Am Fred-Hartmann-Weg 1 bis 9:Striktes Duschverbot für mindestens einen Monat

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Eine Aufnahmen von Legionellen unter einem starken Mikroskop. (Foto: Janice Haney Carr/dpa)

Bei einer Routinekontrolle ist in den Wasserleitungen der Wohnanlage eine "extrem hohe Kontamination" mit potenziell lebensgefährlichen Legionellen festgestellt worden. Die Bakterien verursachen grippeähnliche Erkrankungen bis hin zu schweren Lungenentzündungen.

Von Florian Tempel, Erding

Mindestens einen Monat, eher länger, gilt für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Altenerdinger Wohnanlage am Fred-Hartmann-Weg 1 bis 9 ein striktes Duschverbot. In den Wasserleitungen sind Legionellen gefunden worden, zum Teil in extrem hoher Konzentration. Das müsse man sehr ernst nehmen, sagt Ralph Schröder vom Mikrobiologischen Labor Dachau, wo bei einer Routinekontrolle die hohe Legionellen-Belastung festgestellt wurde. Die Bakterien verursachen grippeähnliche Erkrankungen bis hin zu schweren Lungenentzündungen und sind potenziell lebensgefährlich. "Wie haben jedes Jahr in Deutschland eine ganze Anzahl von Legionellen-Toten", sagt Ralph Schröder. Die Wasserproben der Wohnanlage am Fred-Hartmann-Weg wurden Ende Mai genommen. Für Wohnhäusern mit drei oder mehr Parteien ist eine Untersuchung alle drei Jahr gesetzlich Plicht.

Die erste und wichtigste Maßnahme, sich nicht zu infizieren, ist das Duschverbot, das seit Freitag gilt. Denn beim Duschen können die Krankheitserreger leicht über den Sprühnebel eingeatmet werden. Beim Waschen am Waschbecken oder in der Badewanne gibt es diese Problematik nicht. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.

Legionellen finden sich, in geringer Konzentration, überall im Wasser. In Wohnanlagen kommt es typischerweise zu einer Vermehrung, sagt Ralph Schröder, wenn lauwarmes Wasser in Leitungen stagniert - weil eine Wohnung monatelang leere stehe oder ein Bewohner, aus welchem Grund auch immer, kein Wasser nutze. Aus den kontaminierten, stehenden Endleitungen verbreiteten sich dann die Krankheitserreger zurück ins gesamte Leistungssystem, erklärt Ralph Schröder.

Nicht jeder Bewohner hat das Duschverbot gleich mitbekommen

Das Duschverbot wurde am vergangenen Freitag von der Hausverwaltung per Ausgang in den Eingängen der Wohnanlage bekannt gemacht. Doch nicht jeder hat es gleich mitbekommen. Ein Bewohner, der wegen einer chronischen Lungenerkrankung besonders gefährdet ist, hat erst zwei Tage später durch eine Nachbarin - aus einem ganz anderen Haus - von den Legionellen und dem Duschverbot erfahren. "Ich verlasse meine Wohnung ja kaum", sagte der Mann der SZ. Und die Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes, die täglich zu ihm kommen, hatten sich den Aushang auch nicht angeschaut. Am Montag hat er eine Pflegerin gebeten, nachzulesen, was da steht. Nun weiß auch er Bescheid und duscht nicht mehr.

Das Schreiben des Mikrobiologischen Labor Dachau liest sich durchaus drastisch, denn es ist hier von einer "extrem hohen Kontamination der Anlage" die Rede. Neben dem Duschverbot würde die Hausverwaltung "unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung der Legionellen-Kontamination einleiten", heißt es weiter. Die Hausverwaltung will auf Anfrage keine Auskunft geben. Der SZ liegen jedoch aktuelle Schreiben des Gesundheitsamts Erdings und der Hausverwaltung vor.

Das Prozedere bei einem Legionellen-Befall ist genau geregelt. Das Gesundheitsamt weist in seiner E-Mail an die Hausverwaltung an erster Stelle daraufhin, dass alle Bewohner "unverzüglich (spätestens innerhalb von 24 Stunden) über das Duschverbot zu informieren" seien. Dabei wird indirekt klar gemacht, dass ein Aushang eher nicht ausreichend sein kann: "Nachdem Ihnen nicht zwingend alle individuell risikoerhöhenden Faktoren oder Erkrankungen der betroffenen Verbraucher bekannt sein dürften, haben Sie die Verbraucher deshalb möglichst frühzeitig zu informieren, damit diese die Möglichkeit des individuellen Selbstschutzes rechtzeitig wahrnehmen können."

Ingenieurbüro mit Gefährdungsanalyse beauftragt

Die Hausverwaltung hat in einer E-Mail an Wohnungseigentümer mitgeteilt, dass man noch am Freitag die Firma, die die Warmwasseranlage wartet, informiert und ein Ingenieurbüro mit einer sogenannten Gefährdungsanalyse beauftragt habe. Nach einer Begehung am Montag sollte, "wenn möglich, eine sogenannte thermische Desinfektion gemacht" werden.

Das ist das Mittel der Wahl: Das Wasser wird deutlich stärker als normal erhitzt, um die Legionellen abzutöten. Damit das klappt, müssen aber die Bewohner mithelfen. Alle Wasseranschlüsse müssen "abwechselnd zwischen heiß und kalt, circa eine Minute lang, auf vollem Anschlag geöffnet, laufen". Darüber müssen alle Bewohner ganz konkret und vollständig informiert werden, jeder persönlich und gegebenenfalls mit Übersetzungen in verschiedene Sprachen. Nach der thermischen Desinfektion wird eine Nachuntersuchung gemacht, was wieder einige Zeit in Anspruch nimmt. Wenn es gut geht, darf man also in einem Monat wieder duschen.

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