Verkehr im Landkreis Erding:Kurz verirrt im Schilderwald

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Die Tankstelle an der Hauptstraße in Forstern wurde zum Ziel eines Raubüberfalls. (Foto: Renate Schmidt)

Weil sich immer wieder Autofahrer gegen ihre Blitzerbescheide beschweren, versetzt das Landratsamt eine Ortstafel in Forstern. Das hat ungeahnte Folgen für einige Anwohner, die plötzlich außerhalb der Ortschaft lebten. Nach einer Verkehrsschau wird das Schild erneut verrückt.

Von Regina Bluhme, Forstern

In Forstern hat das Landratsamt Erding im Juni das Ortsschild am nördlichen Eingang um circa 200 Meter Richtung Ortschaft verschoben. Keine gute Idee, wie sich schnell herausstellte. Nach heftigen Protesten von Anwohnern, die plötzlich außerhalb der Ortschaft lebten, legte die Behörde den Rückwärtsgang ein: Vor wenigen Tagen wurde das Schild wieder circa 100 Meter ortsauswärts gerückt - und ein Schildbürgerstreich verhindert.

Alles begann laut Bürgermeister Rainer Streu (Alte Wählergemeinschaft Forstern) mit mehreren Einsprüchen von Autofahrern, die vor dem Ortseingang geblitzt worden waren. Sie wehrten sich gegen die Bescheide und das führte zu der Frage: Steht das Ortsschild womöglich an einer Stelle, die bei einem Gerichtsverfahren den Blitzerbescheid anfechtbar machen könnte?

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Eine Verkehrsschau im Mai diesen Jahres kam zu dem Ergebnis, dass das Schild versetzt werden soll und zwar um etwa 240 Meter weiter in Richtung Ortschaft bis kurz vor das Eicher Museum. Damit, so hoffte das Landratsamt Erding, sei der Standort rechtlich unangreifbar.

"Vom Ergebnis dieser Überprüfung wurden nicht nur die Anwohner, sondern auch die Gemeindeverwaltung buchstäblich überrollt", erinnert sich Forsterns Bürgermeister Rainer Streu. Forstern sei davon ausgegangen, dass das Ortsschild weit weniger weit, nur um etwa 100 Meter bis zur Einmündung "Am Alten Brunnen" versetzt wird. Doch nun durfte auf der St 2331 bis kurz vor das Museum mit 100 km/h gefahren werden - auch an den Einmündungen der Straßen Am Alten Brunnen und Parkweg vorbei. Die Straßen befanden sich von heute auf morgen außerhalb der Ortschaft. Dort wohnen jedoch Familien mit Kindern, so Streu. Diese waren plötzlich mit mehr Lärm und vor allem mit 100 km/h vorbeirauschenden Autos konfrontiert.

Die Argumentation des Landratsamts für die Versetzung des Ortsschilds lautete nach der ersten Verkehrsschau: Ausschlaggebend für den Standort sei die geschlossene Bebauung. Diese war laut Verkehrsbehörde aber erst ab der Zufahrt zum Gebäude Hauptstraße 1d gegeben. Im Bereich Am Alten Brunnen und Parkweg seien keine Grundstücke direkt von der Staatsstraße erschlossen und somit keine geschlossene Bebauung.

Die Gemeinde schlägt beim Landratsamt Alarm - 120 Einwohner unterzeichnen eine Unterschriftenliste

Forstern schlug beim Landratsamt Alarm. Rainer Streu beantragte für den betroffenen Bereich eine vorübergehende Geschwindigkeitsreduzierung. Im Rathaus wurde eine Unterschriftenliste ausgelegt, auf der 120 unterschrieben. Die Unterschriftenliste musste Streu dann allerdings nicht mehr einreichen, denn im Juni veranlasste Landrat Martin Bayerstorfer eine erneute Verkehrsschau "nach zahlreichen Eingaben bezüglich der Versetzung der Ortstafel Forstern", wie die Pressestelle des Landratsamts am Mittwoch schreibt.

Erneut trafen sich Vertreter der Polizeiinspektion Erding und der Unteren Straßenverkehrsbehörde am Ortseingang von Forstern. Doch nun hatte sich "ein neuerlicher rechtlicher Spielraum" eröffnet, wie es in der Pressemitteilung weiter heißt. Zum einen werde jetzt eine mögliche spätere Bebauung südlich des Eicher Museums berücksichtigt. Spätestens wenn dort eine Bebauung stehe, müsse das Ortsschild erneut versetzt werden. Zum anderen bezieht sich die Behörde nun auf das Anwesen Unterstaudham. Dieses sei zwar im hinteren Bereich der Ortschaft angesiedelt, gleichwohl nur über eine Zufahrtsstraße direkt an die St2331 zu erreichen. Auch diese Tatsache, die bisher außer Acht gelassen worden sei, spreche für eine Versetzung der Ortstafel, schreibt das Landratsamt.

Noch mehr Schilder nötig? Keine Gute Idee, findet auch das Landratsamt Erding

Und dann ist da noch ein Punkt, der tatsächlich an einen Schildbürgerstreich erinnert: Aufgrund des im Mai beschlossenen Standorts müssten zusätzlich zwei weitere Ortstafeln aufgestellt werden, die den Autofahrern Am Alten Brunnen und am Parkweg signalisieren: Hier ist innerorts. Noch mehr Schilder? Keine Gute Idee. Das sieht auch das Landratsamt ein: "Unter der Maßgabe der übergeordneten Behörden, Verkehrszeichen zu verringern, stehen wir hier mit dem Anwuchs mit zwei weiteren Ortstafeln im Kontrast."

Seit wenigen Tagen ist die Ortstafel nun circa 100 Meter ortsauswärts gerückt - vor die Zufahrt nach Unterstaudham und gegenüber der Straße Am Alten Brunnen. Landrat Bayerstorfer verweist auf "eine verträgliche Lösung, die unserer Ansicht nach rechtlich vertretbar ist und den Bürgern der Ortschaft Forstern zugute kommt" und auch Bürgermeister Rainer Streu ist zufrieden mit dem neuen Standort. Eine Frage bleibt jedoch unbeantwortet: Warum stand das Ortsschild all die Jahre so weit außerhalb von Forstern? Das kann auch Bürgermeister Rainer Streu nicht beantworten: "Keiner weiß, wann und warum das jemals dort hingesetzt worden ist."

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