Flughafen:Shoppen auf Mandarin

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Chinesen zählen am Flughafen zur zahlungskräftigsten Kundschaft - für sie gibt es spezielle Einkaufshelferinnen

Von Birgit Grundner, Flughafen

Jiemin Siebel schlendert mit geübtem Blick durch das Terminal 2 am Flughafen München. Sie muss nicht lange suchen: An der Kasse des Duty Free Shops steht eine junge Chinesin und blickt fragend auf den Beleg in ihrer Hand. Sie war auf Geschäftsreise in Deutschland, hat noch schnell zwei Tage in Bayern angehängt, Schloss Nymphenburg und Neuschwanstein besichtigt. Und eigentlich wollte sie nur im Vorbeigehen noch einen Lippenstift und eine Gesichtscreme kaufen. Nur das mit der Mehrwertsteuer-Rückerstattung ist ihr schon noch etwas rätselhaft.

Jiemin Siebel steuert auf sie zu und erklärt schnell auf Mandarin, wie es funktioniert. Sie ist "Chinese Shopping Assistant", und die Sache mit der Mehrwertsteuer bei Kosmetik ist für sie eine Kleinigkeit. Sie hat schon mit ganz anderen Geschäften zu tun gehabt. Denn betuchte chinesische Touristen, von denen es offenkundig ziemlich viele gibt, decken sich vor dem Heimflug gerne mit Taschen, Lederwaren oder sonstigen Luxusartikeln namhafter Nobelmarken ein und lassen sich dabei von ihr begleiten. Ein Passagier zum Beispiel hat bei der Gelegenheit kurz entschlossen eine Uhr für eine fünfstellige Summe gekauft. "Wir hatten nur noch 20 Minuten Zeit", erinnert sich Jiemin Siebel. Über die Lautsprecher lief schon der Aufruf zum Boarding, da hat der Mann zugegriffen. "Das war so toll", erzählt Jiemin Siebel an einem Tag, an dem es noch nicht so gut gelaufen ist. Einmal war die Uhr doch zu teuer, ein andermal hat die Kreditkarte nicht genug hergegeben. Ein Geschäft ist noch nicht zustande gekommen.

Besonders ältere Chinesen nehmen die Hilfe der Shopping-Assistentinnen in Anspruch. Sie können in der Regel kein Englisch, geschweige denn Deutsch und wollen sich gerade bei teuren Anschaffungen nicht nur mit Händen und Füßen verständigen müssen. Aber auch junge Passagiere und solche mit Durchschnittsgeldbeutel freuen sich, wenn sie von Jiemin Siebel und ihren Kolleginnen angesprochen werden. Chinesische Reisende gehören zu den kaufkräftigsten Kunden am Flughafen München, weiß Jakob Brummer vom Chinese-Assistant-Projekt. Das hänge auch mit der Tradition zusammen: Es ist wichtig, von Reisen Geschenke mit nach Hause zu bringen, "und es ist ziemlich entblößend, wenn man es nicht macht". Nach dem Einchecken am Flughafen wird das mit den Mitbringseln dann gerne noch schnell erledigt. Viele haben bei der Heimreise bayerische Souvenirs aus den Flughafen-Geschäften im Gepäck, erzählt Jiemin Siebel. Bier, Schinken und Wurst nehmen sie zum Beispiel für die Brotzeit in Shanghai oder Peking mit.

Die Shopping-Helferinnen sind an den chinesischen Schriftzeichen auf ihren Kostümjacken und Umhängetaschen leicht zu erkennen. Ihre Arbeitszeiten sind auf die Startzeiten der Direktflüge nach China abgestimmt. Jeden Tag gebe es drei oder vier solcher Flüge, erzählt Brummer, "das sind die Zeiten, die primär für uns interessant sind." Seit eineinhalb Jahren gibt es die Chinese Shopping Assistants, die nicht zuletzt dafür sorgen sollen, dass die chinesischen Passagiere den Flughafen München gut in Erinnerung behalten - und irgendwann wiederkommen.

© SZ vom 19.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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