte, man müsse dem privaten Autoverkehr Platz wegnehmen. Zuletzt hat er jedoch ein paar Dinge durchgedrückt, mit denen er sich keine neuen Freunde gemacht hat: Das trifft nicht nur auf den Tunnel zu, sondern auch auf die neue Plastikeislauffläche oder die Neuordnung des Christkindlmarktes, über die viel gemosert worden ist. "Wir machen auch mal Fehler", sagte Gotz kürzlich. Nicht im Stadtrat, sondern vor Studenten, die sich über die Entwicklung Erdings Gedanken gemacht hatten.

Neben den fünf größeren Parteien und Gruppierungen strebt auch wieder die ÖDP in den Stadtrat, sie hat zwei Sitze, aber auch Linke und die FDP sowie die AfD mit Wolfgang Kellermann an der Spitze. Kellermann saß schon einmal für die Republikaner in dem Gremium und gab sich damals derart wortkarg, dass sich der damalige Bürgermeister Bauernfeind bei seinem Ausscheiden für seine "zurückhaltende Art" bedankte.

CSU: 1. Max Gotz, 2. Ludwig Kirmair, 3. Janine Krzizok, 4. Stephan Stanglmaier, 5. Günther Adelsberger, 6. Burkhard Köppen, 7. Walter Rauscher, 8. Thomas Schreder, 9. Thomas Bauer, 10. Stefanie Hagl, 11. Monika Pieczonka, 12. Rudolf Waxenberger, 13. Hermann Schießl, 14. Klaus Stanzel-Deffner, 15. Hubert Sandtner, 16. Willi Vogl, 17. Alois Flötzinger, 18. Dominic Hagl, 19. Herbert Lindmayer, 20. Josef Kaiser, 21. Florian Leiter, 22. Alexander Attensberger, 23. Christian Numberger, 24. Simon Biller, 25. Maximiliane Bauer, 26. Siegfried Ippisch, 27. Malgorzata Maidl, 28. Peter Helmprecht, 29. Peregrin Pfanzelt, 30. Boris Blechschmidt, 31. Andreas Wörner, 32. Manfred Voglberger, 33. Mesut Karadeniz, 34. Andreas Faltermeier, 35. Arnold Kronseder, 36. Daniel Gottal, 37. Wolfgang Bamberg, 38. Tim Alibasic, 39. Valentin Zeiler, 40. Jochen Schweitzer Freien Wähler: 1. Petra Bauernfeind, 2. Benedikt Hoigt, 3. Rainer Mehringer, 4. Peter Badmann, 5. Jürgen Beil, 6. Alois Huber, 7. Judith Heger, 8. Hans Fehlberger, 9. Rudi Thalmeier, 10. Sepp Hochholzer, 11. Robin Bauersachs, 12. Johanna Mehringer, 13. Franz Lex jun., 14. Monika Schmid, 15. Andreas Sichtig, 16. Martin Weber, 17. Martin Neumaier, 18. Dominique Klatte, 19. Philipp Mittermaier, 20. Svetlana Kulesa, 21. Erwin Dosch jun., 22. Bernhard Lorenz, 23. Peter Heger, 24. Johannes Rüdiger, 25. Helene Barth, 26. Willi Hahn, 27. Thomas Angermeier, 28. Laura Böhm, 29. Aresim Maxhera, 30. Antonia Träger, 31. Margot Hoigt, 32. Florian Rehm, 33. Rainer Koppe, 34. Sabine Renauer, 35. Stefan Miller, 36. Eric Peinelt, 37. Klaus Katzschner, 38. Sylva Woodside, 39. Raphael Bablick, 40. Florian Eibl SPD: 1. Alexander Gutwill, 4. Carina Bischke, 7. Leon Kozica, 10. Andrea Jarmurskewitz, 13. Stephan Grabrucker, 16. Evelin Gröckel, 19. Christian Cosimo, 22. Sandra Liebold, 25. Thomas Brix, 28. Gerda Kopp, 31. Ulrich Reinhard, 32. Ulrike Reinhard, 33. Walfried Seßler, 34. Sabine Illek, 35. Bernd Theiss, 36. Herta Brydon, 37. Barbara Illek, 38. Andrea Mayer, 40. Willi Scheib Erding Jetzt: 1. Thomas Schmidbauer, 2. Hans Egger, 3. Harald Seeholzer, 4. Roland Brückl, 5. David Ritter, 6. Sabine Zeiler-Babisch, 7. Hans Balbach, 8. Carolina Berglehner, 9. David Whitney, 10. Attila Babos, 11. Gerhard Heilmaier, 12. Robert