Eching:Klärwerk Marienhof wird Energieproduzent

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Die Münchner Stadtentwässerung plant auf dem Gelände eine große Photovoltaikanlage. Gleichzeitig laufen in den nächsten Jahren eine Reihe von Modernisierungsmaßnahmen, die auch den Stromverbrauch senken sollen

Von Klaus Bachhuber, Eching

Kurz vor seinem 30. Geburtstag wird das Münchner Klärwerk Gut Marienhof bei Dietersheim einer Generalüberholung unterzogen. Anlagentechnik und Elektronik benötigen eine Erneuerung, mit der auch eine verfahrenstechnische und energetische Optimierung erfolgen. Außerdem wird auf dem Gelände ein Solarpark errichtet. Die Bauarbeiten werden sich bis weit nach 2020 hinziehen, das Investitionsvolumen liegt allein im ersten Abschnitt bei 70 Millionen Euro. Für Neu- und Umbauten hat das Echinger Rathaus gerade das Genehmigungsverfahren in Arbeit.

1961 kaufte die Landeshauptstadt das einstige Gut Marienhof an der Isar nördlich von Dietersheim und startete 1972 das Genehmigungsverfahren für ein zweites Klärwerk der Millionenstadt, an das auch 22 Kommunen der Umgebung angeschlossen wurden. 1989 wurde "München 2" eröffnet, seinerzeit vom Echinger Rathaus mit einem peniblen Reglement flankiert, das die Geruchsbelastung für Dietersheim minimierte und einen damals einzigartigen Standard an Begrünung forderte. Die Anlage, die seither sowohl für die Münchner Stadtentwässerung als auch für die Dietersheimer Nachbarn selten Grund für Ärger lieferte, ist nun aber in die Jahre gekommen. Die Diesel-Gas-Motoren, die das anfallende Faulgas verstromen, sind seit über 20 Jahren im Dauerbetrieb. Das Alter macht eine Wartung immer kostenintensiver. "Erklärtes Ziel der Münchner Stadtentwässerung ist es, die eigenen Energieressourcen optimal und nachhaltig zu nutzen und die Wirtschaftlichkeit im Energiebereich permanent zu verbessern", schildert Matthias Wünsch, der Sprecher der Stadtentwässerung. So soll nun eine neue Generation von Motoren eingesetzt werden, die eine deutlich effektivere Klärgasnutzung ermöglichen. Im Klärwerk Gut Großlappen, "München 1", sind diese Motoren bereits im Einsatz. Für sie wird eine komplett neue Energiezentrale gebaut, mit höherer Ausfallsicherheit, besserer Luftversorgung für die Biologischen Reinigungsstufen und gleichzeitig reduziertem Stromverbrauch. Final könne dann der Strombedarf von "München 2" zu annähernd 100 Prozent aus Eigenproduktion gedeckt werden, bisher liegt der Effizienzgrad bei rund 80 Prozent.

Die Neuordnung der Energieanlagen wird von der Stadtentwässerung in zwei Etappen angepackt. Teil eins läuft bereits und soll 2019, zum 30. Geburtstag der Anlage, vollendet sein. Hierfür sind 69 Millionen Euro an Investitionskosten angesetzt. Teil zwei ist noch in der Entwurfsplanung. Das Echinger Rathaus hat die bisher vorgestellten Pläne als unproblematisch bewertet, die Aktualisierung des 1982 erlassenen Bebauungsplanes läuft.

Eine verwaltungstechnische Kuriosität ist, dass der nördliche Zipfel des Klärwerkgeländes auf Neufahrner Flur liegt. Schon im Zuge der ersten Planung vor über 30 Jahren hat Neufahrn die Planungshoheit über diese Parzelle an Eching abgetreten, wenngleich es weiterhin zum Neufahrner Gemeindegebiet gehört - und ohnehin von der Stadt München genutzt wird.

Eine größere Änderung am Flächennutzungsplan der Gemeinde Eching ist für den geplanten Solarpark nötig. Hierfür werden ehemalige Grünflächen im Osten des städtischen Grundbesitzes umgewidmet. Auch da hat der Gemeinderat bereits Zustimmung signalisiert. 2013 hatte eine Wirtschaftlichkeitsanalyse für die Liegenschaften der Münchner Stadtentwässerung "erhebliches Potenzial für die Nutzung von Sonnenenergie zur Stromerzeugung" attestiert. Die Freifläche im östlichen Bereich des Klärwerks Gut Marienhof wurde dabei als Standort Nummer eins klassifiziert. In der Vorplanung ist eine Anlage mit fünf Mega-Watt-Peak Leistung.

Auch die Klär-Anlagen werden kontinuierlich modernisiert. Bei der Schlammbehandlung stehen die Erneuerung der Elektrotechnik und eine Teilerneuerung der Maschinentechnik an. Gemeinsam mit der Schlammbehandlung wird auch die Sandfiltrationsanlage betriebstechnisch modernisiert. Diese Arbeiten zählen zum laufenden Unterhalt. Das Klärwerk München 2 ist für eine Million Einwohnergleichwerte ausgerichtet, jährlich werden etwa 180 Millionen Kubikmeter Abwasser von beiden Münchner Klärwerken verarbeitet, knapp die Hälfte im Gut Marienhof. Über einen 15 Kilometer langen Sammelkanal kommen aus Münchens Westen zwischen vier und sechs Kubikmeter Abwasser in der Sekunde im Klärwerk an. Allein 20 Klärbecken mit einem Volumen von 156 000 Kubikmetern tragen zur Reinigung in unterschiedlichen Stufen bei. Der bei der Reinigung anfallende Klärschlamm wird über einen unterirdischen Kanal in die Großlappener Anlage gepumpt und dort entsorgt.

© SZ vom 08.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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