Ebersberg:Im Sog der Metropole

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Der Landkreis Ebersberg zahlt seinen Angestellten von Januar an Großraumzulage, auch Beamte sollen Zuschuss bekommen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die hohen Lebenshaltungskosten im Landkreis bekommen zunehmend die kommunalen Arbeitgeber zu spüren. Diesen fällt es immer schwerer, offene Stellen zu besetzen oder Personal zu halten. Der Landkreis hat darauf nun reagiert, vom kommenden Jahr an erhalten Angestellte der Behörde einen Zuschuss analog dessen, was die Landeshauptstadt zahlt. Ebenfalls einen Bonus soll es für Beamte geben, allerdings muss dies noch mit dem Freistaat abgestimmt werden, weshalb die Zulage wohl erst später eingeführt wird.

Wie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nun im Kreis- und Strategieausschuss erklärte, "hat uns das Thema überrollt". Im vergangenen Mai hatte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auch für seinen Stadtrat ziemlich überraschend angekündigt, eine Zulage für städtische Angestellte einzuführen. Und auch wenn man sich etwas mehr Dialog und Abstimmung mit den Landkreisen gewünscht hätte, so Niedergesäß weiter, sehe er keine andere Möglichkeit, als es der Landeshauptstadt gleichzutun. Was die Landkreise München und Starnberg bereits getan hätten. In Fürstenfeldbruck, Dachau und Freising gibt es entsprechende Empfehlungen an die Kreistage, die Erdinger prüfen derzeit, ob man die Zulage in voller Höhe oder in reduzierter Form einführen will.

Zwar könne man auch in Ebersberg bei der Zulage niedriger einsteigen, sagte Niedergesäß, er empfehle aber, gleich den vollen Satz zu zahlen. Davon würden besonders die unteren Gehaltsgruppen profitieren. Diese erhalten 270 Euro pro Monat, mittlere Einkommen werden mit 135 Euro bezuschusst, Auszubildende bekommen 140 Euro, außerdem gibt es 50 Euro pro Monat und Kind. Daraus ergeben sich zusätzliche Personalkosten von 1,13 Millionen Euro im Jahr. Weitere 66 000 Euro wären fällig, würde man die Zulage auf die Beamten ausweiten. Bevor dies möglich ist, muss der Freistaat neue Regelungen für den Großraum München festsetzen.

Dass man die Zulage unbedingt in voller Höhe einführen sollte, liege an der Konkurrenzsituation in der Region. Sowohl mit der freien Wirtschaft, als auch mit anderen Kommunen, so Niedergesäß, "und es tut unseren Mitarbeitern gut". Derzeit bekämen 113 Mitarbeiter die Ballungsraumzulage, erklärte Margrita Schwanke-Berner, Leiterin des Personalservice im Landratsamt. Diese steht allen zu, die sowohl ihren Arbeitsplatz als auch den Wohnsitz in einem sogenannten Verdichtungsraum haben. Ersteres trifft auf alle Landratsamtmitarbeiter zu, da Ebersberg ein solcher Verdichtungsraum ist. Die südlichen und östlichen Landkreisgemeinden jedoch nicht, was bedeutet, wer dort wohnt hat keinen Anspruch. Was nach Meinung der Personalratsvorsitzenden Karin Stanuch im Amt durchaus als Ungleichbehandlung gesehen werde. Die neue Zulage sei aber auch ein Zeichen von Wertschätzung, sie nicht einzuführen "wäre ein Entzug von Vertrauen" seitens der Mitarbeiter.

Er hätte das Geld zwar lieber in den Bau günstiger Wohnungen investiert, meinte Alexander Müller (FDP), dennoch könne sich der Landkreis nicht leisten, als einziger darauf zu verzichten. Wie schwierig die Mitarbeitersuche ist, schilderte Martin Wagner (CSU), stellvertretender Bürgermeister von Vaterstetten. Die Resonanz auf Stellenausschreibungen sei mäßig, ohne zusätzliche Anreize sagten die wenigen Bewerber ab. "Es ist alternativlos, dass wir das einführen", sagte Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD). Er sei sich bewusst, dass man sich "in einer großen Spirale" befinde, Städte und Gemeinden würden bald dem Beispiel des Landkreises folgen. Aber man "sollte nicht auf dem Rücken der Beschäftigten austragen, dass die Politik bei der Regulierung der Grundstückskosten versagt hat". Dass das für die Gemeinden "schmerzhaft" werden wird, erwartet Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel (CSU), "aber wir müssen es tun". Das finden auch seine Amtskollegen aus Pliening und Vaterstetten: "Wenn wir gute Leute suchen, müssen wir sie anständige bezahlen", sagte Roland Frick (CSU), "in einer Region mit so hohen Lebenshaltungskosten ist die Zulage gerechtfertigt", befand Georg Reitsberger (FW). Auch Reinhard Oellerer (Grüne) sagte, "wir können ja nicht an den Angestellten auslassen, dass die Preisentwicklung beim Wohnen so dramatisch ist".

Anderer Meinung war Christian Eckert (Bayernpartei). "Ich gönne jedem das Geld", aber besser über einen Wohnkostenzuschuss. Auf diesen hätten die Angestellten des Landratsamtes keinen Anspruch, sagte Wagner, genausowenig auf eine Sozialwohnung, da dafür die Gehälter zu hoch seien.

© SZ vom 13.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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