Erding:Grüne Oase der Ruhe inmitten einer boomenden Stadt

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Die Landschaft entlang der Sempt, ein grüne Idylle mitten in der Stadt (Foto: Renate Schmidt)

Pfauen, Hühner, Kaninchen und Ziegen, blühende Wiesen, ein Wasserspielplatz, Kunstwerke und überall Aussichtsplattformen und Sitzstufen entlang der Sempt. Der Erdinger Stadtpark ist ein wahres Idyll. Ein Spaziergang.

Von Philipp Schmitt, Erding

Der Erdinger Stadtpark ist ein facettenreiches Schmuckstück im Herzen der Stadt. Am Samstag bot der Historische Verein Erding einen Kulturspaziergang durch die fünf Hektar große revitalisierte Grünanlage, der von Anton Hirth geleitet wurde. "Der Park ist schön geworden", sagte Hirth, der auch die historischen Wurzeln des Parks näher erläuterte. Erding habe durch die Revitalisierung im Jahr 2012 einen zentral gelegenen, attraktiven und ökologisch vielseitigen Erholungs- und Erlebnisraum erhalten. Eine familienfreundliche grüne Oase der Ruhe inmitten der boomenden Stadt.

Es war dann auch viel los am Samstag. Es wimmelte von Spaziergängern, Joggern, Radfahrern, spielenden Kindern. Dazu summten Insekten und Vögel zwitscherten. An den Vogel-Volieren und im Streichelzoo standen Besucher, um Tiere aus der Nähe beobachten zu können. Der historische Landschaftspark ist ein Domizil für Pfauen, Hühner, Kaninchen, Ziegen, Wasservögel und viele Pflanzen- und Insekten. Auf wilden und gebändigten Wiesen blüht es überall - umringt vom fließenden Wasser der Sempt mit Aussichtsplattformen, Sitzbänken und -stufen.

Spaziergänger finden immer wieder Sitzplätze am Wasser (Foto: Renate Schmidt)
Das Tiergehege ist ein großer Anziehungspunkt. (Foto: Renate Schmidt)
Anton Hirth erläuterte die Geschichte des Stadtparks von 1822 bis 2022. (Foto: Renate Schmidt)

Der heutige Stadtpark, der 2012 revitalisiert wurde, hängt mit der Wallfahrtskirche, dem früheren Klostergarten, dem Schlossgut "Heilig-Blut" eng zusammen. Zunächst war das private Areal des Schlosses als Schlosspark öffentlich nicht zugänglich. Für die Grundlage des heutigen Parks ist Walter von Grainger mit der aus Erding stammenden Ehefrau Franziska verantwortlich. Ihnen gehörte damals das Schlossgut neben der 1650 erbauten Wallfahrtskirche Heilig Blut. Der Freiherr gründete 1822 den damals privaten Park. Dafür hat ihm die Stadt Erding in der heutigen Grünanlage einen Obelisken aus Granit als Denkmal gewidmet.

Am Hochufer der Sempt steht zum Andenken an den Gründer des Parks Walter Freiherr von Grainer ein Obelisk. (Foto: Renate Schmidt)

Aus dem Klostergarten und weiteren Grundstücken konzipierte von Grainger die Grundlage der heutigen Grünanlage. 1850 entwickelte er den Park im englischen Stil weiter. 1861 wurde die Anlage bis zur Sempt bepflanzt. Der Gründer starb 1875. Witwe Franziska verkaufte 1877 den Park für 8500 Gulden an die Heilig-Geist-Stiftung (an die Stadt Erding). Der Schlosspark wurde nach Franziskas Tod 1888 öffentlich zugänglich. Bürger nannten die Grünanlage den "Stadtpark". Die städtische Anlage verwilderte allerdings bis um 1900. Deshalb sei der Münchner Gartenbaumeister Kolb 1905 mit der Neugestaltung beauftragt worden, berichtete Anton Hirth. Kolb konzipierte die Erdinger Parkanlage im damals populären englischen Stil.

