Nach Vorfällen am Flughafen:Geldstrafe wegen sexuellen Missbrauchs in drei Fällen

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Angeklagter versucht am Amtsgericht Erding lange, sich als Opfer darzustellen. Als aber auch der Amtsrichter zu einem Geständnis rät, kommt der Schwenk.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wegen sexueller Belästigung in drei Fällen und Beleidigung ist ein 39-jähriger Angeklagter am Amtsgericht Erding zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt worden. Außerdem muss er einen Täter-Opfer-Ausgleich machen. Lange Zeit hatte der Angeklagte die Vorfälle mit einer früheren Kollegin im März vergangenen Jahres geleugnet und sich selber als Opfer dargestellt. Nach seiner Aussage hatten ihm aber der Anwalt der Geschädigten und Amtsrichter Björn Schindler nahe gelegt, besser ein Geständnis abzulegen, da einiges gegen seine Aussage stehe. Ein Geständnis würde ihm sehr positiv angerechnet, da er so seiner ehemaligen Kollegin eine Aussage vor Gericht erspare.

Der Angeklagte und die Geschädigte waren im März vergangenen Jahres gemeinsam am Info-Point der Deutschen Bahn am Flughafen beschäftigt. Laut seiner Aussage arbeiteten sie seit 2020 des Öfteren zusammen und es habe sich eine "kleine" Freundschaft entwickelt. Über den Kontakt am Arbeitsplatz hinaus sei es aber nie zu mehr gekommen. Laut Aussage des 39-Jährigen hatte er wohl zunächst eine Freundin gehabt, bei den Vorfällen im März 2021 aber nicht mehr - was aus seiner Sicht wohl eine Rolle gespielt habe bei den ihm vorgeworfenen Vorfällen.

Laut Anklageschrift soll er einmal an die Kollegin von hinten heran getreten sein, sie mit den Armen umfasst und eindeutige Hüftbewegungen gemacht haben. Zudem solle er ihr zu einem späteren Zeitpunkt eine Hand auf die Oberschenkel gelegt haben. Beides Mal soll sie ihm gesagt haben, er solle das lassen, sie möge dies nicht. Ebenso, als er sie auf seinen Schoss gesetzt haben soll. Dazu soll er sie bei einem Streit noch mit dem gezeigten Mittelfinger beleidigt haben.

Der Angeklagte will von der Frau herausgefordert worden sein

Der Angeklagte sah alles anders: Auf seinen Schoss habe sie sich früher schon von sich aus gesetzt, das hätten auch andere Kollegen gesehen. Sogar auf seinen Rücken sei sie spaßeshalber mal gesprungen. Überhaupt habe man viel miteinander gescherzt. Kollegial. Und es sei immer von ihr ausgegangen, er habe nur mitgemacht. Ende Februar habe sie versucht, ihn zu küssen, er habe sie aber abgewehrt und ihr erklärt, dass er kein Interesse an einer Beziehung mit ihr habe, er sehe alles nur freundschaftlich.

Von da an habe sich das Verhältnis zueinander komplett verändert, sagte der 39-Jährige. Sie sei launisch geworden. Am 15. März habe sie ihn herausgefordert und behauptet, er könne sie nicht hoch heben - wobei sie eher von zierlicher Gestalt ist. Er sei daraufhin von hinten an sie heran getreten und habe sie hoch gehoben. Sie sei ihm dabei aber aus den Armen geglitten und beim Versuch sie noch abzufangen, habe er sie nur noch am Kopf erwischt. Sie sei wohl schockiert gewesen und habe ihm eine Ohrfeige verpasst, worauf er sich entschuldigt habe. Nichts habe mit einer sexuellen Belästigung zu tun. Der Angeklagte brachte dann die Vermutung ins Spiel, dass sie sich wegen der Abweisung bei ihm rächen wollte.

Das Ganze ist nur aus einem Zufall heraus ans Licht gekommen

Letzteres erzürnte den Anwalt der Geschädigten, die als Nebenklägerin vor Gericht war und ein Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro forderte. Der Angeklagte mache das Opfer zum Täter. Er riet dem Anwalt des 39-Jährigen seinem Mandanten zuzureden, dass er sich geständig zeige. Das würde ihm ein höheres Urteil und der Geschädigten die Aussage ersparen. Auch Amtsrichter Schindler riet zu einem Geständnis. Zwar stehe Aussage gegen Aussage, aber nach dem derzeitigen Stand sehe er keinerlei Rachegedanken bei der Frau, da das Ganze nur aus einem Zufall ans Licht gekommen sei. Die Geschädigte sei nicht aktiv zur Polizei gekommen, sondern Angehörige der Bundespolizei am Flughafen hatten den Streit im Info-Schalter mitbekommen. Die Polizistin, die an dem Tag dort auf Streife war, sagte, dass sie und ihr Kollege gehört haben, wie die Frau sagte "Fass mich nicht an" und "Ich mag nicht". Dann sei sie aus dem Info-Stand gelaufen. In die Arme der Polizisten, die beide anschließend fragten, was denn passiert sei. So sei das Verfahren gegen den 39-Jährigen in Gang gekommen.

Der eindringlichen Bitte des Nebenklägers und des Amtsrichters folgte ein längeres Rechtsgespräch unter allen Beteiligten, um auszuloten, was dem Angeklagten maximal droht, wenn er doch noch ein Geständnis ablegt, was er dann auch tat. Zu Gute kam ihm, dass er keinerlei Vorstrafen hat. Neben der Geldstrafe muss der Angeklagte 1800 Euro an die Geschädigte zahlen, zudem die Kosten des Verfahrens und einen Teil der Kosten der Frau für ihren Anwalt.

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