Naturschutz:Rückkehr der Fischotter

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Lange galten Fischotter im Landkreis Erding als ausgestorben. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Seit 50 Jahren gelten die Tiere im Landkreis Erding als ausgestorben. Nun haben Angler wieder lebende Exemplare am Kronthaler Weiher entdeckt. Es handelt sich mutmaßlich um ein Pärchen, das womöglich auch nur auf Durchreise ist.

Von Thomas Daller, Erding

Die Sempt muss einst ein Paradies für Äschen und Fischotter gewesen sein. Das geht aus Zeitdokumenten hervor. Nahrungskonkurrenten schaltet der Mensch allerdings meist aus: In der Chronik des Kreisjagdverbands ist noch eine Abschussstatistik aus dem Jahr 1908 aufgeführt, wonach drei Fischotter abgeschossen wurden. Danach liest man nichts mehr von den Tieren. Sie sind seit mindestens 50 Jahren im Landkreis ausgestorben.

Doch nun scheinen die ersten zurückzukehren: Einen toten Fischotter hat man bereits 2021 im Süden des Landkreises, in Mannseich bei Dorfen gefunden, überfahren von einem Auto. Aber jetzt sind auch die ersten lebenden Exemplare gesichtet worden, von Anglern am Kronthaler Weiher.

Der Fischotter mit dem Spitznamen "Charlie", der in Dorfen überfahren wurde, steht als ausgestopftes Modell im Garten der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Erding. (Foto: Stephan Görlich)

Fischotter haben einen gesunden Appetit, ein erwachsenes Tier kann bis zu 1,2 Kilogramm Nahrung am Tag verputzen. Er frisst zwar auch Frösche, Krebse, Amphibien, kleine Wasservögel, kleine Säugetiere und Muscheln, aber in erster Linie Fisch. Das war der Grund, warum er in Bayern bis Ende der 1950er-Jahre nahezu ausgerottet wurde. Lediglich Restbestände im Bayerischen Wald entlang der Grenze zu Tschechien überlebten.

Seit den 1990er-Jahren breitet sich der Fischotter vor allem aus Österreich und Tschechien, aber auch aus dem Bayerischen Wald kommend, wieder in Bayern aus. Weite Teile der östlichen Landesfläche sind in der Zwischenzeit wieder flächendeckend vom Fischotter besiedelt.

Im Landkreis Erding sind die Fischotter seit mindestens 50 Jahren verschwunden. Anton Euringer, der frühere Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt, galt in seiner 43-jährigen Amtszeit als profunder Kenner der Fauna und Flora im Landkreis. Von einem Fischotter im Landkreis ist ihm in der Vergangenheit nichts bekannt.

Die Sichtung der beiden Fischotter am Kronthaler Weiher bestätigt der Vorsitzende des Bezirksfischereivereins Erding, der das Gewässer gepachtet hat. Laut Wolfgang Ludwig handelt es sich um zwei Tiere, mutmaßlich ein Pärchen. Er ist ein wenig in Sorge, dass die Otter bleiben und sich vermehren könnten. Fischer und Teichwirte klagen schon seit Jahren über Millionenschäden durch die Tiere. Eine neue Fischotterverordnung, die die Staatsregierung im Frühjahr 2023 erlassen hatte, hätte ein kleines Kontingent zum Abschuss freigegeben. Naturschützer klagten dagegen und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab ihnen recht.

Beim Kronthaler Weiher ist noch kein großer Schaden entstanden. Es handelt sich um kein Salmonidengewässer, das mit teuren Zuchtforellen besetzt wird. Zu ihrer Beute dürften nach Ludwigs Einschätzung insbesondere Brachsen und Rotaugen zählen, grätenreiche Weißfische, die die meisten Angler in der Küche verschmähen. Allerdings ernähren sich auch die Hechte und Zander im Kronthaler Weiher von diesen Fischen. Auf Dauer könnte eine ernsthafte Nahrungskonkurrenz entstehen, befürchtet der Vereinsvorsitzende. Nicht auszuschließen sei ferner, dass die Otter in eines der umliegenden Salmonidengewässer abwandern.

Junge Fischotter bleiben bis zum Alter von etwa 14 Monaten bei der Mutter

Es ist aber auch möglich, dass die Tiere einfach weiterziehen und den Landkreis wieder verlassen. Junge Fischotter bleiben bis zum Alter von etwa 14 Monaten bei der Mutter und müssen dann das Revier verlassen und sich ein eigenes suchen. Bei dieser Suche legen sie weite Strecken zurück, bis zu 40 Kilometer in einer Nacht. Fischotter stellen hohe Ansprüche an den Lebensraum, an dem sie sich endgültig niederlassen: Er benötigt saubere, fischreiche Gewässer mit strukturreichen Ufern. Überhängende Bäume, Sträucher, Schilfgürtel, unterspülte Bäume oder Felsblöcke dienen ihm zur Deckung, als Ruhe- und gute Jagdplätze. Gut möglich, dass dieses Pärchen noch anderswo sein Glück sucht.

Aber es werden in jedem Fall weitere Fischotter nachkommen: Der Landkreis Erding liegt am westlichen Saum der bereits von Fischottern besetzten Gebiete. Sie haben keine natürlichen Feinde und bringen ein bis drei Junge zur Welt, die sich neue Reviere suchen müssen. Zwangsläufig werden sie auch auf Erding ausweichen.

Teichwirte werden sich dann mit Zäunen behelfen und Entschädigungsansprüche stellen. Für Anglervereine brechen dann jedoch schwierige Zeiten an, sagt Patrick Mayr, Geschäftsführer des Fischereiverbandes Oberbayern. "Es wird schwierig, Pächter zu finden, die sich um ein Gewässer kümmern, in denen Fischotter leben. Die will dann keiner mehr."

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