"Hospizinsel" in Waldkraiburg:Alternative zum Hospiz

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Weil in Erding eine neue Einrichtung für unheilbar Kranke entsteht, stehen die Chancen schlecht, dass der Nachbarlandkreis Ebersberg seine eigenen Pläne realisieren kann. Doch es gibt bereits eine neue Idee

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Unheilbar Kranke sollen auch im Nachbarlandkreis Ebersberg in ihren letzten Lebenswochen noch besser begleitet werden können. Der Vorschlag der dortigen CSU-Fraktion, sich um die Einrichtung eines Hospizes zu bemühen, ist im Sozialausschuss des Kreistags im Frühjahr fraktionsübergreifend begrüßt worden. Doch inzwischen ist klar: Damit wird es erst einmal nichts. Da in Erding ein Hospiz neu entsteht, wird eine weitere neue Einrichtung in der Region wohl nicht gefördert. Doch es könnte eine Alternativlösung geben: eine "Hospizinsel", wie sie seit Mai im östlichen Nachbarlandkreis Mühldorf erprobt wird.

Dass die Pläne für ein eigenes Ebersberger Hospiz nicht mehr sehr aussichtsreich sind, hat Christian Salberg vom Landratsamt Ebersberg im Oktober vom zuständigen Fachbereichsleiter der AOK Bayern erfahren: "Bei der Planung von stationären Hospizen wird in überregionalen Einzugsgebieten geplant, Landkreisgrenzen spielen hier keine Rolle." Und das Projekt in Erding ist schon recht weit gediehen, hier überlässt die Stadt ein Grundstück in Erbbaurecht einer Stiftung. Diese will das Haus mit zwölf Plätzen errichten. Die Erdinger Einrichtung wäre künftig diejenige, die dem Landkreis Ebersberg am nächsten wäre. Bisher gibt es nur zwei weitere stationäre Hospize, die von Ebersberg aus einigermaßen gut erreichbar sind: in Vilsbiburg im Landkreis Landshut und in Polling im Landkreis Weilheim-Schongau. So ganz aufgeben will Salberg trotz der Neuigkeiten den Gedanken an ein Ebersberger Hospiz aber noch nicht: "Wir wollen das in Abstimmung der Politik noch einmal hinterfragen und überprüfen."

Dennoch hat sich Salberg gemeinsam mit der Projektgruppe Hospiz bereits über mögliche Alternativen Gedanken gemacht. Und auf der Suche nach Ideen ist man in Mühldorf fündig geworden: Dort wurde im Mai eine sogenannte Hospizinsel an das Adalbert-Stifter-Seniorenwohnen in Waldkraiburg angekoppelt. Eine ehemalige Hausmeisterwohnung und zwei Apartments nebenan wurden in eine 168 Quadratmeter große Sieben-Zimmer-Wohnung umgebaut. Vier Schwerkranke können hier betreut werden, wie Josef Hell, Palliativarzt und Geschäftsführer des Hospizvereins im Landkreis Mühldorf, erläutert. "Wir verstehen uns als intermediäres Angebot", sagt er. Um die Gäste kümmern sich zwar weniger Pflegekräfte als in einem Hospiz, aber deutlich mehr als in einem Pflegeheim. Neben einem ambulanten Pflegedienst betreut zwischen 7.30 und 16 Uhr eine Palliativfachkraft die Patienten, von 8 bis 13 Uhr ist zusätzlich eine Fachkraft für die notwendige Koordination und organisatorische Aufgaben im Einsatz. Immer nachmittags kommt ein ehrenamtlicher Hospizbegleiter vorbei, der sich um die Kranken kümmert, aber auch die Angehörigen betreut. Eine Servicekraft greift später noch drei Stunden täglich ein.

Nachts ist laut Hell in der Regel keine Pflegekraft durchgehend in der Einrichtung, schaut aber zweimal routinemäßig vorbei und kann auch durch einen Notrufknopf alarmiert werden. Wenn sich allerdings eine Krise abzeichne, bekomme der Kranke eine 1:1-Betreuung, dann wache eine Fachkraft durchgehend am Bett. "In den ersten acht Monaten haben wir das aber nur in sechs Nächten gebraucht", sagt Hell. Auch er hätte vermutet, dass der Bedarf eigentlich häufiger vorhanden sein müsste.

Bisher wurden auf der Pflegeinsel 25 Menschen begleitet. Im Schnitt verbringen die Kranken laut Hell noch drei Wochen hier. Wobei - das unterscheidet die Insel nicht von einem Hospiz - manche der Gäste schon nach wenigen Tagen sterben, andere hingegen mehrere Monate in der Einrichtung verbringen. Das neue Angebot sei von Betroffenen wie Angehörigen sehr gut aufgenommen worden, sagt Hell: "Es ist sehr berührend, wie dankbar die Menschen sind." Das Konzept ist bisher einzigartig, doch derzeit nicht ohne weiteres überall anwendbar: Denn der Mühldorfer Hospizverein kann die Fachkräfte nur aufgrund einer sehr hohen Spende finanzieren. Daher ist die Laufzeit vorerst auf drei Jahre begrenzt. Es liefen aber bereits Verhandlungen mit dem Ministerium, um darauf hinzuwirken, dass es für diese Art der Versorgung eine Regelfinanzierung gebe, sagt Hell. Denn schließlich müsse man sich Gedanken machen, wie Menschen am Lebensende auch vor dem Hintergrund des Pflegekräftemangels gut betreut werden könnten.

Wie es im Landkreis Ebersberg weiter geht, wird sich nach Prognosen Salbergs in den nächsten Monaten zeigen: "Wir gehen nach heutigem Stand davon aus, dass die Politik bis Sommer 2019 eine Entscheidung treffen wird, ob das Konzept der Hospizinsel vorangetrieben oder das Vorhaben eines stationären Hospizes für den Landkreis Ebersberg noch einmal überprüft, gefordert oder eingestellt wird."

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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