Amtsgericht Erding:Freiheitsstrafe für Geldwäscher

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Verhandelt wurde wegen Geldwäsche im Sitzungssaal 3 des Amtsgericht Erding. (Foto: Stephan Görlich)

Angeklagter bekam Geld, das andere durch Trickbetrügereien und vorgetäuschte Liebesbeziehungen ergaunert hatten, auf sein Konto und kauft damit ein. Laut Amtsrichter Wassermann ein "Paradebeispiel" für gewerbsmäßige Geldwäsche.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wegen gewerbsmäßiger Geldwäsche in vier Fällen ist am Amtsgericht Erding ein 27-jähriger Angeklagter zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Da es seine erster Verurteilung ist, wurde sie auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte hatte über mehrere Monate Geld auf sein Konto überwiesen bekommen, mit dem Auftrag, dafür Geräte wie Laptops und Handys zu kaufen und diese dann nach Nigeria, seinem Heimatland, zu schicken. Das Geld hatten Hintermänner unter anderem durch Trickbetrug oder Vortäuschen einer Liebesbeziehung ergaunert. Für den Pflichtverteidiger war der Fall im "Grenzbereich zwischen Leichtfertig- und Gewerbsmäßigkeit" bei seinem Mandanten angesiedelt. Amtsrichter Andreas Wasser sah hingegen ein "Paradebeispiel" für gewerbsmäßige Geldwäsche.

Lange Zeit beteuerte der Angeklagte, dass er sich nichts weiteres gedacht habe, als man ihn angesprochen habe, ob er nicht auf Flohmärkten oder im Internet günstig Sachen einkaufen wollte. Darunter neben Laptops auch mal gebrauchte Autoreifen. Da er zurzeit in die Schule gehe und keine Arbeitserlaubnis habe, habe er zugestimmt, ehe ihm langweilig würde. Er habe Zeit gehabt und auch was Gutes für seine Landsleute tun wollen, wenn er die günstig erworbenen Sachen anschließend nach Nigeria schickte, sagte sein Anwalt.

Auf Nachfrage von Amtsrichter Wassermann, ob er alles gratis gemacht habe, räumte der 27-Jährige zunächst nur einen Lohn von 100 bis 200 Euro ein, die er sich von den überwiesenen Geldbeträgen abzweigen durfte - auch für Versand- und Fahrtkosten. Dann waren es fünf Prozent vom Verkaufspreis, der in Nigeria erzielt worden sei. Auf mehrmaligen Nachfragen des Richters gab der Angeklagte auch zu, dass er manchmal auf den tatsächlichen Verkaufspreis aufgerundet habe, also zum Beispiel bei 860 Euro auf 900. Die Differenz habe er behalten. Was Wassermann als "Flunkern beim Auftraggeber" bezeichnete. Als dann der Strafbefehl gekommen sei, ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung, sei er fassungslos gewesen.

Bei vier Mal 40 Euro könne man nicht von "Einnahmen in nicht unerheblicher Höhe" sprechen

Dass er sich doch ein wenig Geld abgezweigt habe, war auch für den Pflichtverteidiger neu. Aber es beweise, dass es sich eben nicht um einen fortlaufenden schweren Fall von Geldwäsche handle, wie die Staatsanwaltschaft seinem Mandanten unterstelle. Bei vier Mal 40 Euro könne man nicht von "Einnahmen in nicht unerheblicher Höhe" sprechen. Ziehe man noch die 200 Euro dazu, komme man auf maximal 360 Euro. Auch, dass die Staatsanwaltschaft vom 27-Jährigen 15650 Euro als "Wertersatzeinziehung" fordert, sei nicht nachvollziehbar. Er habe ja das Geld nicht für sich genommen, sondern für Käufe. Wenn, dann könne man höchstens die 360 Euro vom Angeklagten zurückfordern.

Richter Wassermann schränkte jedoch ein, das möge alles sein, wenn man keine Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Angeklagten habe. Doch alleine die Ein- und Auszahlungen auf dem Girokonto des 27-Jährigen ließen daran zweifeln. Diverse Mal wurden auf das Konto von Privatpersonen Summen zwischen 2000, 3000, 3500 und 7150 Euro überwiesen. Insgesamt 15650 Euro. Im Gegenzug wurden zahlreiche Bargeldbeträge ausgezahlt. Häufig 1000 Euro, auch mal nur 480 oder einmal 4500 Euro. An manchen Tagen sogar mehrmals und das an Geldautomaten in Dorfen, wo der Angeklagte wohnt, aber auch in Erding und München. Wassermann riet dem Angeklagten und dessen Pflichtverteidiger besser den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen. Denn wenn er im Laufe der Verhandlung zur Überzeugung komme, dass es sich, wie die Staatsanwaltschaft behaupte, um schweren gewerbsmäßige Geldwäsche handelt, "dann kracht es".

Eine vollständige Beweisaufnahme mit fünf Zeugen hätte das Verfahren sehr verlängert

Was folgte war ein längeres Gespräch des Anwalts mit dem 27-Jährigen. Dem schloss sich ein Rechtsgespräch zwischen Anwalt, Staatsanwalt und Richter an. Worauf der Staatsanwaltschaft Rücksprache hielt, ob seine vorgesetzte Stelle das im Rechtsgespräch erzielte Übereinkommen mittrage. Und nachdem dies erfolgt war, gab es erneut ein Gespräch zwischen dem Angeklagte und seinem Pflichtverteidiger. In der Zwischenzeit richteten sich Staatsanwaltschaft und Amtsrichter Wassermann schon darauf ein, doch noch mit er eigentlichen Beweisaufnahme mit den fünf geladenen Zeugen zu beginnen. Das hätte die Verhandlung wohl extrem verlängert und sogar eine Fortsetzung an einem anderen Tag bedeutet.

Der Anwalt erklärte aber, dass sein Mandant den Einspruch auf das Strafmaß beschränke, womit der Schuldspruch rechtskräftig wurde. Die Staatsanwaltschaft blieb bei der Forderung nach einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Der Verteidiger verwies auf einen ähnlich gelagerten Fall, indem nur eine Geldstrafe verhängt worden sei. Eine Freiheitsstrafe würde bei seinem Mandanten zu einer "Stigmatisierung" führen, wenn es um sein Aufenthaltsrecht gehe. Wassermann verhängte zehn Monaten, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Mit der Rücknahme habe ein langwieriges Verfahren alle erspart.

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