Stadtentwicklung:Mut zur Veränderung

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Erdings Altstadt ist schön - und bei Events auch immer ziemlich voll. Wie hier im Bild bei Fischers Fröhlichem Tag, vom Riesenrad aus gesehen. (Foto: Renate Schmidt)

Beim Wirtschaftsempfang der Stadt Erding geht es um die Zukunft der Innenstadt. Erste Ergebnisse einer Bürgerbefragung werden präsentiert. Und es zeigt sich: Mehr Grün und weniger Parkplätze, das wird schwierig.

Von Regina Bluhme, Erding

Wie bleibt die Altstadt attraktiv angesichts von Online-Konkurrenz und Klimawandel? Antworten dazu will Erding auch mithilfe des "Masterplans Innenstadt" finden. Noch ist dieser Plan in der Entstehungsphase, doch erste Ergebnisse der Bürgerbefragung wurden am Montag beim Wirtschaftsempfang der Großen Kreisstadt vorgestellt. Bei der gut besuchten Veranstaltung war zu erfahren, dass die Erdinger und Erdingerinnen ihre Altstadt sehr schätzen, viele sich aber weniger Verkehr wünschen. Nur: Fast die Hälfte kommt laut Umfrage mit dem Auto ins Zentrum.

Im Auftrag des Stadtmarketings hatte die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) Ende vergangenen Jahres eine Bürgerbefragung ausgeführt. Circa 1500 Rückmeldungen konnten laut GMA-Bereichsleiterin Gabriele Ostertag ausgewertet werden, "ein sehr guter Rücklauf".

Ruth Vollmar, Amtsleiterin für Wirtschaft der Stadt Bamberg, war zugeschaltet, unten (von links) Ardeo-Vorsitzender Leopold Gruber, GMA-Projektleiter Gino Maier und Andreas Maier, Leiter der Wirtschaftsförderung Sonthofen. (Foto: Renate Schmidt)
Gabriele Ostertag, Bereichsleiterin bei der GMA, stellte die ersten Analyseergebnisse der Bürgerbefragung vor. (Foto: Renate Schmidt)

Bei der Frage, was an Erdings Innenstadt ganz allgemein besonders gut gefällt, nannte die Mehrheit "Schöne Atmosphäre, Flair", gefolgt von "Schönes Stadtbild, gepflegte Fassaden". Auf Platz drei landete "Gutes Gastronomieangebot". Und was gefällt überhaupt nicht? Mit großem Abstand auf Platz eins landete die Aussage: "Zu viel Verkehr, keine Fußgängerzone". Dann folgte: "Parkplatzsituation, -kosten".

Einkaufen ist laut der Umfrage immer noch der wichtigste Anlass für den Besuch der Innenstadt. Bei der Frage, mit welchem Verkehrsmittel die Erdinger in die Innenstadt kommen, ergab sich Folgendes: 48 Prozent nutzen das Auto, 26 Prozent kommen zu Fuß, 22 Prozent mit dem Rad und nur drei Prozent fahren mit dem Bus ins Zentrum, jeweils ein Prozent verteilt sich auf Bahn und Motorrad.

Grundsätzlich, so Gabriele Ostertag, sei Erdings Innenstadt gut aufgestellt. Die Altstadt habe zudem "einen super Branchenmix", wobei das Gewandhaus Gruber "ein absoluter Motor" sei. Die Mischung macht's, betonte sie. Beim Thema Barrierefreiheit gebe es freilich noch "Entwicklungspotenzial".

Und dennoch: "Die Innenstädte sind unter Druck". Mit diesem Satz begann im Anschluss Gino Maier, GMA-Projektleiter für Erding, die Moderation. Auf dem Podium: Andreas Maier, Leiter der Wirtschaftsförderung Sonthofen und stellvertretender Landesbeauftragter der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland, und Leopold Gruber, Vorsitzender der Erdinger Händlergemeinschaft Ardeo, sowie auf großer Leinwand zugeschaltet Ruth Vollmar, Amtsleiterin für Wirtschaft der Stadt Bamberg.

"Lust- und Spontankäufe" gingen gerade zurück

Ja, die Innenstädte stehen unter Druck, bestätigte Andreas Maier: Bayernweit herrsche eine gewisse Kaufzurückhaltung, "die Leute gehen weniger essen", "Lust- und Spontankäufe" gingen gerade zurück. Dazu komme der Fachkräftemangel, der sich in veränderten Öffnungszeiten niederschlage. Zudem seien viele Innenstädte in den vergangenen 50 Jahren "zubetoniert" worden. "Die nächsten 50 Jahre reißen wir die Straßen und Plätze wieder auf", ist er überzeugt. Schon allein, "weil wir viel mehr schattige Flecken brauchen". "Mut zur Veränderung" sei notwendig.

Nicht jede Veränderung stößt auf Zustimmung. Das ist in Erding an der Friedrich-Fischer-Straße zu spüren. Dort ist im Zuge einer Neugestaltung gerade eine Debatte über den Wegfall von mehreren Parkplätzen entbrannt. Leopold Gruber sieht den Wegfall von Parkraum generell kritisch: "Die Leute wollen mit dem Auto in die Stadt fahren", die Innenstadt müsse besucherfreundlich bleiben - zum Beispiel auch mit dem Bau eines neuen Parkhauses. Grundsätzlich jedoch, so Gruber, sei Erding eine wunderschöne Stadt, in der in den vergangenen 30 Jahren unglaublich viel richtig gemacht wurde. Auch wenn zum Beispiel das Gewerbegebiet West deutlich zu spüren gewesen sei.

Von April an soll es Workshops für Schüler und Senioren geben

Wie Erding hat auch Sonthofen einen Masterplan für die Altstadt ins Visier genommen. Zentraler Punkt dabei, so Andreas Maier, sei eine breite Beteiligung. Bamberg wiederum setzte auf das Projekt einer "Visitor Journey": Dabei werden alle Kontaktpunkte der Besucher mit der Innenstadt aufgezeigt und dafür gezielt Maßnahmen entwickelt. Für kurzfristige Projekte steht ein Verfügungsfonds bereit. Als Beispiel nannte Ruth Vollmar einen großen Bamberg-Schriftzug, der als Fotomotiv vom ersten Tag an sehr beliebt war.

Gino Maier kündigte an, dass es von April an eigene Ideen-Workshops für Schüler, Senioren, Gewerbetreibende und Familien geben werde. Darüber hinaus seien "Expertenpanels" geplant, die sich mit der Zukunft der Erdinger Innenstadt beschäftigen werden.

Das Angebot einer breiten Bürgerbeteiligung sollte auch angenommen werden

Zuvor hatte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) darauf verwiesen, dass der Landkreis Erding ein "unglaublich starker Wirtschaftsraum" sei. Wichtig für die Wirtschaft sei eine Verwaltungsvereinfachung, hier müssten auch die Kommunen vorangehen. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) betonte, wie wichtig eine umfassende Bürgerbeteiligung für die künftige Gestaltung der Innenstadt sei - verbunden mit der Bitte, dieses Angebot auch anzunehmen. Der Wirtschaftsempfang sei eine gute Gelegenheit, sich zu bestärken und ins Gespräch zu kommen, so Gotz. Und was das Parken angehe, sagte Gotz mit einem kurzem Schlenker zu Leopold Gruber: In der kommenden Stadtratssitzung werde wohl auch über ein Parkhaus gesprochen.

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