Asylpolitik:Beharrlichkeit zahlt sich aus

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Die unzulässige Einschränkung beim Abheben mit der Flüchtlingsgeldkarte Kommunalpass fällt weg. Ein Erfolg von Maria Brand, der Gründerin und langjährigen Sprecherin der Aktionsgruppe Asyl Erding

Von Florian Tempel, Erding

Keiner hat sich in den vergangenen Jahren mehr für die Belange der im Landkreis lebenden Flüchtlinge eingesetzt als Maria Brand. In der kommenden Woche wird sie ihren seit langem angekündigten Rückzug in ein ruhigeres Privatleben antreten. Bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen der Aktionsgruppe Asyl Erding (AGA), die sie gegründet und jahrelang geleitet hat, wird Brand nicht mehr dabei sein. Als ihre Nachfolgerin ist die Erdingerin Margot Hoigt im Gespräch, die vor der Wahl ihre Bereitschaft und ihr Interesse, in der AGA eine führende Position zu übernehmen, nicht abstreiten, aber auch nicht bestätigen möchte. Eines aber freut auch Hoigt in diesen Tagen besonders: "Dass sich der enorme Einsatz von Frau Brand gegen den Kommunalpass endlich doch gelohnt hat."

Eine Aufforderung der Regierung von Oberbayern

Vor zwei Jahren wurde im Landkreis Erding eine bayernweit einzigartige Geldkarte eingeführt, mit der Flüchtlinge zunächst komplett vom Bargeldbesitz abgeschnitten wurden. Nach vehementen Protesten auch aus den eigenen Reihen gestattet Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), der den Kommunalpass in einem politischen Alleingang installiert hatte, dass die Karteninhaber zumindest 43 Prozent der ihnen auf der Geldkarte gutgeschriebenen Sozialleistungen bar abheben konnten. Am 1. Mai soll nun für den überwiegenden Teil der Karteninhaber auch diese willkürlich Restriktion wegfallen. Das Landratsamt ist offensichtlich von der Regierung von Oberbayern zu diesem Schritt verbindlich aufgefordert worden.

Das ist ein Erfolg von Maria Brand, die die Bezirksregierung beharrlich darauf hingewiesen hat, dass im Landkreis Erding eine in Deutschland geltende gesetzliche Regelung durch den Kommunalpass unterlaufen wurde: Die Sozialleistungen für Flüchtlinge, die seit mindestens 15 Monaten in Deutschland Leben, müssen ihnen vollständig als Bargeld zur Verfügung stehen. Eine Einschränkung auf lediglich 43 Prozent ist nicht zulässig. Tatsächlich sind so gut wie alle Flüchtlinge im Landkreis schon länger als 15 Monate da.

Mehr als hundert Widersprüche

Das Landratsamt hat sicher genaue Zahlen. Eine Anfrage dazu wurde jedoch bis Freitagabend nicht beantwortet. In einer bereits am Mittwoch vor einer Woche versendeten Presseerklärung hieß es nur, die "größte Gruppe der im Landkreis ansässigen Asylbewerber" könne in Zukunft die Kommunalpassgutschriften komplett bar abheben. Dass das nun so gehandhabt wird, wird als scheinbar großzügiges Zugeständnis erklärt. Wer schon seit 15 Monaten da sei, gelte "im Allgemeinen als aufenthaltsgefestigt" und müsse "nicht mit kurzfristigen Rückführungen" rechnen. Deshalb, so lässt sich Bayerstorfer zitieren, "können wir ihnen somit zukünftig die Möglichkeit einer unbeschränkten Abhebung gewähren".

Schon als der Kommunalpass eingeführt wurde, hatten sehr viele Betroffene rechtlichen Widerspruch dagegen eingelegt. Das Landratsamt gab die mehr als 100 Widersprüche, die von Mai bis Juli 2016 abgegeben wurden, zur Bearbeitung an die Regierung von Oberbayern weiter. Diese ließ sie jedoch ebenfalls liegen. Zur Begründung hieß es, man sollte abwarten, wie die Petition gegen den Kommunalpass vom Landtag gewürdigt werde. Als aber nach mehr als eineinhalb Jahren die Petition im November 2017 erledigt war und die Widersprüche immer noch nicht bearbeitet wurden, machte Maria Brand im Februar erneut Druck. Unter anderem schrieb sie der Bezirksregierung: "Es ist im Rahmen der Förderung von Integration geflüchteter Menschen auch wichtig, diesen unser Rechtssystem nahe zu bringen. Dazu gehört auch die Erfahrung, dass Widersprüche von Bürgern ernst genommen und bearbeitet werden."

"Die Karte könnte abgeschafft werden."

Das zeigte Wirkung. Offensichtlich überzeugte nun die Bezirksregierung Bayerstorfer, dass er die Abhebefunktion des Kommunalpass entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen freischalten sollte - um so die vielen berechtigten Widersprüche elegant zu erledigen.

Für Maria Brand wäre ein weiterer Schritt konsequenter: "Die Karte könnte abgeschafft werden." Immerhin kostet der Kommunalpass den Landkreis Geld, Überweisungen auf Bankkonten, die alle Flüchtlinge haben, kosten nichts. Ist der Kommunalpass überflüssig? Die Pressesprecherin des Landratsamtes sagt: "Nein, natürlich nicht. Der Landrat steht zu seinem Konstrukt und wird nichts daran ändern."

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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