Stadtrat in Erding:Strafzettel sorgt für Ärger

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Der Parkplatz am nordöstlichen Ende der Straße "Am Gries" steht nur zu festgelegten Zeiten in der Woche nur für Inhaber von Monats- oder Jahresparkkarten zur Verfügung. (Foto: Stephan Görlich)

Ein Autofahrer mit Behinderung kassiert ein Knöllchen und wirft daraufhin der Stadt fehlenden Willen zur Inklusion vor. OB Max Gotz weist die Kritik zurück. Was sagt Grünen-Stadträtin Cornelia Ermeier dazu, die auf den Rollstuhl angewiesen ist?

Von Regina Bluhme, Erding

Er wolle "einen Vorgang im Haus" öffentlich machen, begann Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) kürzlich im Stadtrat. Es gebe einen erbosten Bürger, einen Autofahrer mit Behinderung, der ordnungswidrig auf einem Parkplatz gestanden und deswegen ein Knöllchen kassiert habe. Nun werfe der Mann der Stadt fehlenden Willen zur Inklusion vor. Diese Kritik wies der Erdinger Oberbürgermeister in der Sitzung zurück. Schützenhilfe erhielt der OB von Grünen-Stadträtin Cornelia Ermeier, die seit ihrem 13. Lebensjahr querschnittsgelähmt ist.

Die Beschilderung an dem kleinen Parkplatz kurz vor der Unterführung zur Anton-Bruckner-Straße ist deutlich: Nur mit Monats- und Jahreskarte ist dort Parken erlaubt. Ein Autofahrer mit Behinderung habe sich dort hingestellt, allerdings, wie sich herausstellte, ohne eine der erforderlichen Karten, erklärte OB Max Gotz. Das Ordnungsamt habe deswegen einen Strafzettel in Höhe von zehn Euro ausgestellt. Das wiederum brachte den betroffenen Autofahrer offensichtlich sehr in Rage.

Der OB las im Stadtrat aus einem Schreiben des Mannes vor. Dort erklärt der Autofahrer zum Beispiel, das Verhalten des Mitarbeiters des Ordnungsamts lasse vermuten, dass hier eine "ausgeprägte Feindlichkeit gegenüber Menschen mit Behinderung" vorhanden sei. Auch sehe er einen "fehlenden politischen Willen zu einer politischen Inklusion". Und generell sehe er in Erding eine "Neigung zum Ausschluss von Menschen mit Behinderung" durch "Unterbringung in ghettoähnlichen Einrichtungen".

"Die Vorwürfe tun weh", betonte Erdings Oberbürgermeister. Ja, bei der Barrierefreiheit "haben wir noch ein paar Baustellen", räumte er ein. Doch ein solches "Stimmungsbild", wie in dem Schreiben gezeichnet, akzeptiere er nicht. Die Große Kreisstadt tue "alles Erdenkliche", um Menschen die Teilhabe zu erleichtern. Zum Beispiel durch behindertengerechte Ampelanlagen, oder bei Straßenmaßnahmen durch die Reservierung von Parkplätzen für behinderte Autofahrer und Autofahrerinnen.

Auf dem Mayr-Wirt-Areal wurden drei Behindertenparkplätze geschaffen

Eine der jüngsten Maßnahmen ist die Umgestaltung der Dr.-Henkel-Straße, wo circa 40 Zwei-Stunden-Parkplätze geschaffen werden. Einen Behindertenparkplatz werde es selbstverständlich auch geben, hatte der Oberbürgermeister erst jüngst versichert.

Weiteres Beispiel: Auf dem Gelände des abgerissenen Mayr-Wirts an der Haager Straße wurde im vergangenen Jahr ein zentral gelegener Parkplatz eröffnet. 105 Stellplätze inklusive drei Behindertenparkplätze stehen gebührenpflichtig zur Verfügung - immerhin so lange, bis es mit der dort geplanten Bebauung losgeht.

Von Cornelia Ermeier gibt es großes Lob fürs Erdinger Ordnungsamt

Unter Anfragen meldete sich dann Cornelia Ermeier zu Wort. Die Grünen-Stadträtin ist seit ihrem 13. Lebensjahr querschnittsgelähmt und auf künstliche Beatmung angewiesen. Ihre Einschränkung meistert sie bewundernswert, im Stadtrat macht sie sich immer wieder für Barrierefreiheit, sozialen Wohnungsbau und Klimaschutz stark. Und sie leistete Max Gotz in der Sitzung volle Unterstützung: Beim Thema Bereitstellung von Behindertenparkplätzen wolle sie der Stadt "ein großes Lob" aussprechen, sagte Ermeier.

Ebenso dem Ordnungsamt und der Polizei, die "jederzeit hilfreich zur Seite stehen", wenn zum Beispiel eine Anfrage für die Ausweisung eines Behindertenparkplatzes komme. Behinderte Menschen hätten die gleichen Rechte wie alle, betonte Ermeier, aber sie hätten auch die gleichen Pflichten, sich an die geltenden Vorschriften zu halten.

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