Erding:Unternehmersohn ohne Manieren

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Weil sie auf einen Mitreisenden eingeprügelt haben sollen, müssen sich ein Münchner Feinkosthändler und sein Sohn vor dem Amtsgericht Erding verantworten.

Florian Tempel

Das Flugzeug war am Boden, die Passagiere zum Aussteigen bereit, als es plötzlich noch einmal hoch herging und die Fäuste flogen. Laut Anklage haben ein 65 Jahre alter Feinkosthändler aus München und sein erwachsener Sohn gemeinsam auf einen 48-jährigen Mitreisenden eingeprügelt, der den Junior während des Flugs von Mallorca nach München wegen ungebührlichen Betragens gegenüber einer älteren Dame zurechtgewiesen hatte.

Die Aggression sei vom Junior ausgegangen, bestätigen die Zeugen vor dem Erdinger Amtsgericht. (Foto: iStockphoto)

Der Senior stritt am ersten Verhandlungstag am Amtsgericht Erding den Vorwurf der gefährlichen, weil gemeinsamen Körperverletzung vehement ab. Er sein kein Täter, sondern vielmehr sogar ein Opfer. Er habe nur seine Umhängetasche verteidigt, die ihm der andere Passagier stehlen wollte. Außerdem könne er gar nicht zuschlagen, weil er seit einem Unfall keine Kraft mehr in den Armen habe. Eine Untersuchung durch einen Gerichtsarzt lehnte er jedoch ab. "Ich weiß ja nicht, ob der korrupt ist."

Ganz generell warf er der Staatsanwaltschaft Landshut schlampige und einseitige Ermittlungen vor. Alle entlastenden Beweise seien absichtlich aus den Akten entfernt worden. Sein Sohn erschien wegen einer Erkrankung nicht vor Gericht. Offenbar sieht aber auch er sich unschuldig verfolgt. Die am ersten Prozesstag vernommenen Zeugen bestätigten hingegen die Anklage weitgehend.

Die Air Berlin-Maschine aus Palma de Mallorca, die am 2. März 2010 pünktlich kurz vor 22 Uhr aufsetzte, war voll besetzt. Der Feinkosthändler-Sohn saß in der dritte Reihe neben einer 75-jährigen Frau aus Unterhaching. Die Frau berichtete, sie habe während des ganzen Flugs "recht verkniffen" dasitzen müssen, weil ihr Nachbar sich extrabreit gemacht habe. Auf ihre Bitte, ihr etwas Raum zu lassen, habe er erst gar nicht, dann mit frechen Antworten reagiert.

Gegen Ende des Flugs empfahl die genervte Frau ihrem Nebenmann, wenn er das nächste Mal fliege, sollte er sich zwei Sitzplätze buchen. Als dieser darauf wütend erwiderte, sie solle ihn bloß in Ruhe lassen und sie gehe ihm "schon die ganze Zeit auf die Nerven", schaltete sich der 48-jährige Mitreisende, ein Kneipenwirt aus München, ein, der in der Reihe direkt vor ihm saß. Er forderte ihn eindringlich auf, einer älteren Dame mit mehr Respekt zu begegnen. Es gab ein kurzes, nach Zeugenangaben seitens des Junior-Feinkosthändlers sehr rüde geführtes Wortgefecht, danach war Ruhe.

Wenig später landete das Flugzeug, dockte am Terminal an, die Passagiere standen auf - und es wurde handgreiflich. Der 48-jährige Kneipenwirt berichtete, er habe erst eine herben Schlag ins Genick und, als er sich umdrehte, noch einen weiteren Faustschlag ins Gesicht bekommen. Mit der linken Hand habe er dem Angreifer ins Gesicht gegriffen, ihn von sich weg gedrückt und so weitere Schläge abgewehrt. Währenddessen habe jedoch der Vater des Wüterichs begonnen, auf seinen Kopf einzuhauen.

Mehrere Passagiere bestätigten als Zeugen vor Gericht diese Darstellung im Großen und Ganzen. Auf alle Fälle sei die Aggression vom Junior ausgegangen, der sich unvermittelt auf den 48-Jährigen vor ihm gestürzt habe. Und der Senior habe kräftig mitgeprügelt. Ob er das aber mit der Faust oder seiner Umhängetasche tat, darüber waren sich die Zeugen nicht einig. Allerdings herrschte in diesen Moment auch große Aufregung im Flieger. Eine Flugbegleiterin sagte, eine Frau sei ob des Tumults in Panik geraten und habe hysterisch geheult und geschrien. Eine junges Paar mit Baby bangte völlig verängstigt, dass die raufenden Männer womöglich auf ihr Kind rumpeln könnten.

Die beiden Verteidiger des Angeklagten beantragten, dass noch über ein Dutzend weiterer Zeugen, vorwiegend Fluggäste, vor Gericht gehört werden müssen. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt.

© SZ vom 05.02./06.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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