Freising/Moosburg:Das Hochgefühl nutzen

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Mit "Schlägerläufen" wirbt der SE Freising um Nachwuchs. Denn die Vereine müssen Jugendarbeit leisten, wenn sie in höheren Ligen melden wollen. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei den Eishockeyvereinen hofft man, ein wenig von der olympischen Begeisterung für diese Sportart profitieren zu können

Von Alexander Kappen, Freising/Moosburg

Als Stefan Eder am Montagvormittag über das olympische Eishockey-Finale redete, bekam er "gleich wieder eine Gänsehaut". Obwohl das deutsche Team gegen Russland den Sieg um 55,5 Sekunden verpasst und in der Verlängerung knapp mit 3:4 verloren hatte, schwärmte der Eishockey-Abteilungsleiter des SE Freising mit Blick auf die gewonnenen Silbermedaille: "Das war der Wahnsinn, damit hat keiner gerechnet." Diesen Überraschungserfolg des nicht zur engeren Weltspitze zählenden deutschen Teams, dessen Sportart hierzulande im Schatten des alles dominierenden Fußballs steht, verbindet der Freisinger Funktionär vorsichtig mit der Hoffnung, "dass das viele Kinder gesehen haben und jetzt sagen: das will ich auch".

Inwiefern die Eishockeyklubs an der Basis vom Erfolg des Nationalteams tatsächlich profitieren könnten, sei jedoch "ganz schwer vorherzusagen", sagt Eder. Auch beim Landkreisrivalen EV Moosburg gibt man sich eher zurückhaltend. Natürlich sei der famose Olympia-Auftritt der deutschen Mannschaft "etwas sehr Positives", sagt Pressesprecher Bastian Amann, "aber ich erwarte jetzt nicht den ganz großen Boom". Er glaube nicht, dass "auf einmal 30 oder 40 Leute vor der Tür stehen und mit dem Eishockey anfangen wollen".

Zwar hat der EV Moosburg nach dem letzten großen Coup der Nationalmannschaft, als diese bei der Heim-WM 2010 ins Halbfinale eingezogen war, schon mal einen Aufschwung erlebt. Aber da war die Situation auch eine andere. "Damals haben wir nach vielen Jahren des Wartens gerade unsere neue Halle bekommen - und da sind dann auch viele Spieler zum Beispiel aus Landshut gekommen, wo die Mitgliedsbeiträge viel höher sind als bei uns", erinnert sich der EVM-Pressesprecher. Welche Rolle seinerzeit der Erfolg bei der WM gespielt hat, ist daher nur schwer einzuschätzen. Ähnlich verhält es sich nun nach der olympischen Silbermedaille. Den ganz großen Ansturm erwarte er nicht, "aber jeder Einzelne, der kommt, ist wichtig", sagt Amann, dessen Verein derzeit alle Altersklassen im Nachwuchsbereich besetzen kann und dort ohnehin gut aufgestellt ist.

Bei den Black Bears des SE Freising dagegen gibt es nicht in allen Jahrgängen Teams. "Bei den Älteren haben wir ein paar Lücken", sagt Abteilungsleiter Eder. "Wir müssen immer kämpfen - auch weil die Dichte an Eishockey-Vereinen in der Umgebung so groß ist und wir uns teilweise gegenseitig die Leute wegnehmen." Vielleicht profitieren jetzt alle zusammen vom Erfolg des Nationalteams. Motivierend ist dieser für die Jugend auf jeden Fall. "Mein Sohn spielt auch Eishockey, und für die Buben ist es schon schön, wenn sie sehen, was man alles erreichen kann", sagt Eder.

Damit die Sportart, auch an der Basis, einen Aufschwung erlebt, sieht der SEF-Eishockey-Chef nun auch den Verband in der Pflicht. Dieser fordere von den kleinen Vereinen, Nachwuchs auszubilden und mache das zur Voraussetzung, um die Erste Mannschaft in höheren Ligen melden zu können: "Jetzt müsste man auch im Umkehrschluss sagen: Durch die Euphorie können und wollen wir beim Nachwuchs was bewegen und helfen den Vereinen dabei."

Das aktuelle Hochgefühl richtig zu kanalisieren und zu nutzen, dürfte eine große Herausforderung werden. Zumal das Saisonende vor der Tür steht, was sowohl Amann als auch Eder als Problem sehen. Die Aufbruchstimmung über die Sommerpause zu retten, so dass vielleicht auch zur neuen Eiszeit im Herbst noch der eine oder andere mit dem Sport beginnen wolle, sei nicht leicht. "Durch die große Medienpräsenz steht Eishockey gerade im Zentrum des Interesses, aber wer weiß, was ist, wenn es wieder von den TV-Bildschirmen verschwindet", sagt Stefan Eder. Für einen langfristigen Aufschwung, meint Bastian Amann, "reicht nur ein solcher Erfolg nicht aus", man müsse über Jahre das Niveau halten.

Aber ein Anfang ist gemacht, und was auch immer noch kommen mag, man kann als Eishockeyfunktionär und Fan des rasanten Spiels ja einfach mal den Augenblick genießen. Die deutschen Spieler, so Eder, "haben gezeigt, dass sie gutes Eishockey spielen können und nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen - sie sind die Olympiasieger der Herzen."

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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