Ebersberg:Dienst unter Freunden

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Drei junge Männer müssen sich wegen Beihilfe zum Drogenhandel vor dem Amtsgericht verantworten

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

"Mach nie die Tür auf, sei nie daheim" - den Warnhinweis der österreichische Satireband Erste Allgemeine Verunsicherung haben die drei Freunde wohl altersbedingt nicht befolgt. Vermutlich haben die 21-Jährigen noch nie von der Band gehört, die es in den Neunzigern mit ihrem Song "Ding Dong" in die Hitparade schaffte. Die jungen Männer öffneten, wenn es klingelte, die Tür - und verwickelten sich dadurch in Drogengeschäfte. Jetzt müssen sie sich vor dem Ebersberger Jugendgericht verantworten.

Die Staatsanwältin wirft den drei Angeklagten Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln vor. Zwischen März und Juni 2018 sollen sie für einen Freund an dessen Wohnungstür Marihuana in kleinen Tüten verkauft haben. Dabei soll einer der Beschuldigten insgesamt 50 Mal die Tür geöffnet haben, die anderen beiden jeweils vier Mal. Bei dem Dritten fanden die Polizeibeamten bei der Zimmerdurchsuchung in der elterlichen Wohnung im Januar dieses Jahres zudem knapp zwei Gramm Marihuana sowie Ecstasy-Tabletten und diverse Rauschgiftutensilien wie Crusher und Feinwaage.

Zwei der Angeklagten sind geständig und erklären, wie es dazu kam: Man traf sich oft bei dem Freund und verbrachte dort viele Stunden mit gemeinsamem Playstation-Spiel. Wenn es an der Tür klingelte, machte immer derjenige auf, der gerade nicht den Controller in der Hand hatte; er überreichte eines der vorbereiteten Tütchen und nahm das Geld entgegen.

Es muss sehr oft geklingelt haben. Der Freund, in dessen Wohnung man seine Freizeit verbrachte, betrieb einen schwunghaften Drogenhandel. Er wurde bereits rechtskräftig verurteilt. Als Zeuge vor Gericht bestätigt er nun, dass zwei der Angeklagten sehr oft bei ihm zum Zocken am Computer oder Filme schauen gewesen seien. Abwechselnd sei man zur Wohnungstür gegangen, um die Kundschaft zu bedienen. Eine Vergütung hätten die beiden nicht für ihre Dienste bekommen. Der Zeuge stellt klar: "Es war mein Geschäft." Sicher, der Kühlschrank sei seinen Besuchern immer offen gestanden. Ein Freundschaftsdienst halt.

Für die Kunden waren die Freunde ihres Drogendealers so vertrauenswürdig, dass sie sie auch anschrieben und Bestellungen aufgaben, wenn sie den Händler nicht erreichten. Auf die Nachfrage von Jugendrichter Dieter Kaltbeitzer, ob man bei dem Freund auch Drogen konsumiert habe, sagt der eine: "Ja, wir haben auch zusammen geraucht." Der andere Anklagte schweigt dazu. Sein Verteidiger sagt, zum Konsum werde man sich nicht äußern. Nur immerhin so viel: Aktuell konsumiere er nicht. Der dritte Angeklagte wehrt sich gegen den Vorwurf des Mitwirkens am Drogenhandel. Nach einem Streit mit einem der Freunde sei er bei den Treffen an der Playstation nicht mehr dabeigewesen. Er gesteht lediglich den Besitz der geringen Menge an Marihuana und der Aufputschmittel.

Nach den Zeugenaussagen steht für die Staatsanwältin fest: Eine Gewinnabsicht sei nicht nachweisbar. Doch fordert sie als Strafe für das Mitwirken Geldauflagen, Drogenscreening und Sozialstunden. Es handele sich um "Hilfsleistungen". Der Verteidiger hält Drogenscreening für überflüssig. Man müsse im Jugendstrafrecht nicht "überpädagogisieren".

Wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel verurteilt Jugendrichter Dieter Kaltbeitzer den einen Angeklagten zu einer Geldauflage von 250 Euro. Er legt dem 21-Jährigen 20 Fälle zur Last. Der andere Angeklagte, dem vier Fälle nachgewiesen wurden, wird zu vier Tagen Sozialdienst bei der Brücke Ebersberg verurteilt. Den dritten Angeklagten spricht er vom Vorwurf der Beihilfe zum Drogenhandel frei, verurteilt ihn aber nach Erwachsenenstrafrecht wegen Drogenbesitzes zu einer Geldauflage in Höhe von 30 Tagessätzen zu 25 Euro.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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