Früher waren auch Kanufahrten möglich

In einem festgelegten Abschnitt bis zur Eisenbahnbrücke waren danach auf der Sempt Kahnfahrten im Park möglich. Es gab 1958 bis zu fünf städtische Miet-Boote. Sie stammten von Bootsbauern vom Tegernsee und Ammersee. Billig war der Spaß für damalige Verhältnisse nicht: Um 1920 kostete eine Stunde "Schifferlfahrn" 50 Pfennige für zwei Personen. Der Stadtkämmerer soll 1920 3780 Mark dadurch eingenommen haben. Während der Inflation wurde Bootfahren auf der Sempt extrem teuer: 400 Mark pro Stunde kostete der Spaß für zwei Personen. 1965 wurden die Bootsfahrten auf der Sempt aus Haftungsgründen eingestellt.

Als weitere Attraktionen entstanden 1934 ein Spielplatz und das Tiergehege. 2013 wurde der Park mit Bürgerbeteiligung auf der Basis des historischen Landschaftsgartens neu gestaltet. Bäume und Lebensräume wurden geschützt, Sträucher ausgedünnt, Wildwuchs beseitigt. Wege, Uferstreifen, Sitzstufen an Flussböschungen, Lebensräume, Spielplätze, Informationstafeln wurden neu durchdacht. Eine originelle Bronzefigur von Thorsten Mühlbach erinnert seit der Neugestaltung 2013 als Blickfang an Esel Max, jahrelang Liebling im Park. Auch Saatkrähen sind neben der Eselsfigur dargestellt, bei den Anwohnern aber nicht so populär wie Max, im Stadtpark lebt die größte Krähenkolonie in Oberbayern.

Jahrelang lebte im Stadtpark der Esel Max, heute erinnert eine Bronzeskulptur an ihn. (Foto: Renate Schmidt)
Wer keinen Spielplatz vor der Haustür hat, der muss auf öffentliche ausweisen. Einer der schönsten von Erding steht im Stadtpark. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Kunstparcours mit Kunstwerken und Denkmälern ist zudem entstanden. Der Rundgang des Historischen Vereins startete an der "Hiasl-Maier-Straße", benannt nach dem Chiemsee-Maler und Mayr-Wirts-Sohn aus Erding. Durch den Kauf des aufgelösten Gasthauses und einer dazu gehörigen Grünfläche an den Bahngleisen vor einigen Jahren konnte die Stadt im "Mayr-Wirt-Grundstück" eine Streuobstwiese, ein "grünes Klassenzimmer", die Himmelsleiter und einen Pavillon hinzufügen. Zu sehen ist auch der von Gerhard Freising aus Trier konzipierte 11,50 Meter hohe bunte Leuchtturm, ein Orientierungspunkt im grünen Idyll.

Der Leuchtturm, gestaltet von Gerhard Freising, er ist 11,50 Meter hoch und symbolisiert Erding als die Stadt der Türme. (Foto: Renate Schmidt/Renate Schmidt)
Das "Blaue Nest" von Harry S., es symbolisiert die bayerische Heimat. (Foto: Renate Schmidt)
Ein Skulptur aus Sandstein von Benno Hauber. (Foto: Renate Schmidt)

Der Künstler und dritte Bürgermeister Harry Seeholzer hat das 2014 von der Stadt gekaufte Werk "Das blaue Nest" mit der Kettensäge als Hommage an die bayerische Heimat und an den früher im Erdinger Moos ansässigen farbenprächtigen Blauschopfreiher als Holzskulptur geschaffen. Im Park stehen außerdem Skulpturen zur "Moosgeschichte" von Benno Hauber und die Skulptur "Balance" aus Eichenholz vom Bildhauer Georg Brinkies aus Schliersee. Neben dem Obelisken zum Gedenken an den Parkgründer gibt es zudem ein Denkmal für den 1939 in Bayreuth geborenen Maler Wilhelm von Diez, der mit seinen Schülern oft im Park gezeichnet hat. Dem Akademieprofessor widmeten Schüler an seinem Lieblingsplatz 1907 den massiven Gedenkstein aus Granit.

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