Bundestagswahl:Kreuzchen per Brief

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Experten rechnen damit, dass ein Drittel der Wähler vorab ihre Stimme abgeben. Auch im Landkreis Erding spüren die Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen den Trend zur Briefwahl

Von Thomas Daller, Erding

Während sich die Bewerber ums Bundeskanzleramt die Abende mit Auftritten bei diversen TV-Duellen um die Ohren schlagen und gerade mitten im Wahlkampf-Endspurt stecken, geht es für viele Mitarbeiter in den Gemeinden schon los: Millionen von Briefwählern wollen bundesweit beliefert werden. Die Nachfrage nach den Dokumenten, die per Post zugestellt oder persönlich abgeholt werden können, ist so hoch wie bei keiner Wahl zuvor. Experten rechnen damit, dass ein Drittel der Wähler per Brief ihre Stimme abgeben. Auch im Landkreis Erding spüren die Beamten den Trend.

"Briefwahl liegt bei uns voll im Trend", sagt Alexander Rott von der Gemeindeverwaltung Oberding. "Wir haben damit gerechnet und mehr Briefwahlunterlagen bestellt." Von den 4295 Wahlberechtigten in Oberding haben bis Ende vergangener Woche bereits 790 Briefwahlunterlagen angefordert. In Eitting, das zusammen mit Oberding eine Verwaltungsgemeinschaft bildet, sind es 1954 Wahlberechtigte und davon haben bis dato 230 Briefwahl beantragt. Rott rechnet damit, dass bis zu 30 Prozent der Wahlberechtigten diesmal die Briefwahl favorisieren werden, darunter auch viele junge Wähler.

Bis zum 13. August waren die einzelnen Gemeinden damit betraut, das Wählerverzeichnis zu vervollständigen. Daraufhin wurden den Wahlberechtigten sukzessive ihre Unterlagen zugeschickt, und seitdem reißt die Flut an Anträgen zur Briefwahl nicht ab. Da dieser Trend bereits bei der Bundestagswahl im Jahr 2013 zu spüren war, haben die zuständigen Sachbearbeiter vorgebaut und mehr Briefwahlunterlagen geordert. Neun Gemeinden im Landkreis haben zudem bereits nachbestellt, weil das Interesse so groß ist. In der großen Kreisstadt Erding hat man von 8000 Stück auf 10 000 aufgestockt, die Nachfrage ist immens. Von den 25 531 Wahlberechtigten haben bereits 4626 Briefwahlunterlagen angefordert. Bei der vergangenen Bundestagswahl waren es insgesamt 5429, sagte Christian Wanninger, Pressesprecher der Stadt Erding. "Jetzt sind wir zwei Wochen vorher schon bei 4600." Um den Andrang zu bewältigen, hat man in Erding auch die Briefwahlbezirke von zehn auf 21 aufgestockt.

Auch im Taufkirchener Rathaus ist nach Angaben von Mitarbeiter Anton Kreuzpointner in Sachen Briefwahl hübsch was los: "Ein Drittel wird online angefordert. Das wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen." 7200 Wahlberechtigte gibt es in der Gemeinde, schon jetzt wurden etwa 1200 Unterlagen zur Briefwahl ausgestellt. "20 Prozent sind es jetzt schon, wir rechnen damit, dass der Anteil bis auf 30 Prozent steigen wird", sagte Kreuzpointner.

Erstmals ist es bei einer Bundestagswahl möglich, die Unterlagen auch via Smartphone zu beantragen. Dazu muss der auf der Wahlbenachrichtigung befindliche QR-Code eingescannt werden, zur Identifikation dient das Geburtsdatum des Wählers. "Diese Option kommt gerade bei den Jüngeren gut an", sagt Alexander Rott aus Oberding. Das freut ihn, weil jüngere Bürger bislang noch nicht so eine hohe Wahlbeteiligung erreicht hätten wie ältere Wähler.

In der Verwaltungsgemeinschaft Wartenberg ist dabei leider eine maßgebliche Kleinigkeit schief gelaufen: Weil bei den Vorlagen der Wahlberechtigungskarten der Gemeinden Berglern, Langenpreising und Wartenberg ein Buchstabe verwechselt wurde, ist der QR-Code zur automatischen Beantragung fehlerhaft und funktioniert nicht. "Unser Fehler", räumt Sachgebietsleiter Stefan Ertl offen ein. Die Bürger wurden im Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft darüber informiert, dass sie stattdessen das Bürgerserviceportal im Internet nutzen können.

Allein in der Gemeinde Wartenberg gibt es 3862 Wahlberechtigte, die Nachfrage nach Briefwahl belief sich am vergangenen Donnerstag auf 732 Bürger. "Wir haben mit diesem Trend gerechnet, sagte Ertl. "Bei der Bundestagswahl 2013 hatten wir einen Anteil von 25 Prozent, diesmal werden es wohl 30 werden." Auch Ertl fällt auf, dass viele Online-Anforderungen von jungen Leuten kommen. Er hat selbst zwei Söhne, die erstmals bei dieser Bundestagswahl wählen dürfen. "Sie finden es praktisch, dass sie das Bürgerserviceportal nutzen können. Dafür sind sie sehr aufgeschlossen."

Im Dorfener Rathaus hat Claudia Jell ebenfalls die gestiegene Nachfrage übers Internet bemerkt, wobei das Interesse über die Plattform und über den QR-Code etwa gleich groß sei. 10 715 wahlberechtigte Bürger gibt es in der Stadt, wobei bis vergangenen Donnerstag 1963 Wähler Briefwahlunterlagen angefordert hatten. Bis 2008 war es notwendig, spezielle Gründe für die Briefwahl anzugeben, nun kann sie jeder ohne Erklärung in Anspruch nehmen. Dennoch sprechen manche über ihre Beweggründe. "Manche sagen, sie sind am Wahltag im Urlaub, andere wollen ihre Wahl in Ruhe zuhause treffen", sagt Jell. Wer im Vorhinein schon weiß, dass er es am 24. September nicht zur Urne schaffen wird, hat unter anderem auch noch die Option der vorgezogenen Urnenwahl: Die Stimme kann schon vor dem Wahltag direkt abgegeben werden.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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