Ottenhofener Schloss:"Da ist nichts mehr erhaltenswert"

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Selbst die Ottenhofener Heimatforscher hängen nicht an den Resten des Schlosses, das hinter Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) zu erkennen ist. (Foto: Renate Schmidt)

Bürgermeisterin Nicole Schley will die Reste des Schlosses von der Denkmalliste streichen lassen. Ein schwieriger Plan

Von Florian Tempel

Ottenhofen, das war einmal ein großes Schloss und sonst nur wenig. Das hat sich gewaltig geändert. Vom einstigen Schloss, das die Gemeinde 1954 erwarb und größtenteils abbrechen ließ, ist nur noch ein kleines Stück übrig - und das ist in einem erbärmlichen Zustand. Soll man es sanieren oder wegreißen? Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) hat dazu klare Antworten.

SZ: Wie viele historische Gebäude gibt es denn in Ottenhofen?

Nicole Schley: Eigentlich nur eines. Das ist der Tee-Pavillon, der zum Schloss gehörte. Er ist in Privatbesitz und in den vergangenen Jahren sehr umfangreich renoviert und saniert worden.

Ein toller Rokoko-Pavillon, mit wunderbarem Stuck und Malereien, ein außergewöhnliches Gebäude.

Der ist wirklich toll. Aber das, über was wir hier als Schloss reden, betrachtet der Rest der Gemeinde nicht als Denkmal oder schutzwürdig.

Was heute noch steht, ist der letzte Teil des einstigen, sehr viel größeren Schlosses. Es ist das letzte Überbleibsel nach mehreren Amputationen.

Es ist ungefähr so groß wie ein Dreispänner. Etwa 22 Meter mal zwölf Meter. Direkt nebendran ist in den sechziger Jahren ein Wohnhaus gebaut worden, fassadengleich, damit das Bild erhalten bleibt. Aber es hat mit dem historischen Gebäude überhaupt nichts zu tun.

Experten sagen, das Anfang des 18. Jahrhunderts gebaute Gebäude ist durchaus wertvoll. Es hat einen originalen barocken Dachstuhl, einen gemauerten Gewölbekeller, es gibt alte Böden und ein paar Malereien auf Putz.

Es ist eigentlich nur eine Malerei erhalten, etwa zwanzig mal dreißig Zentimeter groß. Der Gutachter, den wir beauftragt hatten, hat festgestellt, dass man nicht feststellen kann, aus welcher Zeit diese Malerei ist. Sie könnte aus dem 18. Jahrhundert stammen, aber auch aus den 1960er Jahren.

Auf alle Fälle steht das Gebäude aber unter Denkmalschutz.

Aus welchen Gründen auch immer.

Kommt es Ihnen so vor, dass der Denkmalschutzstatus hier völlig überbewertet und der alte Schlosstrakt im Endeffekt nur ein alter Kasten ist?

Ein ganz klares Ja. Und das sehe nicht nur ich so, das sieht die ganze Gemeinde so und auch der in dieser Gemeinde gewählte Gemeinderat. Selbst unsere Heimatforscher sagen, dass das nicht erhaltenswert ist. Wir sehen es in Ottenhofen einhellig so, dass das Reste des Schlosses sind, aber dass nichts mehr davon erhaltenswert ist. Wir haben im Gegenteil sehr große Mühe, den Kasten überhaupt noch am Stehen zu halten.

Die Ostwand wird seit 15 Jahren abgestützt.

Mit einer sehr hässlichen Stahl- und Holzkonstruktion, damit sie uns nicht wegkracht. Wir tun das natürlich auch, weil wir das tun müssen. Wir haben ja als Gemeinde die Verpflichtung, Denkmale zu erhalten. Dem kommen wir auch nach. Aber was das Schlimmste daran ist: Wir haben überhaupt keinen Nutzen davon. Wir haben nur Mühen, Kosten und einen Schandfleck in Ottenhofen. Und zwar an einer Stelle, die bei uns die Ortsmitte ist.

Der von Ihnen angesprochene Gutachter, der Isener Architekt Udo Rieger, hält eine Sanierung keineswegs für unmöglich. Man könnte den Schlosstrakt wieder herstellen, und Rieger ist der Meinung, dass es danach sehr schön dastehen würde.

Natürlich, aber das könnte man auch mit einem Neubau machen. Man könnte einen Neubau fassadengleich bauen, in Anlehnung und zum Gedenken an das ehemalige Schloss. Aber natürlich kann ich auch drei Millionen in einen Bau stecken, bei dem ich dann nach wie vor keinen Nutzen habe. Ich muss doch eine Kosten-Nutzen-Rechnung machen, das gehört auch dazu. Schließlich stehe ich ja auch für die Finanzen unserer Gemeinde gerade.

