Nachruf:Zum Tod von Marianne Rötzer

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Marianne Rötzer war die erste Frau im Erdinger Kreistag, dem sie 42 Jahre angehörte. Sie starb am 3. Oktober 2022. (Foto: Museum Erding)

Die langjährige Kreisbäuerin und ehemalige stellvertretende Landrätin ist im Alter von 88 Jahren gestorben.

Von Florian Tempel, Erding

Marianne Rötzer ist tot. Die langjährige Kreisbäuerin und ehemalige stellvertretende Landrätin - nur zwei ihrer vielen Ehrenämter, die sie in ihrem Leben innehatte und ausfüllte - ist im Alter von 88 Jahren gestorben.

1934 kam Marianne Rötzer zur Welt. Ihre Eltern betrieben eine Landwirtschaft und ein kleines Gasthaus in Siglfing. Wie so vielen Mädchen ihrer Generation blieb ihr, trotz bester Noten, der Weg zum Abitur und einem Studium verwehrt. Sie besuchte eine Frauenfachschule und machte, obwohl das gar nicht ihrem Talent entsprach, eine Ausbildung zur Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerin. Eine weitere Lehrerinnenausbildung musste sie dann abbrechen, um ihre Eltern daheim zu unterstützen. Mit 22 Jahren heiratete sie, ein Jahr später übernahmen sie und ihr Mann Josef den elterlichen Hof und die Gastwirtschaft in Siglfing. Von 1957 bis 1968 brachte sie vier Söhne zur Welt.

1962 wurde Marianne Rötzer zur Kreisbäuerin gewählt und blieb es bis 1997, danach war sie Ehrenkreisbäuerin. Ihr kommunalpolitisches Engagement begann 1966, nachdem sie der damalige Landrat Simon Weinhuber gebeten hatte, auf der Kreistagsliste der Bayernpartei zu kandidieren. Sie wurde auf Anhieb gewählt und war unter 45 Männer die einzige und erste Frau im Erdinger Kreistag. Sie hielt das aus. Erst nach sieben Wahlperiode, nach 42 Jahren, verabschiedete sie sich 2008 aus dem Kreistag.

Als 1978 Hans Zehetmair (CSU) Landrat wurde, wandelte sich die Gruppierung der Bayernpartei im Kreistag zu den Freien Wähler. Ihr Amt als stellvertretende Landrätin von 1990 bis 2008 sei für sie der krönende Abschluss ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gewesen, sagte Marianne Rötzer später einmal, obwohl sie anfangs geradezu Komplexe gehabt habe, zu Goldenen Hochzeiten oder besonderen Geburtstagen zu gehen: "Die Leute haben eigentlich den Landrat erwartet und mir ihre Enttäuschung manchmal auch ins Gesicht gesagt."

Für ihr ausdauerndes und standhaftes Wirken wurde Marianne Rötzer mit vielen Auszeichnungen geehrt. Sie erhielt 1984 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und 1993 den Bayerischen Verdienstorden, im Jahr 2000 den Goldenen Ehrenring des Landkreises Erding und vier Jahre darauf wurde sie mit dem Landfrauenchor mit dem Kulturpreis des Landkreises ausgezeichnet. Bis ins hohe Alter blieb sie interessiert und aktiv. Vor einem Jahr zum Beispiel ließ sie es sich nicht nehmen, im Rollstuhl bei einem Gedenkgang für die vielen tausende NS-Zwangsarbeiter in Eichenkofen dabei zu sein.

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