Ausbau der Strecke München-Rosenheim:Auftakt zum großen Protest

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Gemeinden entlang der Bahn wollen deutlich mehr Lärmschutz

Von Thorsten Rienth, Grafing

Eingeladen hatte die Grafinger FDP eigentlich nur, um ein paar Optionen für weiteren Grafinger Lärmschutz entlang der Bahnlinie München-Rosenheim durchzuspielen. Dann kam plötzlich Dynamik in die Sache, der Abend ist zum Auftakt einer überparteilichen und überörtlichen Initiative geworden. Deren Kernziel: die Klassifizierung der Trasse als Neubaustrecke. Die Anforderungen an den Lärmschutz wären dann deutlich erhöht.

"Inwieweit der Protest Früchte trägt, werden wir erst noch sehen", rief die Zornedinger Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder (SPD) am Montagabend durch die Grafinger Turmstuben. "Aber es erhöht unsere Chancen ungemein, wenn wir uns alle zusammentun und wenn wir laut sind." In diese Kerbe schlug auch Peter Pernsteiner, der Zornedinger FDP-Gemeinderat und Vorsitzender von dessen Arbeitsgruppe Bahnlärm: "Wenn von Aßling bis Trudering alle an einem Strang ziehen, dann hört uns wer zu." Und selbst der Grafinger CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber stellte klar: "Das, was man uns bisher angekündigt hat, ist einfach nur ernüchternd. Da muss ganz klar mehr kommen." Beinahe wortgleich hatten das auch die Grafinger Grünen-Bürgermeisterin Angelika Obermayr und die Kirchseeoner Grünen-Gemeinderätin Susanne Höpler kundgetan.

Die Aufregung der etwa 40 Besucher hängt mit dem Brenner-Basistunnel zusammen. Derzeit noch im Bau, soll das knapp 70 Kilometer lange Bauwerk die Kapazitäten zwischen Deutschland und Italien deutlich steigern. "Heute fahren jeden Tag ungefähr 180 Züge über den Brenner", sagte Pernsteiner. Sei der Tunnel in wenigen Jahren eröffnet, würden es zwischen 150 und 200 zusätzliche Züge sein - was das Bundesverkehrsministerium nicht bestreite. Niemand sei gegen die Verlagerung von Straßenverkehr auf die Schiene, stellte Pernsteiner klar. "Aber es muss unter klaren Lärmschutzaspekten geschehen."

Susanne Höpler will ausgerechnet haben, dass die Lärmbelastung schon heute bei 1810 Grafingern über dem neuralgischen wert von 49 Dezibel liegt. "Das ist der Grenzwert, der bei Neubaustrecken gelten würde", erklärte sie. "Obwohl man unsere Strecke ordentlich ausbaut und deutlich mehr Verkehr auf ihr unterwegs sein wird, klassifiziert man sie einfach als Bestandsstrecke." Da gebe es keinen verpflichteten neuen Lärmschutz, sondern nur freiwillige Programme.

Ein Zuhörer skizzierte einen Plan, wie es weitergehen könnte: "Wir müssen uns von dem Klein-klein um ein paar Schienenstegdämpfer verabschieden, die sowieso kaum was bringen", sagte er. Stattdessen müssten die Gemeinden eine einzige klare Forderung aufstellen, die da heiße: "Wir wollen nicht wie eine Bestandsstrecke, sondern wie eine Neubaustrecke behandelt werden!" Je mehr Betroffene sich an dem Protest beteiligten, desto schlagkräftiger sei er auch. Claus Eimer, der stellvertretende Grafinger FDP-Ortsvorsitzende, griff den Ball sogleich auf. "Das Thema muss Gesichter bekommen, wir müssen uns konstituieren." So unkompliziert, wie das bei politischen Graswurzelbewegungen bisweilen ist, funktionierte Eimer die noch leere Anwesenheitsliste zum Bündnis-Auftakt um. Ein erster Kern aus zehn Aktiven habe sich schon zusammengeschlossen, konnte Eimer nach der Veranstaltung berichten. Gleich nach der Sommerpause soll es losgehen - zwar mit zurückgefahrenem FDP-Engagement. "Damit das wirklich überparteilich wird."

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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