Eching:Kuriose Historie eines Nachbarstreits

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Die Straße am Hollerner See war eigentlich mal der Wunsch der Kommunen. Jetzt ist sie zum Zankapfel geworden

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Staatsstraße, die von Eching zum Kreuzhof führt und dort die Bundesstraße 13 erreicht, existiert nicht mehr. Nun läuft die Trasse ab Höhe des Hollerner Sees am Seeufer entlang und stößt einige hundert Meter weiter nördlich auf die B 13, beim Geflügelhof, in etwa an der Abzweigung nach Unterschleißheim auf den Münchner Ring: So stand das im Echinger Bebauungsplan Nummer 28 aus dem Jahr 1992 und so steht es auch im 2016 formal herausgelösten Bebauungsplan Nummer 28 a. Dagegen aber verwahrt sich Unterschleißheim so massiv, dass es jetzt sogar Normenkontrollklage gegen den Nachbarn eingelegt hat.

Die Historie dieser Planung freilich macht den aktuellen Streit bizarr. Denn die Straßenverlegung war nie ein Echinger Plan. Sie wurde der Gemeinde einst aufgezwungen, als um das Mallertshofer Holz ein opulenter Standortübungsplatz der Bundeswehr entstehen sollte. Mit dem Ende des Kalten Kriegs wurde die Planung zu den Akten gelegt, stattdessen sollte ein Erholungsgebiet um den Hollerner See entstehen, da zogen Eching und Unterschleißheim seinerzeit schon einmal vor Gericht - um gemeinsam für die Straßenverlegung zu streiten.

Die Verlängerung der Echinger Hauptstraße nach Südwesten ist mindestens seit barocken Zeiten eine Straßenverbindung; sie gründet in den Sicht- und Jagdschneisen, die beim Bau von Schloss Lustheim im 17. Jahrhundert in die karge Landschaft geschlagen wurden. In strengem Winkel von Lustheim aus reichte die Trasse in schnurgerader Führung bis zur Kirche St. Andreas in Eching. Mit der Planung des Standortübungsplatzes in den Siebzigerjahren hätte das Teilstück ab Höhe Hollerner See durch militärisches Sperrgebiet geführt, weshalb das Verteidigungsministerium eine Verlegung anordnete.

Eching votierte 1976 dafür, die Ersatzverbindung nach Westen nicht über seine Hollerner Straße zu schaffen, sondern über die Hauptstraße und die damit nötige Verschwenkung am Seeufer entlang. So geriet die heute strittige Straße in die Pläne. Als dann der Hollerner See statt Militär- zum Erholungsgebiet werden sollte, fügte sich die Straßenplanung aus damaliger Sicht ideal als Erschließungsstraße für das Areal - auch für Unterschleißheim.

Als Ende der Neunzigerjahre BMW ein Bahngleis vom Bahnhof Lohhof zu seinen Anlagen in Hochbrück verlegen wollte, pochten Eching und Unterschleißheim auf die Verlegung der Straße. Für die Kreuzung des Industriegleises mit der Staatsstraße, auf Höhe des Kreuzhofes, hätte BMW eine Straßenunterführung bauen müssen. In allseitigem Einvernehmen wurde dem Konzern dies erlassen und stattdessen auferlegt, dafür die spätere Kreuzung des Gleises mit der verlegten Straße auf Höhe des Geflügelhofs zu finanzieren. So wurde der Bahnübergang am Kreuzhof höhengleich.

Weil die Zugfrequenz auf der neuen Schiene jedoch drastisch geringer ausfiel als geplant, bemühte sich BMW von 2001 an, die Verpflichtung zum Unterführungsbau erlassen zu bekommen. Dagegen zogen Eching und Unterschleißheim 2004 gemeinsam vor Gericht, weil sie fürchteten, bei der nach wie vor gemeinsam geplanten Straßenverlegung dann doch auf eine Unterführung unter dem Industriegleis am Kreuzhof verpflichtet werden zu können, die sie dann selbst bezahlen müssten. Die Klage scheiterte.

Erst seit der Diskussion um die zeitweise geplante Therme am Hollerner See ist die Verschwenkung der Straße zum Zankapfel geworden. Sowohl die Front derjenigen in Eching, die den Hollerner See möglichst naturbelassen erhalten wollen, als auch die Stadt Unterschleißheim lehnen die Verlegung nun kategorisch ab. Das Echinger Rathaus betreibt die Straßenverlegung derzeit nicht konkret, will sich aber auch nicht zur expliziten Tilgung der Trasse aus dem Bebauungsplan verpflichten, um sich keine Optionen zu verbauen. Das Plangutachten zum See, das in dieser Woche vorgestellt wird, könnte hier eine Lösung bringen.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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