Erding:Reizthema Fahrrad

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Das Erdinger Radverkehrskonzept ist noch immer nicht vom Stadtrat beschlossen, während der Streit um die richtige Lösung an der "OBI-Kreuzung" erneut aufflammt

Von Mathias Weber

Radfahrer sind so unterschiedlich wie die Gegebenheiten an Straßenkreuzungen. OB Max Gotz ist deshalb gegen dogmatische Beharrlichkeit (Foto: Bauersachs)

Mehr als ein halbes Jahr nachdem die Stadtverwaltung in einer Bürgerversammlung ein neues Radverkehrskonzept vorstellt hatte, wird das Thema Radfahren in Erding wieder kontrovers diskutiert - von Funktionären, Bürgern und Politikern. Dabei geht es sowohl um Kritik an konkreten Baustellen, die den Radverkehr betreffen, als auch um eine gewisse Grundunzufriedenheit. Von der Euphorie, die nach der Präsentation des Radverkehrskonzeptes zu spüren war, scheint nicht mehr viel übrig zu sein.

Horst Weise, Vorsitzender der Erdinger Abteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) kritisiert vor allem, dass das Radverkehrskonzept, welches das Münchner Verkehrsplanbüro Kaulen ausgearbeitet hatte, noch keine offizielle Stadtpolitik ist und daher noch nicht als Leitfaden für das Stadtbauamt dient. Die Stadträte haben das als innovativ und zeitgemäß gelobte Konzept immer noch nicht abgesegnet. Erdings Oberbürgermeister Max Gotz versichert jedoch, dass es bald so weit sein wird: Die neueste Fassung des Konzeptes, das einige Erweiterungen im Vergleich zu dem im vergangenen Jahr vorgestellten Konzept enthält, sei auf den Weg zu den Fraktionen, werde dort beraten und soll schließlich in einer der kommenden Sitzungen beschlossen werden.

Drei große Radverkehrs-Baustellen gibt es derzeit und wird es in den kommenden Wochen und Monaten in Erding geben: Die Kreuzung Sigwolfstraße und Dachauer Straße, die Dorfener Straße und der neue Radweg zwischen Aufhausen und Pretzen. Eine davon, die für besonders viel Diskussion sorgt, ist die "OBI-Kreuzung", der Knotenpunkt zwischen Sigwolfstraße und Dachauer Straße im Erdinger Westen.

Die Frage, die sich an dieser Stelle stellt, ist, wie Fahrradfahrer die Kreuzung queren sollen. Auf Höhe der Fußgänger oder zusammen mit den Autofahrern auf der Fahrbahn? Dieses Problem war schon einige Male Diskussionsthema im Erdinger Bauausschuss. Herbert Maier, Grünen-Stadtrat und Umweltreferent der Stadt, hat unlängst in einem Leserbrief an die SZ kritisiert, dass der Bauausschuss in Abstimmung mit dem Planungsbüro Kaulen erstere Variante beschlossen hatte - also Fahrradfahrer neben den Autos.

Ein Konzept, das derzeit auch auf der Dorfener Straße verwirklicht wird: Dort wird auf der Fahrbahn ein so genannter Schutzstreifen eingezogen, der einen eigenen Bereich für Radfahrer definiert, aber trotzdem einen Sichtbezug zwischen Autofahrer und Radfahrer herstellt. So sollen Unfälle vermieden werden. Dieses Konzept ist auch als Vorgabe in der Straßenverkehrsordnung enthalten.

An der viel befahrenen Kreuzung am Gewerbegebiet hat sich das Bauamt allerdings nun doch anders entschieden. Auch, wie es aus der Stadtverwaltung heißt, in Absprache mit der Polizei, den Verkehrsbehörden und dem Büro Kaulen. Die Radfahrer werden nun gleichberechtigt neben den Fußgängern über die Kreuzung geleitet werden, abgetrennt vom motorisierten Verkehr. Man müsse Kompromisse schließen, heißt es dazu aus dem Bauamt. Auch das Büro Kaulen habe gesehen, dass es an dieser Stelle zu gefährlich wäre, Fahrradfahrer über die Straße in den Verkehr zu schicken. Daher habe man nun diese Lösung gewählt, die in den kommenden Monaten umgesetzt werden solle.

Als eine "Rolle rückwärts" und "fortschrittsfeindlich" beklagt allerdings Stadtrat Maier die Entscheidung vehement. Oberbürgermeister Gotz weist Maiers Kritik zurück. Er sagt, das Thema sei lang und breit diskutiert worden, die Situation vor Ort fordere Kompromisse. "Herr Maier soll einmal den Erdinger Eltern erklären, warum ihre Kinder mitten in eine gefährliche Verkehrssituation hinein fahren sollen", sagte Gotz und fordert "mehr Logik und weniger Dogmatik".

Insgesamt wirbt der Oberbürgermeister beim Thema Radverkehr für mehr Geduld. Er will keine Schnellschüsse, die manche Beteiligten sich seiner Meinung gerne wünschen würden. Auch seinen Mitarbeitern in der Stadtverwaltung spricht er sein Vertrauen aus. Sie seien "mit Herzblut bei der Sache".

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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