Erding:Musik verbindet

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Ein lustiger Abend soll es werden: Der Aktionskreis Asyl veranstaltet zum ersten Mal ein Benefizkonzert. Der Erlös kommt den Flüchtlingen im Landkreis Erding zu Gute

Von Alexandra Maier

Gemeinsam für den guten Zweck: Am Klavier sitzt Amir, an der Gitarre ist Ebi. Hinter den beiden stehen die Organisatoren Maria Brand, Holly Milde und Giorgio Zolyniak-Patuelli (von links) (Foto: Bauersachs)

Gefühlte eintausend E-Mails hat Holly Milde in den vergangenen Wochen geschrieben und gefühlte zweitausend Telefonate geführt, doch der Organisationsmarathon hat sich gelohnt: Das Programm für das erste Benefizkonzert, dessen Erlös den Flüchtlingen im Landkreis zugutekommt, steht. Der Aktionskreis Asyl konnte einige namhafte Künstler für das Projekt gewinnen, unter ihnen sind Peter Heger, Hands'n'Voices mit Janine Hecht, Maximilian Kronseder, Michael Benker und das Martina-Eisenreich-Quartett. Veranstaltungsort ist die Schiaßn in Erding. "Jetzt können wir nur noch hoffen, dass dann auch alles so klappt, wie wir uns das vorstellen", sagt Milde. Das Konzert findet an diesem Freitag, 25. Januar, statt - nicht mehr viel Zeit für Vorbereitungen.

Bei den Ehrenamtlichen, Holly Milde und den beiden Sprechern des Aktionskreises, Maria Brand und Giorgio Zolyniak-Patuelli, dreht sich dieser Tage alles um das bevorstehende Konzert. Der Ablauf steht, die kleinen Allüren der Künstler hat Milde, wenn möglich, berücksichtigt: "Das ist ein ganz schöner logistischer Aufwand. Da will dann der eine nicht mit dem Schlagzeug vom anderen spielen, das muss man alles bedenken", lacht sie.

Milde wohnt mit ihrer Familie direkt neben den Containern am Korbinian-Aigner-Gymnasium, in denen einige Asylbewerber im Moment untergebracht sind. Hier erlebt sie tagtäglich "kleine und größere Tragödien". Und hier bekommt sie oftmals hautnah mit, wie mit den Asylbewerbern umgegangen wird. Einfach nur wegschauen, wie viele andere, das will Milde schon lange nicht mehr. Begeistert erzählt sie von den vielen "offenen Türen", auf die sie seit Dezember gestoßen sei. Eine Welle der Unterstützung "von allen Seiten" ist den Organisatoren entgegen geschlagen. Ärzte, Apotheker und Geschäftsleute - alle haben ihren Beitrag geleistet, dass das Konzert gelingen kann: sei es durch Geldspenden, die Vermittlung von Kontakten oder das Aufhängen der Plakate im Schaufenster. Besonders dankbar ist Milde den vielen Musikern, die "alle sofort begeistert waren und ja gesagt haben". Unter Musikern gebe es einfach keine Vorbehalte, meint Zolyniak-Patuelli. "Die setzen sich hin und machen gemeinsam Musik."

Die Idee hinter der Aktion ist simpel: Nichts verbindet die Menschen mehr als die Musik. "Wir wollen den Leuten zeigen, was für tolle Persönlichkeiten unter den Flüchtlingen sind, und so mit Vorurteilen aufräumen", sagt Zolyniak-Patuelli. Der freiwillige Helfer ist der Meinung, dass immer noch viel zu viele Menschen den Begriff "Flüchtling" vorwiegend mit Negativem verbinden. "Aber das stimmt so einfach nicht", sagt er entschieden. "Jeder von ihnen hat seine Begabungen. Wir wollen zeigen, was sie alles mitbringen können. Die einen sind gute Maler, die anderen eben Musiker."

So wie Ebi und Amir. Bei dem von Maria Brand ins Leben gerufenen Flüchtlingsstammtisch haben die beiden jungen Männer schon musiziert. Sie haben Lieder aus ihrer Heimat gesungen. "Auf Farsi", erinnert sich Zolyniak-Patuelli. "Aber es gibt Dinge, die muss man nicht verstehen. Die fühlt man." Der zündende Gedanke, ein Konzert zu organisieren, bei dem es um die Flüchtlinge geht und in dem sie sich selber einbringen können, war schnell gefasst. Das ist keine zwei Monate her.

