Bücherschränke im Landkreis Erding:Ein stetiges Geben und Nehmen

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2017 wurde der Bücherschrank bei der Stadtbücherei in Erding eröffnet. Er erfreut sich großer Beliebtheit. (Foto: Stephan Görlich)

Um die zehn Bücherschränke gibt es seit wenigen Jahren im Landkreis Erding. Wer möchte, kann sich aus den Schränken neue Bücher nehmen und alte abgeben. Das Tauschgeschäft funktioniert und wird rege genutzt.

Von Niklas Behnke, Erding

Riesige Bücherregale sind in vielen Wohnungen nicht mehr weg zu denken. Teilweise weiß man schon gar nicht mehr, wie die Wand dahinter ausgesehen hat. Die im Regal zur Schau gestellten Bücher sind häufig gut ausgewählt. Es sind Lieblingsgeschichten und Identifikationsobjekte, manchmal aber auch möglichst philosophische Texte, die ein Zeichen des eigenen Intellekts darstellen sollen. Früher oder später ist das Regal jedoch voll und die Frage stellt sich: Wo kommen die Bücher dann hin? Sollte man sie stapeln, wodurch aber die Ästhetik verloren geht? In Reihen hintereinander formatieren, sodass die hinteren Bücher nicht mehr zu sehen sind? Oder noch ein zweites Regal aufstellen? Um das Problem zu lösen, könnte man jedoch auch gelesene Bücher in eines der öffentlichen Bücherregale im Landkreis Erding stellen.

"Es ist ein Erfolg"

In Erding neben der Stadtbücherei gibt es einen solchen Bücherschrank bereits seit fünf Jahren. Auch am Rätschenbach und an der Erlöserkirche im Norden Erdings gibt es Bücherkästen. Andere Gemeinden wie Walpertskirchen oder Moosinning haben im letzten Jahr nachgezogen. In Moosinning gibt es einen Bücherschrank bei der Sparkasse am Rathaus sowie in Eichenried bei der Schule, in Walpertskirchen steht der Schrank am Dorfplatz. In der Stadt Dorfen befinden sich laut der online-Suchmaschine freizeitmonster.de sogar drei öffentliche Bücherregale, eines in der Terofalstraße, eines am Bahndamm und ein weiteres am Bernöder Weg. Auch in Fraunberg am Rathausplatz oder in Taufkirchen an der Hauptkreuzung sind Schränke aufgestellt.

Der Schrank bei der Stadtbücherei Erding ist gut besucht. Zur Mittagszeit kommen hier alle paar Minuten Menschen vorbei, um das Bücherangebot zu betrachten - so zum Beispiel Rosemarie Reinehr aus Dorfen. "Ich finde das eine klasse Einrichtung", sagt sie, und ergänzt: "Ich lasse mich gerne hier inspirieren." Zudem habe sie viele Bücher zuhause und freue sich, diese so verschenken zu können. Dem stimmt auch Karin Triebenbacher aus Erding zu, sie sieht darin eine "super Idee". Kurz nachdem sie vier ihrer Bücher in den Schrank gelegt hat, kommt eine weitere Frau und nimmt sich gleich eines davon, ein Cocktail-Buch. Ernestine Lechl aus Grünbach bei Grüntegernbach kennt den Schrank noch nicht lange, ist aber von der Idee begeistert. Sie fände es schade, wenn man gelesene Bücher einfach wegschmeißen würde.

Ernestine Lechl hat ein neues Sachbuch gefunden. In Zukunft möchte sie auch Bücher abgeben. (Foto: Stephan Görlich)

Auch in Walpertskirchen wird das öffentliche Bücherregal häufig genutzt. Die Pflege wird von der Nachbarschaftshilfe betrieben. Rita Reichwein, die erste Vorsitzende, bilanziert: "Es ist ein Erfolg." Etwa zehn bis zwanzig Personen verschiedener Altersklassen würden den Schrank jeden Tag besuchen. Der Schrank sei "bei den Kindern aus Walpertskirchen bekannt". Die Anzahl an Büchern im Schrank sei dabei stabil. "Es gibt immer genügend", sagt Rita Reichwein. Notfalls hilft die Nachbarschaftshilfe durch ihren eigenen Bücherbestand nach. "Unser Wunsch wäre noch, dass neben der Bücherzelle eine Bank aufgestellt wird", äußert sie. Dann könne man gemütlich verschiedene Bücher anlesen. Eines ihrer Ziele mit dem Projekt ist es, "dass die Kinder lesen", sagt sie. Man wolle etwas für die Bürger der Gemeinde leisten - und das ohne großen Aufwand. Das Konzept sei für andere Gemeinden "zur Nachahmung empfohlen", fasst sie zusammen.

Auch im Vorraum der VR-Bank in Walpertskirchen gibt es einen Büchertisch, der von der Nachbarschaftshilfe gepflegt wird. Geld abheben muss man für die Bücher nicht. Wer möchte, kann jedoch eigene Bücher im Gegenzug ablegen. (Foto: Stephan Görlich)
Anna Spielberger sorgt mit Anneliese Dormeier für die Ordnung des Bücherschranks und -Tisches. Gelegentlich gibt es auch ein Puzzle in der ehemaligen Telefonzelle. Dieses sei oft in kürzester Zeit weg. (Foto: Stephan Görlich)

In Erding räumt ein "Heinzelmännchen" auf

Vandalismus gebe es nach Rita Reichwein "überhaupt nicht". Dennoch wird das Bücherregal täglich von der Nachbarschaftshilfe gepflegt, zum Beispiel um das Sortiment wieder zu sortieren. Ramona Hübener von der Nachbarschaftshilfe aus Erding pflegt die Bücherzelle an der Stadtbücherei ebenfalls wöchentlich. Zu ihrer Verwunderung ist das Regal jedoch nach dem Wochenende häufig schon aufgeräumt. Scheinbar gebe es "ein kleines Heinzelmännchen", schmunzelt sie. Zwar wisse sie nicht, wer das ist, doch wolle sie sich für den Dienst bedanken. Zu Beginn des Büchertauschs hätten einige Menschen die Bücher aus dem Schrank der Stadtbücherei zurückgegeben, obwohl das nicht zusammengehört, erinnert sie sich. Deshalb klebt nun ein Schild am Bücherschrank, das dies verhindern soll.

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