Erding:"Sehr wolfsähnlich"

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Im östlichen Landkreis ist ein Tier beobachtet und fotografiert worden, bei dem es sich um den Rüden vom Wendelstein handeln könnte. Eine Expertise soll nun Gewissheit geben

Von Thomas Daller

1864 ist der letzte Wolf im Landkreis Erding zwischen Ober- und Untergebensbach bei Dorfen geschossen worden. Nun ist möglicherweise erstmals seit 150 Jahren wieder ein Wolf im Dorfener Umland unterwegs. Am vergangenen Sonntag ist ein wolfsähnliches Tier auf einem Acker bei Außerbittlbach in der Nachbargemeinde Lengdorf fotografiert worden. Zwei junge Damen aus Isen, die mit dem Auto in Richtung Erding unterwegs waren, haben die Aufnahmen gegen 9.15 Uhr bei Grass am Holz mit dem Smartphone gemacht. Sie hielten das Tier auf den ersten Blick für einen Hund. Die schmale Schnauze, die aufgestellten Nackenhaare und der galoppierende Gang wiesen jedoch auf einen Wolf hin. Geistesgegenwärtig machten sie Aufnahmen durch die Windschutzscheibe. Das Bayerische Landesamt für Umwelt ist mit den Fotos befasst und wartet jetzt auf eine Expertise aus der Wolfsregion Lausitz.

Es ist nicht auszuschließen, dass es sich um jenen Wolfsrüden handelt, der aus einer Population in den Südwestalpen stammt und schon wiederholt am Wendelstein gesichtet wurde. Ende März hatte dieser Wolf eine Hirschkuh im Landkreis Rosenheim, zwischen Brannenburg und Oberaudorf, gerissen. Aufgrund einer genetischen Analyse ist die Herkunft dieses Wolfs bekannt. Eine Wanderung dieses Tieres vom Landkreis Rosenheim in den südöstlichen Landkreis Erding wäre nicht auszuschließen.

Thomas Schreder, Kreisvorsitzender des Jagdverbandes Erding und Pressesprecher des bayerischen Landesjagdverbandes, hat die Fotos zur Ansicht bekommen und an das Landesamt für Umwelt zur Begutachtung weitergeleitet. "Das Tier ist sehr wolfsähnlich", sagte Schreder. Es gebe bei Wölfen vier Erkennungsmerkmale: Die Gesichtsmaske, den typischen Schwanz, die sogenannte Hochläufigkeit und den Sattelfleck. Diese Merkmale sind auf den Aufnahmen auch zu erkennen.

Nach Schreders Angaben handelt es sich um vier Fotos; darunter Aufnahmen von vorne, von links und weglaufend. "Sie sind nicht mit einer hochauflösenden Kamera gemacht worden", sagte Schreder. "Aber die Charakteristika sind deutlich." Darüber hinaus könne man auf den Fotos erkennen, dass das Tier gut genährt sei; besser als man es bei einem Wildtier erwarten würde. Laut Schreder reicht das Beuteschema eines einsamen Wolfes von Kleinsäugern bis hin zum Reh.

Mit letzter Sicherheit lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht ausschließen, dass es sich auch um einen Wolfshund handeln könne, der ohne Halsband und außer Sichtweise seines Herrchens herumgelaufen sei. Die Ähnlichkeit ist so groß, dass der bekannte Tierfilmer Andreas Kieling in einem Fernsehfilm für das ZDF in Ermangelung echter Wölfe Wolfshunde gefilmt und als echte Wölfe präsentiert hatte. Die Sache flog auf und es gab einen Skandal. Aber dieser Betrug verdeutlicht, wie groß die Verwechslungsgefahr sein kann. Deswegen sprechen derzeit weder der Jagdverband noch das Landesamt für Umwelt von einem Wolf, sondern lediglich von einem "wolfsähnlichem Tier". Gewissheit wird erst die Expertise aus der Lausitz bringen, die in den nächsten Tagen erwartet wird.

Falls es sich tatsächlich um einen Wolf handeln sollte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Tier weiterzieht und nicht im Landkreis Erding bleibt. Die Lebensbedingungen sind für Wölfe keineswegs ideal. Der Landkreis Erding hat einen sehr geringen Waldanteil und gilt sogar als waldärmster Landkreis Bayerns. Das Tier hätte kaum Rückzugsgebiete. Darüber hinaus ist die Region dicht besiedelt und Wölfe sind "keine Kulturfolger, im Gegenteil", sagte Thomas Schreder. Hinzu komme das dichte Straßennetz, das ebenfalls für Wildtiere eine große Gefahr darstelle. Schreder erinnerte in diesem Zusammenhang an den Wolf, der sich 2006 tagelang im Landkreis Starnberg herumgetrieben habe, bis er überfahren worden sei.

© SZ vom 09.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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