Aber ist es nicht schrecklich schade, dass jetzt der letzte Rest des ehemaligen Schlosses - mal abgesehen von dem Pavillon - weggerissen werden soll? Ein Abriss ist ein unwiederbringlicher Verlust, weg ist weg.

Dazu haben wir auch Angebote gemacht. Zum Beispiel, dass man die Teile, die erhaltenswert sind, wie eine Kassettendecke, die ich auch sehr hübsch finde, in den Neubau integrieren kann.

Also ein paar alte Teile ausbauen und wieder einbauen?

Genau. Oder auch die Malerei, von der man nicht bestimmen kann, aus welcher Zeit die ist. Dass man die samt dem Stein dahinter herausnimmt und erhält, hinter einem Glasfenster im Neubau.

Was soll denn anstelle des alten Schlossteils hin?

Wir haben ein ganz klares Konzept. Wir möchten Wohnungen bauen, denn das ist das, was uns in Ottenhofen fehlt. Wir stellen uns ein Mehrgenerationenhaus vor. Wir wollen seniorengerechte Wohnungen, möchten jedoch auch, dass dort auch junge Bewohner einziehen, die in Ottenhofen bleiben wollen. Wir wollen einen ganz klaren Nutzen haben, an dieser Stelle, im Ortskern. Und dass zu den Wohnungen noch eine Arztpraxis dazukommt, ein Café oder eine Art Begegnungsstätte und ein kleines Bürgerbüro.

Was würde eine Renovierung kosten?

Die Schätzung von 2006 lag bei 2,2 Millionen Euro. Man kann davon ausgehen, dass das heute annähernd noch mal eine Million mehr ist - Kosten, die niemals wieder reinkommen können.

Gibt es denn keine Zuschüsse?

Doch, es gibt Zuschüsse über das Landesamt für Denkmalpflege. Da konnte mir aber bisher noch keiner sagen, wie viel. Es war die Rede von zehn bis dreißig Prozent. Das ist bei so einer Summe aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir können eine Renovierung nicht stemmen. Von den Gemeinden wird erwartet, dass sie Denkmäler erhalten. Das Gesetz sagt, die Gemeinde ist dazu verpflichtet. Aber die Realität ist doch so: Wenn die Gemeinde kein Geld hat, wird gar nichts passieren. Dann gammelt der Kasten vor sich hin, bis er irgendwann einbricht.

Was werden Sie tun?

Ich bemühe mich noch mal um Gespräche mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Landrat Bayerstorfer. Der Gemeinderat möchte, dass wir das runterbringen von der Liste der denkmalgeschützten Gebäude. Ein Vorgänger der heute entscheidenden Frau im Landesamt hatte das schon 1977 so gesagt: Hier ist nichts erhaltenswert, ich helfe euch, das Ding von der Liste runter zu kriegen. An dem Punkt möchten wir noch einmal ansetzen. Denn seit 1977 ist nichts besser geworden, sondern eher schlimmer.

Der Gemeinderat hat bereits einen Abrissantrag gestellt.

Unser erster Termin mit den Behörden war eher ernüchternd. Die geben unserem Abrissantrag keine Chance. Wir haben uns im Moment darauf verständigt, dass wir das erst mal ruhen lassen, damit keiner dem anderen Vorwürfe macht, weil nichts getan wird. In der Zwischenzeit haben wir uns einen Rechtsbeistand geholt, der uns im weiteren Vorgehen unterstützen soll, das Gebäude von der Denkmalliste streichen zu lassen.

Und wie geht das?

Das werden wir jetzt herausbekommen. Es gibt Beispiele in Bayern, wo das gelungen ist.

Kann nicht auch das Landratsamt dem Abrissantrag stattgeben, auch wenn das Gebäude nicht von der Denkmalliste gestrichen wird?

Das kann ich im Moment nicht beantworten. Im Prinzip ist es eine Person im Landesamt und eine im Landratsamt, die über unseren Antrag entscheiden. Wer sagt denn, dass die Recht haben? Mehr Recht als 13 Gemeinderatsmitglieder, hinter denen einen ganze Gemeinde steht, und von denen man eigentlich annehmen müsste, dass sie besser wissen, was für ihren Ort gut ist? Wir werden gegebenenfalls auf dem Klageweg herausfinden, wer hier Recht hat.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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