Dorfen/Freising:Enttäuschte Hoffnungen

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Ende des Jahres wird die Produktion in den Dorfener Hydraulikwerkstätten eingestellt. (Foto: Renate Schmidt)

Die 130 Mitarbeiter des Dorfener Hawe-Werks können nicht nach Freising wechseln. Ein Teil der Belegschaft im Nachbarlandkreis muss ebenfalls weichen und soll künftig im Allgäu arbeiten

Von Petra Schnirch und Florian Tempel, Dorfen/Freising

Am Donnerstag haben im Dorfener Werk von Hawe Hydraulik, das bis Jahresende komplett dicht gemacht wird, die Einzelgespräche mit den circa 130 Mitarbeitern begonnen. Gleichzeitig wurde nun klar, dass es kaum Hoffnung für die Dorfener gibt, ersatzweise einen Arbeitsplatz im relativ nahen Hawe-Werk in Freising zu bekommen. "Wir können da kein Angebot machen", sagt Unternehmenssprecherin Astrid Vosberg. Nur in wenigen "Härtefällen" - wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel schwerbehindert sei oder pflegebedürftige Angehörige habe - gebe es eine Chance, einen Arbeitsplatz in Freising zu bekommen. Für alle anderen Dorfener gilt: Sie müssen nach Kaufbeuren umziehen, um im dortigen Hawe-Werk weiter zu arbeiten. Wer dazu nicht bereit ist, kommt für maximal ein Jahr in eine Transfergesellschaft oder muss sich selbst einen neuen Job bei einer anderen Firma suchen.

Als die Geschäftsführung Mitte Februar die Werkschließung in Dorfen bekannt gab, wurden die 430 Hawe-Mitarbeiter in Freising noch beschwichtigt. Sie seien von den Umstrukturierungen im Konzern nicht betroffen. Für manchen aus der Belegschaft in Dorfen war das ein Hoffnungsschimmer: Womöglich könnte man ja in Freising weitermachen. Aus dieser Option wird aber nichts. Zur "Optimierung der Fertigungsabläufe" hat die Geschäftsleitung eine große Mitarbeiter-Rochade beschlossen, die für die Dorfener Mitarbeiter die Lage nicht besser macht. Denn Hawe-Arbeiter aus München - auch dort werden die Werkstätten dicht gemacht - sollen künftig in Freising arbeiten und 50 bis 70 Freisinger nach Kaufbeuren wechseln.

Hintergrund der großen Umstrukturierung bei Hawe sind globale wirtschaftliche Probleme. Das Unternehmen hat den Einbruch der Bauwirtschaft in China zu spüren bekommen, ebenso die Folgen des niedrigen Ölpreises. Kaum jemand investiere derzeit in diesem Bereich, sagt Hawe-Vorstandsmitglied Wolfgang Sochor. Deshalb habe man sich entschlossen, die Produktion in Bayern auf die drei Standorte Freising, Sachsenkam und Kaufbeuren zu konzentrieren. Für die Dorfener Belegschaft gibt es entgegen früheren Plänen mittlerweile auch keine Aussicht, ersatzweise wenigstens einen Arbeitsplatz in Sachsenkam zu bekommen - was allerdings mit einer täglichen Autofahrt von 84 Kilometern hin und zurück verbunden wäre.

Die Mitarbeiter müssen sich nach den Einzelgesprächen nun relativ schnell entscheiden, ob sie sich auf einen Wechsel nach Kaufbeuren einlassen. Die Verlagerung der Produktion von Dorfen nach Kaufbeuren soll in der zweiten Jahreshälfte 2016 erfolgen. Der Abzug der Maschinen aus dem Dorfener Werk soll schon im September beginnen und bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Geschäftsführer Sochor sagt, man wolle die Versetzungen für die Mitarbeiter "so sozial verträglich wie möglich gestalten". Wer ins Allgäu umsiedelt, erhält eine Wechselprämie, die laut Sochor zum Teil 30 000 Euro und mehr betragen kann. Zudem gebe es Unterstützung bei der Wohnungssuche, einen Mietzuschuss oder Zuschüsse beim Erwerb einer Wohnimmobilie sowie einen zeitlich begrenzten Kündigungsschutz, sagt Hawe-Pressesprecherin Vosberg: "Wir wollen ja, dass die Mitarbeiter wechseln. Das sind Fachkräfte, die zum Teil schon sehr lange für Hawe arbeiten und viel Fachwissen haben." Für Mitarbeiter, deren Familien nicht mit ins 150 Kilometer von Dorfen entfernte Kaufbeuren ziehen wollten, prüfe man, ob eine Konzentrierung der Arbeitszeit auf vier Wochentage möglich sei. Das gehe aber nur, wenn sich die Mitarbeiter eine Zweitwohnung in Kaufbeuren nähmen. "Was wir auf gar keinen Fall wollen, ist ein tägliches Pendeln, das halten wir nicht für tragbar", sagt Hawe-Sprecherin Vosberg.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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