Grafing:Rückkehr stärker fördern

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Chef des Vertriebenenbunds kritisiert Integrationspolitik

Von Johanna Feckl, Grafing

Der Tag der Heimat, den der bayerische Landesverband des Bundes der Vertriebenen am Sonntag in Grafing feierte, offenbart die Schwierigkeiten um das Verständnis des Begriffs Heimat. Der Landesvorsitzende Christian Knauer spricht sich auf der einen Seite deutlich für Hilfeleistungen der heute nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus. Genauso deutlich stellte er aber auch klar, dass die Heimat dieser Menschen trotz Integratationsversuchen immer woanders liegen wird und sie dorthin auch zurückkehren müssen.

Für Knauer ist der Tag der Heimat der Haupttermin im Veranstaltungskalender des Vereins. "Es ist ein würdiger Anlass, um 15 Millionen Heimatvertriebenen und rund zwei Millionen Menschen, die dabei verstorben sind, zu würdigen!" Er appelliert an seine Zuhörer in der Grafinger Stadthalle, dass der Tag der Heimat ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen sei. "Denken Sie etwa, dass es so einfach ist, die Wurzeln Ihrer Familie auszugraben und Hunderte von Kilometern weiter wieder einzugraben?" Die Alternative hierzu, nämlich die eigenen Wurzeln, die eigene Heimat, abschneiden und hinter sich lassen zu müssen, das sei zu viel verlangt.

Stattdessen sollte das Augenmerk auf dem Schutz der vielen Identifikationsmerkmale liegen - "Feste und Bräuche bedeuten Heimat!" Knauer meint damit den christlichen Glauben. "Das ist die Grundlage unserer europäischen Identität." Den Zusammenhang zwischen einer "großen" europäischen Identität und den "kleiner" zu denkenden Wurzeln der Heimat, von denen er zuvor sprach, klärte Knauer nicht.

Sodann kam er auf den Leitspruch der diesjährigen Veranstaltung zu sprechen: Identität schützen - Menschenrechte achten. In einem verteidigendem Tonfall möchte Knauer "keinen Zweifel aufkommen lassen, dass wir den heutigen Flüchtlingen helfen". Wer verstünde es schließlich besser, was es heißt, seine Heimat zu verlieren. Ja, mehr noch: "Die Flüchtenden heute haben es schwerer. Sie kommen nicht als Deutsche zu Deutschen."Aller Solidarität zum Trotz: "Es kann nicht sein, dass wir nicht mehr von Asyl, sondern nur noch von Integration sprechen." Die Vertriebenen von damals, sie alle haben immer zurückkehren wollen, zurück in ihre Heimat. Das dürfe man auch von den Menschen erwarten, die heute zu uns kommen, "dass sie zurückkehren und ihr Land aufbauen". Knauer warnt, dass wir ansonsten "den Menschen, die wirklich in Not sind, nicht mehr helfen können".

Währenddessen zeigte sich Grafings Oberbürgermeisterin Angelika Obermayr (Die Grünen) "erschüttert" darüber, dass viele der in den 1940er Jahren Vertriebenen bis heute nicht fühlen, in der neuen Heimat jemals wirklich angekommen zu sein. "Ich frage mich, woran das liegt." Sie vermutet den Grund dafür bei der Angst, die neue Heimat irgendwann wieder verlassen zu müssen, die neue Heimat genauso wie die alte zu verlieren.

Schirmherr der Veranstaltung und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) beendet seine Grußworte mit einem Zitat des Lyrikers Georg von Oertzen: "Wir sichern uns die Heimat nicht durch den Ort, wo, sondern durch die Art, wie wir leben." Eigentlich sollte das auch ein Anliegen des BdV sein. Fraglich bleibt allerdings, ob das gelingen kann, wenn das Augenmerk weniger auf Integration liegt, sondern mehr darauf, "die Gesetze sauber anzuwenden", wie Knauer ermahnt.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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