Landkreis Erding:Hybride Sitzungen, nein danke

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Obligatorisch einmal im Monat treten alle 40 Stadträtinnen und Stadträte sowie der Oberbürgermeister und Verwaltungsspitzen öffentlich zusammen. Unter dem Eindruck von Corona wurden die Sitzungen in die geräumigeren Säle des Veranstaltungsforums verlegt. Je nach Bedarf werden die Stadtratssitzungen vorbereitet von zusätzlichen öffentlich tagenden Fachausschüssen sowie internen Zusammenkünften der Fraktionen. (Foto: Stefan Salger)

Seit März 2021 ist die Teilnahme an kommunalen Sitzungen über das Internet durch die bayerische Gemeindeordnung erlaubt. Ermöglicht wird dies im Landkreis aber nirgendwo. Sehr restriktiv wird auch die Erlaubnis für Foto- und Filmaufnahmen gehandhabt .

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Seit März 2021 erlaubt die bayerische Gemeindeordnung (Artikel 47a) sogenannte Hybridsitzungen. In ihren eigenen Geschäftsordnungen können es Kommunen seitdem erlauben, dass Gemeinde-, Stadt- oder Kreisräte die Sitzungen online verfolgen, ohne im Saal anwesend sein zu müssen. Der Stadtrat in Fürstenfeldbruck hat während der Corona-Pandemie Ende 2021 drei dieser Sitzungen durchgeführt. Bis heute gibt es für Zuschauer die Möglichkeit, sich die Liveübertragungen anzusehen oder die über die städtische Homepage verlinkte Aufzeichnung zwei Wochen lang abzurufen. Im Landkreis Erding hat indes keine Gemeinde von dieser Möglichkeit bisher Gebrauch gemacht. Sehr restriktiv wird auch im Landkreis die Erlaubnis für Foto- oder Filmaufnahmen in den Gremien gehandhabt. In der Regel geht das nur mit Genehmigung oder ist gleich ganz ausgeschlossen.

Der Dorfener Verwaltung verweist auf mögliche Probleme beim Datenschutz

Der Dorfener Stadtrat war sich im Juli 2021 einig: "Der Stadtrat lehnt die Einführung von Hybridsitzungen ab", wie Pressesprecherin Gudrun Gersbach mitteilt. 22 Stadträte waren für die Ablehnung, keiner dagegen. Fotos und/oder Filmaufnahmen sind in den Stadtratssitzungen laut Gersbach ebenfalls nicht erlaubt. Und bei der Hybrid-Lösung schloss man sich dem Fazit der Verwaltung in der Sitzungsvorlage an: Bei Hybridsitzungen könnten erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten auftreten, die im Zweifel zu unwirksamen oder nichtigen Beschlüssen führen würden. Zudem sieht die Verwaltung auch Probleme in den Bereichen Datenschutz und Datensicherheit sowie bei der Vertraulichkeit der Sitzung. Die Schaffung der technischen Voraussetzungen in der Aula würden zudem zu relativ hohen Kosten führen, die bei einer Rückkehr in den Sitzungssaal des Rathauses zum Teil erneut anfallen würden, hieß es im Juli 2021.

Auch in der Stadt Erding machte der Stadtrat bisher keinen Gebrauch von der Änderung, wie Pressesprecher Christian Wanninger schreibt. Die Probleme der Corona-Pandemie habe der Stadtrat durch den zeitweiligen Umzug in die Stadthalle gelöst, wo es sowohl möglich gewesen sei, die geforderten Abstände unter den Stadträten als auch eine Bürgerbeteiligung zu gewährleisten. Die Live-Übertragung der Sitzungen wurde zu Beginn der Sitzungsperiode anlässlich der Geschäftsordnungsdebatte zwar laut Wanninger diskutiert, aber nicht beschlossen.

Im Kreistag sind Aufnahmen nur erlaubt, soweit die "Ordnung nicht gestört wird"

In der Geschäftsordnung des Kreistages, die am Anfang der Wahlperiode beschlossen wurde, heißt es: "Aufnahmen in Ton oder Bild sind Vertretern der Medien nach vorheriger Zustimmung des Vorsitzenden und des Kreistags nur erlaubt, soweit dadurch die Ordnung nicht gestört wird". Allerdings kann das Recht beschränkt werden. Und auch Sitzungsteilnehmer können verlangen, dass während ihres Redebeitrags Aufnahmen unterbleiben. Zuhörern ist es nicht erlaubt, Aufnahmen zu fertigen, wie Pressesprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer mitteilt.

Auch in der Verwaltungsgemeinschaft Wartenberg wird das Thema "restriktiv gehandhabt", wie der Geschäftsleiter Werner Christofori sagt. Ton- und Bildaufnahmen jeder Art bedürften der Zustimmung des oder der Vorsitzenden und des Gemeinderats. Sie sind auf Verlangen eines einzelnen Mitglieds hinsichtlich seiner Person zu unterlassen. Ton- und Bildaufnahmen von Gemeindebediensteten und sonstigen Sitzungsteilnehmern sind ebenfalls nur mit deren Einwilligung zulässig. Grundlage dafür ist die vom Gemeinderat erlassene Geschäftsordnung. Die Ton-Bild-Übertragung von Sitzungen sei bisher abgelehnt worden und es gebe keine Bestrebungen, dies einzuführen.

In Taufkirchen hat man sich mit dem Thema noch gar nicht befasst

Die Gemeinde Taufkirchen hält sich wie die anderen Kommunen in seiner Geschäftsordnung an die allgemeine Regelung, teilt Geschäftsleiter Martin Bauer mit. Ton- und Bildaufnahmen jeder Art bedürfen wie in Wartenberg der Genehmigung. Generell sind Fotos oder Filmaufnahmen in öffentlicher Sitzung nicht erlaubt. Es gebe aber eine Ausnahme: die Pressefreiheit. Hybridsitzungen habe der Gemeinderat mehrheitlich im April 2021 abgelehnt. Mit dem Thema Live-Übertragung habe man sich bis dato nicht befasst. Aus der Gemeinde Oberding war die Antwort kurz: "Ton und Filmaufnahmen sind in den Gemeinderatssitzungen nicht erlaubt", wie Bürgermeister Bernhard Mücke schreibt.

Bild- und Tonaufnahmen werden oft aus mehreren Gründen in kommunalen Gremien - anders als zum Beispiel im Bundestag - nicht gestattet, vor allem weil in einem Gemeinderat keine Berufspolitiker sitzen. Im Gemeinderat könnten Mitglieder von Aufnahmen eher eingeschüchtert sein und wegen dieser Hemmung möglicherweise eine Mitwirkung an der Unterredung unterlassen, wodurch eine unbelastete Abstimmung nicht möglich sei.

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