Eching:Ausgebremst

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Der parteilose Bürgermeister Sebastian Thaler ist angetreten, um Eching zu verändern. Nun scheitert er mit seinen Vorschlägen immer wieder an CSU und FWG, die dem Amtsneuling ihre Erfahrung im Gemeinderat entgegenhalten

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Abstimmung war gelaufen, das Ergebnis gerade auf den Notizblock fürs Sitzungsprotokoll notiert, die Gemeinderäte blätterten die Unterlagen zum nächsten Tagesordnungspunkt um, da grummelte Bürgermeister Sebastian Thaler einen Nachsatz in die Tiefe des Raumes, der das politische Eching seither umtreibt: "Manchmal frag ich mich, wofür ich gewählt worden bin."

Alle nennenswerten inhaltlichen Neuerungen, die Thaler in seiner jetzt halbjährigen Amtszeit umsetzen wollte, wurden ihm von einer festen Front im Gemeinderat verweigert.

Änderungen an den Rathausplänen: nicht mit CSU und FWG. Ein mehrstöckiger Turm beim neuen Boardinghaus an der Oberen Hauptstraße: durchgesetzt von CSU und FWG. Stärkere Verdichtung im Neubaugebiet Böhmerwaldstraße, um mehr Wohnraum zu schaffen: abgeblockt von CSU und FWG. Er habe "schon erwartet, dass man mir mehr Vertrauen schenkt", sagt der parteilose Thaler zu dem regelmäßigen Scheitern und bilanziert als Neuling: "Erste Erkenntnis: Der Bürgermeister hat auch nur eine Stimme im Gemeinderat."

Rechnerisch eine Binsenweisheit, aber mit dem Thaler eigenen Sarkasmus als Kernfrage formuliert: Wie kann der Bürgermeister die 62 Prozent Wählerstimmen hinter seinen Plänen umsetzen, wenn ihn der Gemeinderat auf eine Stimme unter 25 reduziert? Für seine Unterstützergruppen ist dies eine Missachtung des Wählerwillens, wie es explizit die SPD in Leserbriefen und Stellungnahmen angeprangert hat. "Einfach dagegen halten mag rechtlich unangreifbar sein", monieren die Genossen, "den Wählern gegenüber ist es borniert". Die 62 Prozent pro Thaler müssten auch als Votum für Veränderung interpretiert werden.

"Man kann schon mutmaßen, dass die zwei stärksten Fraktionen im Gemeinderat zeigen wollen: ohne uns geht nichts", sagt Thaler. Dies sei "bedenklich, wenn es nicht zum Wohle der Gemeinde ist". Und das treffe nach seiner Auffassung speziell zu, wenn an den früheren Plänen für das Neubaugebiet festgehalten werde. Während er das Beharren auf den alten Rathausplänen noch nachvollziehen könne, so Thaler, hätten sich beim Baugebiet die Voraussetzungen so klar geändert, dass "alle Argumente auf der Hand liegen".

CSU und FWG wollen sich auf die Lesart von Machtspielchen überhaupt nicht einlassen. Thalers Neuerungsvorschläge seien einfach im Einzelfall nicht überzeugend gewesen. Beim Rathaus etwa hätte man für mehr Geld weniger Volumen erhalten, hatte CSU-Sprecher Georg Bartl die Korrekturwünsche des Bürgermeisters abgetan. Die FWG habe Thaler mit der Zustimmung, seine Pläne ausarbeiten zu lassen, "nicht die Möglichkeit vorenthalten, sich einzubringen", betont ihr Gemeinderat Christoph Gürtner: "Doch die Ergebnisse waren ernüchternd." Er empfiehlt dem neuen Bürgermeister wie jedem Berufsanfänger: "Es hilft einfach mal, auf den Rat der erfahreneren Kollegen zu hören."

Die FWG sei jederzeit "bereit, sich mit seinen Ideen konstruktiv auseinanderzusetzen", versichert er. Dass Thaler aber in die bereits weit vorangetriebenen Pläne zu Rathaus und Baugebiet eingreifen und "alles auf Null zurücksetzen" wollte, sei wenig konstruktiv. Hätte die FWG hier ihre bisherigen Positionen plötzlich umgeworfen, so kehrt Gürtner den Spieß um, "hätten wir uns fragen müssen, wofür wir denn gewählt worden sind".

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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