Landwirtschaft:Von der Nische zum Überangebot

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Bio-Dinkel, wie hier auf einem Feld bei Niederhummel, hat einen enormen Aufschwung genommen und steckt nun in einer Blase des Überangebots. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Dinkelmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stetig entwickelt und steckt nun in einer Blase.

Von Thomas Daller, Erding

Viele Bauern setzen auf Dinkel als Alternative zur Sommergerste. Er gilt als das Urgetreide Bayerns, verschwand aber nach und nach von den Äckern und Speiseplänen. Bis vor wenigen Jahren war Dinkel ein Nischenprodukt, das vorwiegend in Bioläden gehandelt wurde. Etwa um die Jahre 2014 und 2015 gab es dann immer mehr Dinkelerzeugnisse in Bäckereien und der Markt verlangte nach mehr. Die landwirtschaftlichen Anbauflächen wurden ausgeweitet - und 2022 platzte die Blase. Erstmals blieben etliche Landwirte auf ihrer Dinkelernte sitzen. Auch im Landkreis Erding wird noch Dinkel vom Vorjahr eingelagert. Wann sich der Markt wieder reguliert, sei derzeit noch nicht absehbar, sagt Anton Mitterer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). "Da bräuchte ich eine Kristallkugel."

Dinkel wurde bereits vor 15 000 Jahren im südwestlichen Teil Asiens bekannt, die ältesten Vorkommen in Europa sind mehr als 4000 Jahre alt. Noch im 20. Jahrhundert wurde in der Region, etwa in den Landkreisen Mühldorf, Erding, Ebersberg und Rosenheim reichlich Dinkel angebaut.

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Bis ins 20. Jahrhundert wurde Dinkel in vielen Regionen Europas angebaut. Durch seine wesentlich geringeren Ernteerträge, seine schlechte Beeinflussbarkeit durch Kunstdünger und seine kostenintensive Verarbeitung war der Dinkelanbau jedoch fast völlig eingestellt worden. Erst in den vergangenen Jahren wurde das schmackhafte Getreide im Zuge der Naturkostbewegung wiederentdeckt und erfreut sich steigender Beliebtheit.

Dinkel wird immer noch auf vergleichsweise kleinen Flächen angebaut. Winterweizen ist im Landkreis Erding mit 12332 Hektar als Getreideart führend. Mit 277,8 Hektar im Landkreis Erding und 656 Hektar im Landkreis Freising ist Dinkel immer noch eine Nische. Der prozentuale Zuwachs der vergangenen Jahre ist dennoch bemerkenswert. 2014 betrugt die Anbaufläche in beiden Landkreisen jeweils um die 100 Hektar. Seither haben sich die Flächen vervielfacht. Zuwächse um ein Drittel oder die Hälfte innerhalb eines Jahres waren nicht ungewöhnlich.

Bauern, die auf Dinkel setzten, haben in den vergangenen Jahren ein gutes Geschäft gemacht, wenn sie ohne Anbauverträge angebaut haben. Biodinkel wurde gut bezahlt, der Höchststand lag bei mehr als 800 Euro pro Tonne Rohware, für Bioweizen gab es nur die Hälfte. Landwirte, die Anbauverträge abgeschlossen hatten, haben von den Preishöhenflügen allerdings kaum profitiert, mit gesicherten Abnahmeverpflichtungen lagen die Preise bei 450 bis 500 Euro pro Tonne Rohdinkel. Daher wurde immer mehr Dinkel ohne Vertrag angebaut, bis 2022 die Blase platzte.

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Produkten aus Dinkel stark angestiegen. Doch dieser Trend hat sich angesichts der hohen Inflation umgekehrt. (Foto: Catherina Hess)

2020 ist die Nachfrage nach Dinkel besonders stark gestiegen, als Folge des Lockdowns. Viele hatten Zeit zum Backen, viele haben dabei den Bio-Dinkel entdeckt und die damals schon großen Angebotsmengen aufgefangen. Die Trendumkehr kam dann mit der Inflation, die insbesondere im Lebensmittelbereich weit überdurchschnittlich hoch ausfiel. Für manche Verbraucher ein Grund, Weizenbrezen und Weizenmehl zu kaufen statt Dinkelbrezen und Dinkelmehl.

Die weitere Entwicklung beim Anbau ist nach Angaben des AELF noch nicht abzusehen. Teilweise seien die Lager noch voll. "Ich kenne einen Landwirt, der hat noch die gesamte Dinkel-Ernte von 2022 auf Lager", sagt Anton Mitterer. Erkennbar sei für 2023 aber bereits, dass statt Dinkel wieder mehr Braugerste angebaut werde. 975 Hektar sind es in diesem Jahr. Und es gibt bereits einen neuen Aufwärtstrend: Im Landkreis wird zunehmend mehr Durumweizen angebaut, der für die Nudelherstellung verwendet wird.

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