"3. Gewerbedialog" in Erding:Neue Wege beschreiten

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Im Konferenzraum der Sparkassenzentrale am Alois-Schießl-Platz wurde beim "3. Gewerbedialog" über Zukunftsperspektiven diskutiert. (Foto: Renate Schmidt)

Fachkräftemangel, Digitalisierung, demografischer Wandel - die Unternehmen im Landkreis stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Diesen gilt es laut Experten mit innovativen Konzepten und Wertschätzung für das Personal zu begegnen.

Von Philipp Schmitt, Erding

Die Geschäfts- und Arbeitswelt der Region befindet sich im Umbruch: Digitalisierung, demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Künstliche Intelligenz fordern ein Umdenken von Unternehmen in Handel, Dienstleistung und Handwerk sowie bei den Kommunen. Die Lage könnte sich zuspitzen, so war am Dienstag beim "3. Gewerbedialog" der Kreissparkasse Erding-Dorfen im Konferenzraum der Bankenzentrale am Alois-Schießl-Platz zu hören.

Was tun, wie reagieren? Über die Zukunftsperspektiven und Strategien diskutierten unter dem Motto "Zusammen sind wir nicht allein" 55 Teilnehmer - darunter Vertreter von Gewerbevereinen, Kommunalpolitik und Banken - mit dem Innovationsforscher Maximilian Perez und dem Experten für Mitarbeiterbindung Gunther Wolf. Verantwortliche in Betrieben und Rathäusern müssten Wolf und Perez zufolge auf neue Marktbedingungen reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben: "Wir sehen hier aus unserer Erfahrung im Gespräch mit Kunden heraus in vielen Bereichen Veränderungsbedarf", teilten dazu Kreissparkassen-Vorstandsmitglied Michael Utschneider und stellvertretendes Vorstandsmitglied und Moderator Sandro Niederberger mit. In vielen Branchen müssten neue Wege beschritten werden.

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Der stationäre Einzelhandel verliere Beschäftigte und müsse gegensteuern. Um qualifiziertes Personal mit "Freude am Performen" zu finden, müssten in vielen Branchen individuelle Job-Angebote gemacht werden, hieß es. Auf den Wandel sollte mit innovativen Geschäftsmodellen reagiert werden. Der Referent für Gewerbeentwicklung im Erdinger Stadtrat, Thomas Schmidbauer (Erding Jetzt), äußerte die Sorge um Geschäfte der Innenstädte. Diese müssten trotz Digitalisierung, Zentren am Ortsrand und Online-Konkurrenz überleben können. Für das Handwerk äußerte sich Rudolf Waxenberger (CSU): "Die Lage der Betriebe ist im Landkreis jetzt schon wegen des Fachkräftemangels ein Problem - sie wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch schlimmer werden", sagte der Kreishandwerksmeister.

Der Bauunternehmer befürchtet für die mittelständischen Betriebe nicht nur wegen der fehlenden Arbeitskräfte und des Trends junger Leute zum Studium weitere Schwierigkeiten. Das Alter vieler Chefs und Betriebsübergaben machen ihm "große Sorgen, weil oft Nachfolger fehlen". Es dürfe im Landkreis nicht so weit kommen, dass profitable Firmen mangels Nachfolger geschlossen würden. Lücken könnten nicht durch Einwanderung geschlossen werden, weil viele Migranten dafür mangels passender Ausbildung oft noch nicht qualifiziert seien.

Zufriedenheit schaffen und Begeisterung beim Personal wecken

Gunther Wolf sah im Kampf um Handwerker "eine furchtbare Entwicklung". Der Arbeitsmarkt sei angespannt: Trotz 45 Millionen Erwerbstätigen könnten derzeit etwa zwei Millionen Jobs in Deutschland nicht besetzt werden. Jährlich wandern zwar etwa 1,3 Millionen Menschen nach Deutschland ein, aber eben auch etwa eine Million Arbeitskräfte ab. "Wir steuern da auf enorme Probleme zu", sagte Wolf. Arbeitgebern riet er deshalb, auf emotionaler Ebene Mitarbeitern Wertschätzung entgegenzubringen und die Innen- und Außenwirkung der Firmen zu beachten. Mitarbeiter dürften sich im Betrieb nicht eingeengt fühlen. Die Chefs müssten Zufriedenheit schaffen und Begeisterung beim Personal wecken. Sie sollten klar kommunizieren.

Wie Einzelhändler für ihre Kunden attraktiv bleiben können, darüber sprach Maximilian Perez, 37. Er ist für den Aufbau der "Innovationsförderung" der 1988 gegründeten Münchner Günther Rid-Stiftung zur Förderung des Einzelhandels in Bayern zuständig. Perez erzählte über seine Studie "Wie gelingt ein großer Wurf im Handel", die er damals noch fürs Fraunhofer-Institut erstellte. Dabei wurden 306 Firmen und deren Strategien untersucht. Nachhaltigkeit, Erlebnisorientierung, Recycling, Sinnhaftigkeit, Experimentierfreude, Öffnungszeiten sind demnach bei neuen Konzepten wichtig.

Ein Hersteller von Outdoor-Kleidung (Globetrotter), ein Sportartikel-Konzern (Adidas), ein Schrauben-Konzern (Würth 24, 53 Filialen über Scan-Systeme nach Öffnungszeiten außer sonntags rund um die Uhr für registrierte Kunden betretbar ) oder ein Fahrradhändler (Rose-Bikes) wurden als Beispiele nachhaltiger Konzepte präsentiert. Kreisrätin Gertrud Eichinger (SPD) sagte dazu, dass kleine Firmen im Landkreis solche innovativen Konzepte aus Kostengründen nur im Zusammenschluss mit weiteren Firmen realisieren könnten.

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