Amir stammt aus Afghanistan. Dort hat er sechs Jahre lang Klavierspielen gelernt, bis er seine Heimat verlassen musste. "Dann habe ich zwei Jahre lange keine Übung mehr gehabt", erzählt er. Ebi erging es ähnlich. Bevor er nach Erding kam, hatte er drei Jahre lang keine Gitarre mehr in der Hand gehabt. Anders als Amir ist Ebi Autodidakt. Er hatte nie Unterricht, hat sich alles, was er kann, selbst beigebracht. Die beiden schwärmen für die deutschen Komponisten Bach und Beethoven, aber auch für Chopin und Mozart.

Durch die Unterstützung des Aktionskreises können die beiden jungen Männer ihre Leidenschaft nun wieder ausleben. Bernd Scheumaier, Leiter der Kreismusikschule Erding, hat Ebi und Amir einen Raum zum Proben zur Verfügung gestellt. Ebi hat mittlerweile eine eigene Gitarre gespendet bekommen, und in der Musikschule steht ein Klavier, auf dem Amir üben darf. Die beiden werden gemeinsam auf der Bühne stehen und zwei Songs performen. Ein Lied haben sie in den vergangenen Wochen mit Maximilian Kronseder und Michael Benker einstudiert, bei einem zweiten wird die Bühne allein ihnen gehören. "Beides sind Liebeslieder", verrät Zolyniak-Patuelli. "Und wer den Text versteht, dem kommen die Tränen."

Die Organisatoren des Aktionskreises überlassen nichts dem Zufall. Deswegen werden am Freitag einige ungewöhnliche Einlagen dafür sorgen, dass den Besuchern keinesfalls langweilig und die Spendierfreudigkeit der Gäste noch ein bisschen größer wird. "Wir werden unter anderem eine Band versteigern", sagt Milde. Versteigern bedeutet in diesem Fall aber nicht, dass der Meistbietende den Zuschlag bekommt, sondern derjenige, "der als Letztes seine Spende in den Topf geworfen hat. Das können dann auch nur ein paar Euro sein." Der Gewinner darf die Band dann sprichwörtlich "mit nach Hause nehmen".

Musikalisch wird den Besuchern eine bunte Mischung an Stilen und Musikgenres geboten sein. "Viel Jazz", sagt Zolyniak-Patuelli, aber auch Boogie-Woogie, Streicher und Violine, Akustikgitarre und Bayerische Musik. Der kommende Freitagabend soll sich von einschlägigen Benefizkonzerten unterscheiden: "Wir wollen nicht auf die Tränendrüse drücken", sagt Zolyniak-Patuelli. "Es soll einfach ein lustiger und toller Abend werden." Und Holly Milde springt ihm zur Seite: "Im Vordergrund steht, dass die Jungs rauskommen, dass sie Spaß haben und etwas erleben."

Rauskommen und rrleben - diese beiden Dinge stehen auch bei der geplanten Verwendung der Spendeneinnahmen im Mittelpunkt. Für Kinder und Jugendliche etwas anbieten, Freizeit gestalten, Fahrräder und Fahrkarten bezahlen, Medikamente und medizinische Versorgung sicherstellen, das plant Maria Brand. Sie hat viele "offene Baustellen" in der Flüchtlingsbetreuung, und sie weiß, dass die Spenden eines Abends nicht reichen werden, um den Bedarf zu decken. "Gerade Medikamente und Fahrkarten gehen ins Geld.

Aber hier in Erding gibt es einfach nicht für jeden den richtigen Kurs", rechtfertigt Brand die Fahrten einiger Asylbewerber zu ihren Deutschkursen nach München. Im Moment geht es ihr vor allem um diejenigen Flüchtlinge, die in den Containern leben: "Viele Leute halten uns immer vor, deutsche Sozialhilfeempfänger könnten sich all diese Dinge, Mitgliedschaft im Sportverein, Ferienpass, Fahrräder und Fahrkarten auch nicht leisten. Aber das ist etwas ganz anderes, mit fremden Leuten auf engstem Raum zu leben und den ganzen Tag da nicht raus zu kommen."

Bei dem Gedanken, vor mehreren hundert Gästen spielen und singen zu dürfen, sind Ebi und Amir schon "ein bisschen" aufgeregt. Holly Milde, Maria Brand und Giorgio Zolyniak-Patuelli hoffen, dass es richtig eng wird am Freitag in der Schiaßn. "Bei meiner Freundin kommt der ganze Straßenzug", sagt Milde.

Das Benefizkonzert am Freitag, 24. Januar, findet in der Erdinger Schiaßn statt. Einlass ist von 19 Uhr an, Beginn um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

© SZ vom 22.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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