Digitalisierung:Auf halbem Weg zum digitalen Rathaus

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Während die Kommunen bei Online-Formularen auf das "Bürgerservice-Portal" der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern setzen, kann man bei der Stadt Erding sie nur ausgefüllt ausdrucken. Im Landratsamt bietet die KfZ-Zulassungsstelle am meisten für Bürger

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Deutschland liegt bei einem EU-weiten Vergleich zum Stand der Digitalisierung weiter nur im Mittelfeld. Die Bundesrepublik belegt 2020 wie schon im Vorjahr Platz 12 unter 27 EU-Mitgliedsstaaten und Großbritannien. Wenn es um den öffentlichen Dienst geht, hat die Kommission der Europäischen Union (EU) Deutschland bei ihrem alljährlich erscheinenden "Digital Economy and Society Index" (DESI-Index) abgeschlagen sogar nur auf Platz 21 eingruppiert. Im Landkreis Erding sind die Kommunen völlig unterschiedlich aufgestellt, wie ein Blick auf die Homepages der Gemeinden zeigt. Allerdings ist der größte Unterschied nur zwischen Landratsamt und Stadt Erding auf der einen Seite zu sehen, die restlichen Kommunen setzen auf die zentrale Plattform für Online-Bürgerdienste in Bayern, das "Bürgerservice-Portal" der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB).

Im Landratsamt Erding stehen bisher nur zahlreiche Formulare als PDF-Dateien zum Download und Ausfüllen zur Verfügung. Das Bürgerservice-Portal der AKDB ist nur für die KfZ-Zulassungsbehörden nutzbar, wie Daniela Fritzen, Pressesprecherin am Landratsamt, mitteilt. In der Zulassungs-Abteilung ist auch am meisten online möglich: Neuzulassung, Umschreibung, Wiederzulassung und Eintrag einer Adressänderung, Fahrzeugabmeldungen, alle Umschreibungen eines angemeldeten Fahrzeugs mit Halterwechsel und/oder Wechsel des Kennzeichens.

Doch es gibt dabei für die Nutzung ein Handicap: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist für diesen Dienst die Online-Ausweisfunktion erforderlich, um sich damit sicher elektronisch ausweisen zu können. Als Ausweis gelten der neue Personalausweis oder der elektronische Aufenthaltstitel. Dazu benötigt man ein Lesegerät für den Ausweis. Zum Beispiel einen Rechner mit angeschlossenen Kartenlesegerät oder ein Smartphone mit NFC-Funktion und die "AusweisApp" muss installiert und gestartet sein. Auf der Homepage des Landkreises taucht das Wort "online" ansonsten nur noch ein paar Mal auf: beim Punkt Bürgerservice bei "Bürgerserviceportal (Online-Anträge" und "Kontakt (Online-Formular". Bei Freitzeit&Tourismus gibt es noch "Freizeitportal Online (ext.)".

Laut Daniela Fritzen wird derzeit in rund einem Drittel der Fachbereiche des Landratsamts zudem die elektronische Akte umgesetzt und genutzt. Circa 15 Prozent der Fachbereiche befinden sich aktuell in der Umsetzungsphase und sollen bis Ende des Jahres endgültig umgestellt sein. Zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) soll zudem ein digitaler Werkzeugkasten eingeführt werden. Dieser werde durch den Bayerischen Staat mit maximal 20 000 Euro gefördert. Sieben Landkreise - je einer pro Regierungsbezirk - nehmen daran teil. In Oberbayern Erding. Ziel ist die Umsetzung von 21 Formularen online, die dann über eine Tauschbörse allen bayerischen Landkreisen zur Verfügung stehen sollen. Im Haushalt 2020 sind für die Einführung 25 000 Euro angesetzt, wie Fritzen schreibt.

In der Kreisstadt Erding sind zwar die meisten Formulare auf der Homepage zu finden, aber nur zum Ausdrucken und daheim ausfüllen, um dann in die Stadtverwaltung mitgebracht zu werden. Ein "besonderer Service, weil er allen Bürgerinnen und Bürgern unter Umständen einen Behördengang erspart", heißt es.

In den restlichen Kommunen greift man auf das "Bürgerservice-Portal" zurück, das aber unterschiedlich leicht zu finden ist auf der Homepage. In fast allen Gemeinden bietet es die Möglichkeit, Anträge an die Verwaltungen online zu erfassen und direkt an das zuständige Amt im Haus zur weiteren Bearbeitung weiterzuleiten. Von der Meldebescheinigung bis hin zur Gewerbesteuerzentralregisterabfrage ist unter anderem in Dorfen vorhanden. Auch der Markt Isen hat dieses "Bürgerservice-Portal" - mit identischem Angebot. Die Gemeinde Bockhorn nutzt das Portal zwar auch, aber teilweise mit anderen Formularen, zum Beispiel für eine Wohnungsgeberbestätigung oder Gewerbeanmeldung. In Finsing ist dafür auch möglich, eine Lebenspartnerschaftsurkunde online zu beantragen, wie in Forstern. Auch in Fraunberg, Lengdorf, Moosinning, Taufkirchen, der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Oberding, der VG Pastetten, VG Wartenberg und in Sankt Wolfgang ist das Logo zum Anklicken leicht zu finden. In der VG Steinkirchen muss man sich erst durch ein paar Seiten klicken, bis man beim Bürgerservice-Portal ist. Bei der VG Hörkofen gibt es statt einem Bürgerservice-Portal ein Rathausserviceportal. "Mit der Maus ins Rathaus" führt aber über den Umweg einer sogenannten Captcha-Abfrage, mit der sichergestellt werden soll, dass tatsächlich ein Mensch am PC sitzt. Dafür sind relativ viele Formulare oder Anfrage online zu bearbeiten, wenn man sie auch - wie in der Stadt Erding - dann teilweise ausdrucken muss.

© SZ vom 31.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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