Kirchseeon:Noch viele Fragezeichen

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Ewald Schurer (SPD) informiert über Bahnzulauf zum Brenner

Von Barbara Mooser, Kirchseeon

Tischerücken, das hat Günther Kerscher regelmäßig in seinem Wohnzimmer. Allerdings nicht, weil er spiritistisch veranlagt wäre, sondern weil sein Haus in Kirchseeon nur 20 Meter von der Bahn entfernt steht und regelmäßig Güterzüge vorbeirattern, die das Mobiliar wackeln lassen. Auch andere Betroffene klagten beim Infoabend mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer über heftige Belastungen durch die Bahn. Die Sorge ist daher groß, dass sich die Situation noch massiv verschlimmert, wenn voraussichtlich im Jahr 2026 der Brenner-Basistunnel eröffnet wird.

Derzeit ist noch unklar, wie der massiv zunehmende Verkehr zum und vom Brenner abgewickelt wird - die Planungen sind spät in Gang gekommen. "Kommt er wirklich?", hätten die Verantwortlichen sich ständig gefragt, sagte Schurer. Dass es sich bei dem Projekt um kein Hirngespinst handelt, sei nur sehr langsam durchgedrungen. Nun hat die Planung der Zulaufstrecke zwar begonnen, im Fokus ist zunächst die Strecke zwischen der Landesgrenze und Rosenheim. Hierfür soll es laut Schurer Mitte 2018 einen Trassenvorschlag für zwei weitere Gleise geben, der auch schon Planungsreife haben soll.

Wie es nördlich von Rosenheim weiter gehen soll, ist unklar. Nach Einschätzung Schurers wird es technisch unmöglich sein, den zusätzlichen Verkehr über die bestehende Bahnlinie zwischen Rosenheim und München abzuwickeln. Bereits jetzt fahren laut Schurer auf der Strecke täglich bis zu 350 Züge, die S-Bahnen eingerechnet. Schurer geht davon aus, dass der Verkehr in Rosenheim geteilt wird: Nur der Teil der Güterzüge, deren Fracht für München und den Süden bestimmt ist, sollen tatsächlich die Münchner Frachtbahnhöfe ansteuern. Der Rest würde auf einem sogenannten Ostkorridor über Mühldorf, Landshut, Regensburg und Thüringen bis zu den deutschen Seehäfen abgeleitet.

Deutlich wurde freilich, dass viele beunruhigt sind. Grund sind Festlegungen im Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans: Der sieht deutlich mehr Güterzüge auf der bestehenden Bahnstrecke durch den Landkreis Ebersberg vor. Auch ein weiteres Gleispaar zwischen Grafing-Bahnhof und Rosenheim ist vorgesehen. Schurer sagte, dies sei derzeit noch nicht mehr als eine "Denkfigur". Doch selbst wenn es nicht allzu viel zusätzliche Belastung durch den Tunnel gäbe - beim Lärmschutz muss, wie viele Besucher forderten, bald etwas passieren. Zwar gibt es ein neues Schallgutachten, doch nicht nur der Maßnahmenkatalog ist nach Einschätzung von Lokalpolitikern dürftig ausgefallen. Auch das Planungsbüro verärgert die Gemeindechefs: Termine am Abend würden ebenso verweigert wie eine Vorstellung im Gemeinderat.

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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