Suche nach verdächtigtem Frauenarzt:Eine Aufgabe für Zielfahndner?

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Der früheren Erdinger Gynäkologe steht unter dem Verdacht, seine Frau getötet zu haben. Ein Freispruch ist aufgehoben worden

Von Florian Tempel, Erding/Landshut

Mit großer Gelassenheit hat das Landgericht Landshut auf die Nachricht reagiert, dass sich der frühere Erdinger Frauenarzt Michael B. womöglich nach Südamerika abgesetzt hat. Der 56-Jährige war vor einem Jahr vom Vorwurf, er habe im Dezember 2013 in seine Ehefrau getötet, freigesprochen worden. Anfang Dezember 2015 hob der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch auf und ordnete eine Neuauflage des Prozesses an. Laut einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung verließ Michael B. jedoch schon drei Tage vor der BGH-Entscheidung Deutschland und flog nach Chile.

Ein freier Mann

Das Landgericht räumte in einer Pressemitteilung ein, es sei "gegenwärtig unklar, wo Michael B. sich aufhält". Die zuständigen Richter würden die "notwendigen Maßnahmen treffen" und zügig über einen neuen Haftbefehl entscheiden, "damit der Prozess möglichst bald beginnen kann". Gerichtssprecher Rainer Wiedemann wies daraufhin, dass selbst ein Haftbefehl am Tag der Entscheidung des BGH zu spät gekommen wäre. Da Michael B. sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Ausland aufgehalten haben soll, hätte man ihn nicht mehr verhaften können. Vor der Aufhebung des Freispruchs durch die Karlsruher Richter sei es aber unmöglich gewesen, einen Haftbefehl zu erlassen. Bis dahin war Michael B. vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen und durfte als freier Mann Deutschland legal verlassen.

Wie geht es nun weiter? Wiedemann sagte, "wir müssen die Voraussetzungen für die Durchführung des Verfahren schaffen". Übersetzt heißt das, der Angeklagte muss her. Denn ohne diesen "unabdingbar notwendigen Beteiligten", könne der zweite Prozess ja nicht stattfinden. Die zuständigen Richtern könnten als erstes Kontakt mit den Verteidigern von Michael B. aufnehmen, die womöglich Näheres über den Verbleib ihres Mandanten wissen. Ob diese dem Gericht dazu etwas sagen können oder wollen, bleibe indes abzuwarten. Eine richtige "Aufenthaltsermittlung" sei dann "Sache der Polizei", sagte Wiedemann.

Einen Haftbefehl zu erlassen, ist nicht schwer

Damit diese aktiv werden kann, muss zuvor unbedingt ein Haftbefehl erlassen werden. Ohne diese rechtliche Grundlage dürfe die Polizei nichts tun, erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Landshut, Hildegard Bäumler-Hösl. Einen Haftbefehl zu erlassen, ist nicht schwer. In der Strafprozessordnung heißt es im einschlägigen Paragrafen gleich an erster Stelle: "Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen festgestellt wird, dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält."

Zunächst wird die Polizei dann wohl noch einmal offiziell an der letzten Adresse von Michael B. in einem Vorort von Osnabrück nachforschen. Auch wenn die Polizei laut der Neuen Osnabrücker Zeitung im Dezember bereits dort gewesen sein soll. Wenn dann offiziell klarer wird, dass Michael B. tatsächlich im Ausland untergetaucht ist, werden Zielfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) zum Einsatz kommen.

Weltweites Netz anZielfahndnern

Die Spezial-Ermittler des LKA setzen bei ihrer Suche nicht nur alle möglichen technischen Mittel ein, sondern können auch auf ein weltweites Netz an Zielfahnder-Kollegen zurückgreifen. Ihre Erfolgsquote ist sehr groß. Über kurz oder lang spüren sie fast jeden Flüchtigen auf. Allerding stoßen auch Zielfahnder an Grenzen: Wenn der Flüchtige sich in einem Land befindet, das Verdächtige nicht ausliefert, wissen sie zwar irgendwann, wo er ist, können aber nichts tun - und ein Prozess findet nicht statt.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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