Arbeitsmarkt:Ausgegrenzt in der Boomregion

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Das Jobcenter Aruso will passgenau die Menschen fördern, die sonst kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. "Wir kennen in Erding unsere Kunden, das erleichtert die Arbeit", sagt Geschäftsführerin Daniela Widl

Von Gianna Niewel, Erding

2015 will das Jobcenter Aruso gezielt auf Einzelförderung setzen, um so auch den Kunden helfen zu können, die es aufgrund von Krankheit, Schulden oder ihres Alters schwer haben, einen Job zu finden. Das geht aus dem 20 Seiten starken Entwurf des "Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramms" hervor, der voraussichtlich Ende des Monats endgültig beschlossen wird.

"Wir kennen in Erding unsere Kunden, das erleichtert die Arbeit", sagt Daniela Widl, eine von zwei Geschäftsführerinnen des Jobcenters. Mit eben diesem Wissen um die Stärken und Schwächen der Kunden wolle man im nächsten Jahr noch passgenauer die Menschen fördern, die aufgrund ihres Profils kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. Praktisch heißt das, dass eine Fachkraft 16 Stunden wöchentlich etwa 40 Männer und Frauen regelmäßig berät. Durch diese Kontinuität sollen die Bewerbungsfortschritte der Kunden im Auge behalten werden, ihre Bemühungen um einen Job gefördert und im Zweifelsfall gegengesteuert werden, wenn über längere Zeit die positiven Bescheide von möglichen Arbeitgebern ausbleiben. Auch die sollen weiterhin stark eingebunden werden. In einer Stellenbörse, die einmal im Monat geplant ist und gemeinsam mit dem Arbeitgeberservice organisiert wird, sollen gezielt offene Stellen beworben und die Arbeit vorgestellt werden. Männer und Frauen würden derzeit etwa in der Altenpflege, im Verkauf oder in der Lagerlogistik gebraucht.

Ein Schwerpunkt des Entwurfs liegt auf "speziellen Personengruppen" mit "schlechter Profillage". Das meint konkret Männer und Frauen, die keine Schule abgeschlossen haben oder in der Vergangenheit hohe Schulden aufhäuften, die suchtkrank sind oder in ihrer Gesundheit eingeschränkt. "Häufig ist es so, dass nicht nur einer der Faktoren akut ist, sondern mehrere zusammenspielen", sagt Widl. Deshalb stehen dem Jobcenter Erding zwei Sozialpädagogen zur Seite, die ein Einzelcoaching übernehmen.

Für Rückkehrer in den Beruf, die etwa eine Elternzeit genommen haben, organisiert das Jobcenter Treffen, um über Kinderbetreuung zu informieren. Außerdem bietet Aruso zwei Qualifizierungsmaßnahmen zur Teilzeit an, zum einen im Bereich Pflege, Hauswirtschaft und Verkauf, zum anderen in der Büroarbeit.

"Im Fokus unserer Bemühungen stehen vor allem Erwerbslose, die älter sind", sagt Widl. Weil auffällt, dass mehr als 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen älter als 50 Jahre sind, hat das Aruso ein eigenes Projekt für sie geschneidert. Das heißt "z.i.e.l.50+" und hat sich laut Entwurf im vergangenen Jahr bereits bewährt: Seit Januar 2014 betreut demzufolge eine eigene Fachkraft circa 70 Arbeitslose, die älter als 50 Jahre sind. Zudem werden jeweils zehn Personen dieser Gruppe in München gecoacht. 30 von ihnen sollte im vergangenen Jahr eine Arbeit vermittelt werden, dieses Ziel ist laut Widl bereits Ende des dritten Quartals erreicht worden. Doch nicht nur ältere Männer und Frauen sind ein Thema, auch die jungen Erwerbslosen bräuchten Hilfe. Ihnen will das Jobcenter ganz gezielt zu einer Erstausbildung verhelfen. Eine Spezialistin soll ihnen raten, wenn es um Fragen zu Teilzeitausbildung, Teilausbildung oder Umschulung geht. "Wir geben niemanden auf", sagt Widl.

Derzeit kümmert sich Aruso um 2310 Personen, darunter waren im Februar 603 Arbeitslose. 1562 Männer und Frauen fallen in die Kategorie der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, das heißt sie sind theoretisch erwerbsfähig, stehen praktisch dem Arbeitsmarkt aber nicht zur Verfügung, weil sie krank sind oder ihre Kinder betreuen. 42 Männer und Frauen unterstützen die Kunden des Jobcenters bei der Suche nach einer Arbeit.

Für das nächste Jahr geht Aruso unter anderem davon aus, dass sich der Arbeitsmarkt im Vergleich zum Vorjahr nicht gravierend verändern wird. Geprägt sei der in der "Boomregion Erding" von einer Mischung aus kleinen und mittelgroßen Betrieben sowie der Nähe zur Metropole München. "Außerdem hoffen wir, dass alle unsere Mitarbeiterstellen besetzt bleiben", sagt Widl. Als Risiken benennt das Jobcenter, dass die Neubesetzungen zurückgehen könnten oder Männern und Frauen aus dem europäischen Ausland die Stellen im Hotel- und Gaststättenbereich oder im Baugewerbe annehmen könnten.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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