Arbeit der "Panzerknacker"-Ermittler:Verräterische Funkzellen

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Zuviel gezwitschert: Die "Panzerknackerbande", die in Erding fast 400.000 Euro durch Tresoraufbrüche erbeutet hat, ist durch aufgezeichnete Handygespräche überführt worden. Die Kriminalpolizei Erding gibt nun Einblicke in die Arbeit ihrer Sonderkommission.

Florian Tempel

Mit der Verurteilung von vier Mitgliedern der Erdinger Panzerknackerbande ist nur der Auftakt einer Serie von Verfahren gemacht. Insgesamt hat die Kripo Erding rund 20 mutmaßliche Mitglieder der Bande ermittelt, die vor allem mit Tresoraufbrüchen, aber auch zahlreichen "normalen" Einbruchsdiebstählen gut 380 000 Euro Beute gemacht hat.

In den kommenden Prozessen am Landgericht Landshut werden womöglich zwei der bereits Verurteilten eine entscheidende Rolle spielen. Ein 24-jähriger Erdinger und ein 37 Jahre alter Münchner haben über ihre eigene Tatbeteiligung hinaus Angaben zur Struktur der Bande gemacht und vor allem die mutmaßlichen Bandenchefs belastet. Neben ihrem Insiderwissen gewährte aber auch der Bericht eines leitenden Ermittlers hochinteressante Einblicke in die kriminelle Vereinigung.

Der Hauptkommissar der Kripo Erding legte dar, wie geschickt die Polizei der Einbrecherbande auf die Schliche kam. Im Herbst 2009 wurde der Polizei klar, dass eine ganze Reihe von Tresoraufbrüchen im Landkreis Erding und benachbarten Landkreisen auf das Konto der gleichen Täter gehen musste. An verschiedenen Tatorten fand sich das immer gleiche Bild: Massive, große Geldschränke mit mehreren hundert Kilogramm Gewicht waren an ihrer Rückseite mit einer Flex äußerst professionell aufgeschnitten oder vom Tatort abtransportiert worden.

Die Kripo Erding richtete eine Ermittlungsgruppe mit dem schönen Namen "Funkenflug" ein und setzte auf eine immer öfter erfolgreiche Ermittlungstaktik, die sogenannte Funkzellenanalyse: Die Polizei besorgte sich Listen zu allen Handygesprächen, die während der jeweiligen Tatzeiten in der Nähe der Tatorte geführt worden waren. Die Datenlisten wurden miteinander verglichen und in der Schnittmenge fanden sich wie erhofft zwei verdächtige Handynummern. Ein Mobiltelefon wiederum war auf einen der Kripo bestens bekannten Erdinger angemeldet.

Die Polizei begann nun, dieses Handy abzuhören und sammelte so nach und nach viele weitere Telefonnummern. Nach monatelanger Kleinarbeit hatte die Kripo Erding mehr oder weniger alle mutmaßlichen Bandenmitglieder identifiziert. Und da die Verdächtigen recht freimütig am Telefon über geplante und durchgeführte Straftaten sprachen, wusste die Kripo immer besser Bescheid. Im November 2010 entschlossen sich die Ermittler vier Tage lang "live in die Telefonüberwachung hinein zu hören", berichtet der Hauptkommissar, um die Bande bei nächster Gelegenheit "auf frischer Tat zu erwischen".

Das klappte dann auch wie geplant. Einige Bandenmitglieder fuhren zu einer Besprechung bereits erfolgter krimineller Operationen gemeinsam in die Oberpfalz. Auf dem Rückweg versuchten sie sich in Allershausen an einem Einbruch. Die Polizei observierte sie den ganzen Tag und nahm schließlich alle Mann fest.

Nach den Aussagen der beiden Kronzeugen, sei die Bande streng hierarchisch geordnet gewesen. An der Spitze sei ein Erdinger Gastronom gestanden, dessen Lokal das Hauptquartier darstellte. Dem hünenhaften Chef, der keine Undiszipliniertheiten geduldet habe, standen noch etwa drei Stellvertreter zur Seite. Ein besonders wichtiger Mann sei sein Bruder gewesen, der eigentlich in Belgien lebte und als Spezialist für das Aufflexen der Tresore jedes Mal eingeflogen wurde.

Weitere wichtige Funktionen innerhalb der Bande hätten sogenannte Tippgeber erfüllt, die über Standorte lohnenswerter Geldschränke Bescheid wussten. Wiederum andere waren für die Beschaffung von geeigneten Fahrzeugen und falschen Autokennzeichen zuständig. Ein Großteil der Bandenmitglieder stellte schließlich "die Arbeiterklasse", wie es einer der Kronzeugen ausdrückte.

Diese mussten die Geldschränke schleppen oder Schmiere stehen. Die Aufteilung der Beute habe nach den Einbrüchen natürlich in der Hand des Bandenchefs gelegen. Dabei sei ein bestimmter Teil "in einem Sozialfonds" zurückgelegt worden. Für den Fall, dass Bandenmitglieder verhaftet werden sollten, einen Rechtsanwalt brauchten sowie zur Unterstützung der Familien der Festgenommenen.

© SZ vom 10.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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