Nachruf:Mehr als ein Sportkamerad

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Eicke Lenz ist überraschend gestorben. (Foto: privat)

Eicke Lenz war leidenschaftlicher Fußballer, Trainer, Schiedsrichter und SZ-Reporter. Nun ist er im Alter von 78 Jahren überraschend gestorben.

Von Michael Morosow, Erding

Der Amateurfußball gerade in ländlichen Regionen grenzt sich für viele Fans in wohltuender Weise vom Profibetrieb ab. Millionenschwere Edelkicker und der oftmals unerträgliche Hype um sie haben hier keinen Platz, eine Eintrittskarte kostet nicht viel mehr als eine Halbe Bier, und zum Heimspiel kann man zu Fuß gehen. Für den Fußball in den kleinen Dörfern, wo die Fußballer beim Bau des Vereinsheimes selbst Hand anlegen, für diese Fußballwelt schlug das Herz von Eicke Lenz. Er fühlte sich wohl bei den kleinen Vereinen, wo die Identifikation mit Klub und Mannschaft nicht von Ergebnissen abhängig ist.

Tausende Male sah man ihn mit seinem mächtigen Bart bei Spielen, mit der Schiedsrichterpfeife in der Hand, als Fußballer oder als Trainer. Mindestens ebenso oft schlenderte Eicke neben der Außenlinie entlang, die Fotokamera geschultert, Notizblock und Kugelschreiber in der Hemdtasche, um nach Spielende in die Redaktion der Süddeutschen Zeitung zu eilen und auf die Schnelle Bild und Bericht mit dem Kürzel "li" abzuliefern. In der Nacht zum Donnerstag ist Eicke Ingo Lenz im Alter von 78 Jahren völlig überraschend verstorben. Er hinterlässt seine Frau Angelika und Tochter Silja.

Uneitel und frei von jeder Hemdsärmeligkeit

Die Nachricht vom plötzlichen Tod des außergewöhnlich vitalen Sportmannes erschütterte die Fußballwelt weit über den Landkreis Erding hinaus wie auch seine Kolleginnen und Kollegen der beiden Lokalzeitungen. Den Eicke schätzte jeder Fußballspieler und jede Fußballspielerin, die ihn kannten, als Sportler ebenso wie als Pressevertreter. Stets uneitel, frei von jeder Hemdsärmeligkeit und vor allem buddhistische Gelassenheit ausstrahlend war sein Auftreten gewesen und seine Sportberichte fair, wie etwa Rupert Lanzinger und Toni Eschbaumer betonen, mit denen Eicke dereinst in der Landesliga beim FC Moosining gespielt hatte - mit zwei Füßen unterschiedlicher Schuhgröße. Der große Zeh des rechten Fußes fehlte seit einem Radunfall im Kindesalter. Er brachte es dennoch zu einem der besten Fußballer im Landkreis - und zu einem der dienstältesten Schiedsrichter. 2022 feierte er das 60-Jährige. "Seine Pfeife liegt noch auf dem Wohnzimmertisch", sagt Tochter Silja.

Eicke Ingo Lenz wurde am 1944 als sechstes (Zwillings-)Kind in Freising geboren, studierte in Siegen Betriebswirtschaft und war bis zu seiner Rente bei der Agentur für Arbeit tätig. 1976 wechselte er vom SV Pulling, seinem Heimatverein, zum FC Moosinning, ehe er seine AH-Karriere beim FC Forstern beendete. 1982 heiratete Eicke seine Angelika, 1988 kam Tochter Silja zur Welt. Unvergessen, wie die heute 35-Jährige als kleines Mädchen sonntags in der Redaktion über den Schultern ihres Vaters hing, während der mit Zweifingersystem Spielberichte in die Schreibmaschine hämmerte. Es blieb nicht aus, dass sich die Fußballbegeisterung ihres Vaters auf sie übertrug. Silja verbrachte ihre Fußballjugend in Forstern, ehe sie 2011 zum FC Stern München wechselte und unter anderem im darauffolgenden Jahr den Aufstieg in die Bayernliga feiern durfte. Ihren Vater wusste sie als Ratgeber, Tröster und Chauffeur auf ihrer Seite.

"Ein ganz, ganz toller Mensch"

Schwer getroffen vom Tod von Eicke Lenz zeigte sich der sportliche Leiter des Forsterner Damen, Hans-Jürgen Lukschanderl. "Der Eicke hatte immer ein offenes Ohr für uns. Ein ganz, ganz toller Mensch." Für Christopher Vincenti, Brauereichef in Eitting, war der Eicke "mehr als nur ein Sportkamerad". Nachdem Vincenti einen Hirnschlag erlitten hatte und die Beine nicht mehr mitmachten, stand eines Tages Eicke vor seinem Rollstuhl und sagte laut Vincenti: "Nächste Woche fangen wir mit dem Trainieren an." Fortan radelte er fast täglich von Erding nach Finsing und unternahm mit ihm Spaziergänge, was den Heilungsfortschritt enorm beschleunigte.

Wann und wo Eicke Lenz beerdigt wird, steht noch nicht fest.

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