Wirtshaussterben:Erst der Weißbräu, nun die Post

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Innerhalb eines Jahres wird die zweite Traditionsgaststätte in Taufkirchen geschlossen. Aus dem Gasthaus soll eine Jugendhilfeeinrichtung zur Unterbringung von unbegleiteten Flüchtlingen werden

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Am Freitag, 22. Mai, wird der Gasthof zur Post die Gastronomie einstellen. Das Gebäude wird dann in eine Unterkunft für Asylbewerber umgebaut. Nach dem Weißbräu, der bereits im Mai 2014 geschlossen wurde, ist das das zweite Traditionswirtshaus in Taufkirchen, das innerhalb eines Jahres geschlossen wird.

Früher ging man in Taufkirchen zum Scherer, Finauer oder Germaier - das waren die Namen von Wirtsfamilien, die einen guten Klang hatten. Dort traf sich nicht nur am Abend der Stammtisch, sondern auch die Schützen und Fußballer ließen dort bei einer Halben Bier das Training ausklingen. Sonntags ging man mit der ganzen Familie hin, weil die Wirtin so gute Knödel und Kartoffelsalat machte, und natürlich fanden in den Sälen der Wirtschaften auch große Veranstaltungen statt. Lang ist es her. Nach dem Weißbräu, der im Mai vergangenen Jahres geschlossen wurde, ist nun der zweite Traditionsbetrieb dran: Der Gasthof zur Post wird ebenfalls aufgegeben und in eine Unterkunft für Asylbewerber umgebaut.

Die Post hat in Taufkirchen eine lange Tradition. In den 1950er und 1960er Jahren fanden "beim Scherer" große Faschingsbälle statt, auch die Wirtsstube war meistens voll. In den 1970ern wurde aus dem Saal die Diskothek "Butterfly", die am 31. Mai 1981 abbrannte. Nur die Außenmauern blieben noch stehen. Nach dem Wiederaufbau mit einem schönen Biergarten schien es so, als könnte sich die Post dauerhaft halten. Erst vor sechs Jahren wurde das Gebäude um einen Wintergarten erweitert, der für Familienfeiern oder Veranstaltungen gerne gebucht wurde.

Umso überraschender kam nun das Aus: Die Inhaberin Andrea Laab beantragte bei der Gemeinde eine Nutzungsänderung: Aus dem Gasthaus soll eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung zur Unterbringung von unbegleiteten Flüchtlingen werden. Das Gebäude soll in vier Nutzungseinheiten aufgeteilt werden. Im Erdgeschoss ist ein allgemeiner Aufenthaltsraum vorgesehen, ein Raum für Schulungen, ein Büro und die Küche. Im Obergeschoss werden die bisherigen Hotelzimmer als Wohnbereich mit sieben bis acht Doppel- sowie zwei bis drei Einzelzimmern und einem Zimmer für das Nachtpersonal genutzt. Das Dachgeschoss wird in zwei Nutzungseinheiten unterteilt. Ausgelegt ist das Gebäude für 30 Menschen. Inhaberin Laab begründet ihre Entscheidung mit "rein privaten Gründen". Der Wirt sei schwer erkrankt, alleine könne und wolle sie das Gasthaus nicht weiterführen. Aber am Unsatz habe es nicht gelegen.

In der Bauausschusssitzung, in der das Thema behandelt wurde, sprach sich als einziger Gemeinderat Martin Huber (REP) gegen die Umwidmung aus. Nicht weil er etwas gegen Flüchtlinge habe, wie er ausdrücklich betonte, sondern weil er es schade finde, dass immer mehr bayerische Wirtschaften zusperren würden. Noch dazu befinde sich die Post in Taufkirchen in einer exponierten Lage und sei ortsbildprägend. Wenn man den Ortskern beleben wolle, dann müsse man auch die Wirtshäuser im Zentrum erhalten. Huber ist der Auffassung, dass die Gastronomie unter dem Rauchverbot leide. Die Gäste seien in die Vereinsheime abgewandert, wo das Rauchverbot nicht gelte, und damit sei ein "Stück Kultur" verloren gegangen.

Auch der Weißbräu in der Erdinger Straße, ebenfalls eine ortsbildprägende Institution, wird wohl nicht mehr als Wirtshaus genutzt werden. Seit einem Jahr steht das Gebäude leer; Eigentümer ist die Brauereigenossenschaft Taufkirchen, die momentan noch keine Pläne für den Traditionsbetrieb hat. "Ob wir es abreißen oder umbauen, wissen wir noch nicht", sagte Rudolf Maly, der Verkaufsleiter der Brauerei. "Aber auf keinen Fall wird es noch mal ein Wirtshaus." Das Problem beim Weißbräu sei der große Saal: "Der hat eine unheimlich hohe Kostenstruktur", insbesondere was die Heizkosten betreffe. Früher habe es dort noch viele Veranstaltungen gegeben, aber seit die Gemeinde den Bürgersaal gebaut habe, der "unheimlich günstig" zu mieten sei, habe der Weißbräu damit nicht mehr konkurrieren können. Natürlich spiele auch das Rauchverbot in der Gastronomie eine Rolle, sagte Maly, aber auch die traditionelle Wirtsfamilie, in der von der Oma bis zu den Kindern jeder mithelfe, gebe es heutzutage kaum noch.

Aber nicht zuletzt spielt wohl auch noch eine anderer Faktor eine wichtige Rolle: dass auch die Taufkirchener sich ihr Schnitzel oder den Schweinsbraten Zuhause braten und Pasta oder Poseidonteller bevorzugen, wenn sie essen gehen. Denn sowohl im La Barca in der Erdinger oder in der Taverna Plaka in der Dorfener Straße muss man über Gästemangel nicht klagen.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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