Karl-Heinz Figl, der ehemalige Geschäftsführer der Stadtwerke Dorfen, verklagt die Stadt und Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) auf Schadenersatz. Figl ist das Opfer einer Rufmordkampagne, die darin gipfelte, dass er 2016 vom Stadtrat mit nur einer Stimme Mehrheit als Stadtwerkegeschäftsführer entlassen wurde. Nachdem der Pressesprecher des Landgerichts Landshut, Peter Pöhlmann, die Existenz der Klage bestätigt hatte, äußerte sich Figl auf Nachfrage der Erdinger SZ auch selbst dazu. Seine Klage basiere im Kern auf folgender Überlegung, erklärte Figl: Seine Entlassung sei irregulär erfolgt, da an der für ihn vernichtenden Abstimmung im Stadtrat mehrere Personen teilgenommen hätten, die zuvor die Presse und die Öffentlichkeit mit verleumderischen Behauptungen gegen ihn gefüttert hätten und somit gezielt an seiner Demontage mitwirkten. Eine Sprecherin der Stadt und des Bürgermeisters teilte mit, man äußere sich nicht zu der Klage.
Dass Figl Opfer einer Rufmordkampagne geworden ist, kann niemand mehr leugnen. Die offensichtliche Intrige begann 2015 im Dorfener Anzeiger, laut dessen Berichterstattung Figl sich mit unlauteren Bedingungen finanziell besser stellen wollte. Als Figl sich gegen die Anschuldigungen wehrte und ihre Unwahrheit nachwies, kamen neue Angriffe: Nun wurde ihm unterstellt, er habe Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) mit einem Nazivergleich beleidigt. Als Figl sich auch dagegen erfolgreich wehrte, kam es zum finalen Rufmordakt. Bei der Staatsanwaltschaft Landshut und dem Dorfener Anzeiger wurde eine anonyme Anzeige eingereicht. Darin hieß es, Figl habe Mitarbeiter zu falschen eidesstattlichen Versicherungen genötigt. Das war wieder erlogen, erfüllte aber den beabsichtigten Zweck.
Die Mehrheit des Stadtrats stimmte im April 2016 gegen den vom Aufsichtsrat zuvor einstimmig empfohlenen neuen Vertrag für Figl - damit war er zum Jahresende 2016 als Geschäftsführer entlassen. Im Nachgang rechtfertigten die Stadträte und der Bürgermeister, die Figl ohne Angabe von Gründen rausgeschmissen hatten, ihre Entscheidung auch mit der anonymen Anzeige. In einem vom CSU-Fraktionsvorsitzenden Michael Oberhofer verfassten Schreiben hieß es, den Zwölfen seien "begründete Mitteilungen über das zunehmend schlechte Betriebsklima in den Stadtwerken" zugekommen, was sich auch "in einer anonymen Anzeige manifestiert" habe. Dass Figl das Opfer von Verleumdungen geworden war, wurde in dem Schreiben nicht ansatzweise, nicht einmal als Möglichkeit auch nur in Erwägung gezogen.
Nachdem die Staatsanwaltschaft wenige Wochen später die anonyme Anzeige als gemeinen Betrug enttarnt hatte, unterblieb abermals - und bis heute - eine Rehabilitierung Figls. Dabei hätte man ihn ganz einfach wieder einstellen können. Denn als der Geschäftsführerposten bei den Stadtwerken ausgeschrieben wurde, reichte auch Figl eine Bewerbung ein. Doch dieselben Personen, die an seinem Rauswurf beteiligt waren, blieben weiterhin hartnäckig gegen ihn.
Nach 14 Jahren als Geschäftsführer der Stadtwerke Dorfen, die für die Stadt in vielfacher Hinsicht gewinnbringend waren, schienen seine Gegner mit der Einstellung von Figls Nachfolger Klaus Steiner endgültig am Ziel. Am 2. Januar 2017 meldete sich Figl jedoch zurück am Arbeitsplatz. Als er 2002 bei den Stadtwerken anfing, hatte er dort als kaufmännischer Leiter begonnen. Dieser Arbeitsvertrag war nie aufgelöst worden und bestand all die Jahre, die Figl dann auch Geschäftsführer war, weiter. Das Landesarbeitsgericht München, bestätigte vor einem Jahr, dass Figl einen Arbeitsvertrag als kaufmännischer Leiter hat. Im September 2019 wurde das Urteil rechtskräftig, nachdem das Bundesarbeitsgericht in Erfurt eine letzte Beschwerde abgewiesen hatte. Die Stadtwerke Dorfen mussten Figl drei Jahre Gehalt nachzahlen.
Figl hat in der Zwischenzeit noch weitere Siege errungen. Der Deutsche Presserat missbilligte Ende 2018 die Berichterstattung des Dorfener Anzeigers wegen "Verletzung der Grundsätze der Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde, der Sorgfalt und der Richtigstellung". In zwei Verfahren am Landgericht Landshut legten die Verfasser der für Figl rufschädigenden Presseberichte dar, wie sie dazu kamen, Anschuldigungen zu publizieren, die sich als Falschbehauptungen erwiesen: Sie vertrauten ihren zwei Informanten, bei denen es sich um Mitglieder des Stadtrats gehandelt habe, einer zudem Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke.
Figl baut seine aktuelle Klage nun so auf: Erstens ist rechtskräftig festgestellt, dass sein 2002 geschlossener Arbeitsvertrag als kaufmännischer Leiter noch immer gilt. Zweitens sei seine Entlassung als Geschäftsführer irregulär abgelaufen. Die vermeintlichen Informanten des Dorfener Anzeigers - die zwei Stadträte - lieferten keine Informationen, sondern Verleumdungen. Verleumdungen sind strafbare Handlungen. Somit hätten aber bei seiner Entlassung Personen mitentschieden, die ihm vorher mit kriminellen Taten geschadet hatten. Das mache die Abstimmung zu einem völlig irregulären Vorgang, so die Argumentation von Figl und seinem Anwalt, der das in einer 40 Seiten langen Klageschrift mit vielen Anlagen ausführlich darlegt. Drittens lässt sich ein Schaden ermitteln: Es ist die Differenz zwischen Figls Gehalt als kaufmännischer Leiter und als Geschäftsführer.
Bislang war Figl von der Arbeit bei den Stadtwerken freigestellt. Seine mit einem Handstreich vorgenommene Entlassung hat sich schon als teuere Angelegenheit erwiesen und könnte noch teurer werden.