Caritas:Armut in vielen Facetten

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5800 Bürger haben im vergangenen Jahr die Dienste der Caritas in Anspruch genommen

Von Stefanie Pichlmair, Erding

Die Ärmsten im Landkreis werden immer ärmer. Das stellte die Kreisgeschäftsführerin der Caritas in Erding, Barbara Gaab, fest, als sie am Donnerstag den Jahresbericht 2015 offenlegte. "Das ist leider nichts Neues", sagt Gaab zu dieser Entwicklung. 5800 Bürger aus dem Landkreis nahmen im vergangenen Jahr die Dienste der Caritas in Anspruch, aus unterschiedlichen Gründen. 600 Personen mehr als im Vorjahr. Die Gründe für Armut sind vielfältig: Die Mieten im Landkreis können sich viele nicht mehr leisten und besonders barrierefreier Wohnraum ist knapp, Erkrankungen erschweren eine regelmäßige Erwerbstätigkeit und psychische Leiden führen zur sozialen Isolation und in die Arbeitslosigkeit.

Bei all diesen Problemen hilft die Caritas. Doch die Hilfe kostet Geld, die Gesamtausgaben beliefen sich auf knapp fünf Millionen Euro. Ein Großteil der Kosten konnte über Spenden und Zuschüsse finanziert werden. Trotzdem musste die Caritas knapp 280 000 Euro durch Eigenmittel beisteuern. "Armut ist leider ein Dauerbrenner. Auch wenn man das in einem so reichen Landkreis wie Erding nicht glaubt", sagte Gaab. Das Ziel der Caritas ist es, Menschen mit geringem Einkommen dabei zu unterstützen, mit ihrem Geld auszukommen. Dafür wurde das Programm der Schuldnerberatung ausgebaut. Ältere Schüler können sich im Rahmen des "Fit for Life"-Programms Unterstützung bei Wohnungssuche und Umzug holen. Jessica Sossau-Thiede, Mitarbeiterin der Schuldnerberatung der Caritas, bespricht mit den Schülern, wie sie zum Beispiel eine Wohnungsanzeige richtig lesen. Wie teuer so ein Umzug eigentlich ist. Und welche Haushaltsgegenstände man braucht. "Es gibt oft Diskussionen, ob in einem Ein-Personen-Haushalt eine Geschirrspülmaschine notwendig ist oder nicht", sagte Sossau-Thiede. Mit dem Programm soll die Lebenstüchtigkeit der Jugendlichen gefördert werden, in der Hoffnung, ihnen dadurch den verantwortungsvollen Umgang mit Geld beizubringen.

Doch nicht nur finanzielle Armut belastet die Menschen. "Auch soziale Armut ist ein echtes Problem", sagte Thilo Wimmer von der Kontaktstelle für Menschen mit Behinderung. Die Einbindung von Menschen mit Behinderung, also die Inklusion, habe sich in den vergangenen Jahren zwar verbessert, aber es sei noch viel zu tun: "Behinderte wollen nicht nur dabei sein. Sie wollen, können und sollen das soziale Leben mitgestalten." Wie das aussehen kann, zeigt ein inklusiver Gospelchor am 18. Dezember in der Stadthalle. 150 Menschen mit und ohne Behinderung singen gemeinsam, die Behinderung oder der persönliche Hintergrund spielen dabei keine Rolle.

Auch wenn Armut in ihren vielen Facetten für die Caritas nach wie vor ein großes Thema ist, gas es aus dem Jahr 2015 auch Positives und Neues zu berichten. Der Kindergarten der Caritas, die Kinderburg, hat im vergangenen Jahr die Hausaufgabenbetreuung verbessert. Die Kinder lernen effizientes Arbeiten: Halte deinen Arbeitsplatz sauber, benutze die angebotenen Lexika und sitze aufrecht an deinem Platz. "Die Kinder haben das super angenommen", sagte Claudia Zettel, stellvertretende Leiterin der Kinderburg. Doch die Kinder sollen nicht nur Hausaufgaben machen und Lernen, sie sollen auch Spaß haben. Den hatten sie am "Beauty-Tag", der erstmalig im vergangenen Jahr stattfand. "Da standen sogar die Jungs mit Gesichtsmasken rum", sagte Zettel.

Im November 2015 eröffnete die Fachstelle Helferkreise Asyl unter der Leitung von Nicoletta Gehlmann. Sie koordiniert die ehrenamtlichen Helfer in den 44 Helferkreisen im Landkreis. "Wir könnten übrigens noch einen ganzen Batzen engagierter Helfer brauchen", sagte Gehlmann. Ebenfalls im November eröffnete das Werkstattcafé im Taufkirchener Mehrgenerationenhaus. "Bei uns kann man sich kostenlos Socken stopfen oder auch einen beheizbareren Klositz reparieren lassen. Hatten wir alles schon", sagt Alexandra Myhsok, Leiterin des Mehrgenerationenhauses.

Einen Ausblick in die Zukunft gab Andrea Linke von den sozialpsychiatrischen Diensten: Vom kommenden Oktober an will die Caritas einen psychiatrischen Krisendienst im Landkreis Erding anbieten. Bürger in seelischen Notlagen sollen dann kostenlose und unbürokratische Hilfe erhalten.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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