Meier, 13. Darius Kappes, 14. Hugo Gruber, 15. Michael Lang, 16. Peter Schachtl, 17. Christoph Greckl, 18. Peter Michalek, 19. Iris Brandhuber 20. Ralf Wimmer, 21. Heike Brändle, 22. Börnie Sparakowski, 23. Richard Blanke, 24. Michael Benker, 25. Tamara Rilke, 26. Martin Rötzer, 27. Frank Halatsch, 28. Claudia Zellner, 29. Renate Huber, 30. Franz Groß, 31. Sigi Wagner, 32. Helga Stenzel, 33. Susanne Seeholzer, 34. Ludwig Stettner, 35. Friedrich Staudinger, 36. Holli Gruber, 37. Angelina di Virgilio, 38. Ferdinand Mehringer, 39. Ernst Busch, 40. Efstathios Paparodopoulos. Bündnis 90/Die Grünen: 1. Cornelia Ermeier, 2. Herbert Maier, 3. Helga Stieglmeier, 4. Stefan Lorenz, 5. Verena Zinn-Comperl, 6. Gerhard Ippisch, 7. Doris Kraeker, 8. Alois Neumeier, 9. Ursula Auer, 10. Jens Ehrlinger, 11. Edeltraud Debatin-Cantu, 12. Norbert Hufschmid-Steinmetz, 13. Bettina Döttinger, 14. Andreas Müller, 15. Gisela Hermann-Bouarsa, 16. Karim El Sayed, 17. Denise Lippenberger, 18. Alois Gabauer jun., 19. Tina Ehrlinger, 20. Jürgen Listl, 21. Angelika Felixberger, 22. Benjamin Degener, 23. Beate Maier, 24. Markus Frings, 25. Sabine Schierl, 26. Gunnar Sieg, 27. Irmhild Günther-Rimane, 28. Florian Gaigl, 29. Agnes Steinmetz, 30. Fabia Hällfritsch, 31. Veronika Maier, 32. Günther Kuhn, 33. Simone Leneis, 34. Vincent Lichtenthäler, 35. Verena Ippisch, 36. Georg Klinger. ÖDP: 1. Eva Döllel, 2. Stephan Treffler, 3. Gertraud Stede, 4. Felix Mayr, 5. Wolfgang Reiter, 6. Christina Treffler, 7. Alena Lutter, 8. Nelson Berger, 9. Evelyn Reinl, 10. Gislinde Wohlrab, 11. Margaretha Niedermayer, 12. Tobias Hopfner, 13. Gerhard Gaisbauer, 14. Peter Lehan, 15. Josephine Arnold, 16. Robert Reiter, 17. Christel Hollesch, 18. Tobias Schemmel, 19. Hans-Jürgen Bunner, 20. Harald Karner, 21. Angelika Broeren, 22. Elisabeth Ringler, 23. Hubert Daimer, 24. Georg Gschlößl, 25. Sabine Reiter, 26. Hannelore Schebelle, 27. Eva Schemmel, 28. Susanne Broeren, 29. Irmgard Stenzel, 30. Rosemarie Zampach, 31. Uwe Gehring AfD: 1. Wolfgang Kellermann, 2. Tobias Krüger, 3. Alfons Penzkofer, 4. Mario Matthiä, 5. Hans-Peter Schäftner, 6. Silvia Elbing, 7. Eugene Leon Flierl, 8. Herbert Oppenauer, 9. Ellen Schreiber, 10. Hanno Schrott, 11. Ines Lohr, 12. Franz Buchberger, 13. Martin Lorenz, 14. Stefan Brotzki, 15. Johann Elbing, 16. Markus Penzkofer, 17. Gabriele Buchberger, 18. Ali Schir-Mohammad, 19. Günter Höglsperger, 20. Thierry Reiss. Die Linke: 1. Walter Koppe, 2. Silvia Langen-Kramer, 3. Herta Hertel-Stockinger, 4. Matthias Crull, 5. Liliana LaPerna, 6. Werner Müllera, 7. Hasiyet Tugrul-Richter, 8. Manfred Hagg, 9. Petra Hindersmann, 10. Klaus-Peter Bodnar, 11. Kevin Theiß, 12. Dominik Rudow, 13. Michael Schlotfeldt. FDP: 1. Anne Connelly, 2. Johann Bauer, 3. Rainer Vogel, 4. Anne-Kristin Holm, 5. Christopher Voth, 6. Herbert Breuer, 7. Jakob Mittermaier, 8. Michael Streng, 9. Ciro Petrosino, 10. Lianka Büchner, 11. Bernhard Klemm, 12. Moritz Neupärtl, 13. Christina Rescher, 14. Thomas Schreyer, 15. Johann Hötscher, 16. Rainer Ludwig, 17. Kilian Kaiser.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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