Amtsgericht Erding:Freundin mit Fäusten und einem Tritt traktiert

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Verhandelt wurde der Fall im Sitzungssaal 3 im Amtsgericht Erding. (Foto: Stephan Görlich)

46-jähriger Angeklagter muss sich neben Körperverletzung auch wegen 17 Fahrten ohne Führerschein verantworten. Die Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt, unter anderem weil die Taten rund vier Jahre zurückliegen.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Was genau alles in der Beziehung des 46-jährigen Angeklagten mit seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefallen ist, blieb unbekannt. Nur, dass es im Oktober 2019 zu einem heftigen Streit zwischen beiden kam, in dem der Angeklagte sie an den Haaren zog, am Hals packte und mit Fäusten und einem Tritt traktierte. Die Polizei traf die Frau später "völlig aufgewühlt" in ihrem Auto vor der Wohnung an. Eine Zeugenaussage blieb ihr bei der Verhandlung gegen den heute 46-Jährigen erspart, da sich der Angeklagte nach einem Rechtsgespräch zwischen Anwalt, Staatsanwältin und Amtsrichter Thomas Bauer in allen Anklagepunkten geständig zeigte. Deshalb, und weil die Taten - neben Körperverletzung, Sachbeschädigung und 17 Mal Fahren ohne Fahrerlaubnis - schon vier Jahre zurückliegen, wurde die Freiheitsstrafe von zehn Monaten zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt.

Wenn es nach dem Anwalt des Angeklagten gegangen wäre, hätte die ganze Verhandlung am Amtsgericht Erding unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Begründet wurde die Nichtöffentlichkeit damit, dass Punkte zur Sprache kommen könnten, die tiefste private Belange des 46-Jährigen betreffen könnten. Amtsrichter Bauer sah indes keine "schutzwürdigen" Interessen verletzt. Und diese kamen nach dem halbstündigen Rechtsgespräch auch gar nicht mehr zur Sprache, da man sich bei einem Geständnis des Angeklagten auf eine Freiheitsstrafe zwischen neun und elf Monate geeinigt hatte - zur Bewährung ausgesetzt. Nur zwei ermittelnde Polizeibeamte sagten noch als Zeugen aus.

"Ich habe drei Jahre meines Lebens verschwendet", sagt die Frau

Demnach kam im Oktober 2019 nachts zwischen zwei und drei Uhr der Notruf der Frau in der Polizeiinspektion Dorfen an. Die Geschädigte habe in ihrem Auto auf das Eintreffen der Polizei gewartet. Sie habe mit ihrer Mutter telefoniert, geweint und sei sehr aufgewühlt gewesen, so die Polizeibeamtin. Sie habe erzählt, dass es wieder mal wegen des Alkoholkonsums des Angeklagten zum Streit gekommen sei. Dabei habe er sie geschlagen, ihr Handy kaputt gemacht und sie sei geflüchtet. "An der rechten Seite hatte sie erkennbare Hämatome", sagte die Beamtin. Später, bei der Aussage bei der für häusliche Gewalt zuständigen Polizistin, sagte sie: "Ich habe drei Jahre meines Lebens verschwendet".

Zur Verhandlung kamen laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft auch 17 Fälle von Fahren ohne Führerschein in den Jahren 2018 und 2019. Wohl etliche davon zudem alkoholisiert, wie verschiedene Zeugen aussagten. Über die meisten konkreten Fälle berichtete seine Ex-Lebensgefährtin, die damals Beifahrerin war. Darunter längere Fahrten über Hunderte Kilometer, viele aber auch kürzere zum nächsten Discounter, um Alkohol zu kaufen. Sechs der Fahrten wurden dann nicht weiter verfolgt, weil sie wegen der Kürze der Fahrstrecken gegenüber den anderen nicht ins Gewicht fallen, wie Amtsrichter Bauer in seiner Urteilsbegründung sagte. In einem Fall hatte es die Polizei sogar schriftlich, dass der Angeklagte ohne gültigen Führerschein unterwegs war: Er hatte in einer Whatsapp-Nachricht geschrieben, dass er mal schnell nach Haag in Oberbayern fahre.

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Die Staatsanwältin forderte nach der verkürzten Beweisaufnahme eine Freiheitsstrafe von elf Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, zudem eine Geldauflage von 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Sie bewertete sein Geständnis, seine Krankheit und, dass die Straftaten schon länger zurückliegen zugunsten des Angeklagten, die erheblichen Verletzungen der Frau und seine 13 Einträge im Bundeszentralstrafregister jedoch negativ.

"Ein unbeschriebenes Blatt sind Sie nicht", sagte auch Amtsrichter Bauer. Die Liste der Straftaten reichte von Diebstahl im Jahr 1992 über gefährliche Körperverletzung, Handel und Besitz von Drogen, vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis bis hin zur Urkundenfälschung und Unfallflucht. Der letzte Eintrag datiert von 2011: vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis. Wegen seiner Trunksucht war ihm auch die Eignung zum Fahren eines Autos entzogen worden. In seiner Urteilsbegründung sagte Bauer: "Ich bin überzeugt, dass Sie jetzt keine Straftaten mehr begehen. Frühere Bewährungsstrafen haben auch ausgereicht", zumal er zuletzt vor zwölf Jahren verurteilt worden sei.

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